Frage an Reinhold Pix von Hagen B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Pix,
die Bundeswehr versucht zunehmend größeren Einfluss auf das Bildungswesen zu nehmen, um die Sicherheits-(Kriegs-)Politik der Bundesrepublik Deutschland darzulegen. Mittlerweile haben acht Bundesländer Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr unterzeichnet, die der Bundeswehr bzw. den Jugendoffizieren Vorrang in den Bildungseinrichtungen einräumen. In Baden-Württemberg wurde diese Vereinbarung am 4.Dezember 2009 mit dem Kultusministerium getroffen. Sie treten am 27. März zur Landtagswahl an. Aus diesem Grund würde ich gerne von Ihnen wissen:
Stimmen Sie zu, dass es zum Kern des Bildungsauftrags des Landes Baden-Württemberg gehört, dass die Schülerinnen und Schüler in einer solch existentiellen Frage wie der nach Krieg und Frieden nicht einseitig informiert werden, sondern auch die von den Friedensorganisationen vertretenen Konzepte der zivilen, nicht-militärischen Konfliktbearbeitung und Friedenssicherung kennenlernen?
Stimmen Sie ebenso zu, dass die institutionalisierte Bevorzugung militärischer Sichtweisen gegen das Verfassungsgebot, die Jugend „zur Brüderlichkeit aller Menschen und zur Friedensliebe.... und zu freiheitlicher demokratischer Gesinnung zu erziehen“ (Art. 12 Abs.1), verstößt?
Treten Sie dafür ein, dass die Kooperationsvereinbarung nach der Landtagswahl am 27. März zurückgenommen wird?
Stimmen Sie mit mir überein, dass die Friedenserziehung gestärkt werden muss?
Ihre Antwort erwartet
Mit freundlichen Grüßen
Hagen Battran
Sehr geehrter Herr Battran,
jede Ihrer 4 Fragen kann ich ausdrücklich mit einem deutlichen Ja beantworten.
Eine einseitige Beeinflussung der Schüler und Schülerinnen in Fragen von Krieg und Frieden lehne ich selbstverständlich ab. Mein persönlicher Weg hat mich in meiner pazifistischen Haltung sehr bestärkt. Krieg ist kein Mittel der Konfliktlösung!
Nach 15 Monaten Grundwehrdienst verweigerte ich aus Gewissensgründen, was im 2. Verfahren anerkannt wurde. Im Anschluss half ich anderen jungen Menschen in Einzelberatungen ihre Position zu vertreten. Meine Erfahrungen haben mich überzeugt, dass es nicht zum Bildungsauftrag eines Landes gehören darf, den Kriegsdienst an Waffen in Schulen und in ähnlichen Bildungseinrichtungen als Mittel der Konfliktbewältigung zu offerieren.
Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, dass das Auftreten der Bundeswehr in Schulen eine institutionalisierte Bevorzugung militärischer Sichtweisen bedeutet und gegen das von Ihnen angeführte Verfassungsgebot des Art. 12 Abs.1 verstößt. Ich gehe noch weiter: Die Friedenserziehung ist sowohl in der Verfassung als auch im Schulgesetz des Landes Baden-Württemberg verankert. Der Bundeswehr darf daher im Bereich Schule und Bildungswesen kein Podium geboten werden.
Im Falle einer Regierungsbeteiligung von Bündnis 90/Den Grünen werde ich mich dafür einsetzen, dass die Kooperationsvereinbarung zurückgenommen wird. Die Erziehung unserer Kinder zu einer Konfliktbewältigung, die ohne jegliche Form der Gewaltanwendung auskommt, liegt mir als vierfachem Familienvater auch persönlich sehr am Herzen. Die Friedenserziehung ist nicht erst in der Schule, sondern von klein an durch unser Vorbild und unser praktisches Handeln der nächsten Generation zu vermitteln.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhold Pix MdL