Frage an Reinhold Pix von Wolfram H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Pix,
wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen ?
Glauben Sie an Vollbeschäftigung ?
Wenn nein, wie tragen Sie dazu bei arbeitslose Menschen zu entstigmatisieren ?
Für mich ist das Grundeinkommen eine Anerkennung der "ehrenamtlichen" Erzeihungsarbeit mit Kindern und ein echter Einstieg in eine Entwicklung zu wirklicher Freiheit und einer deutlichen Veränderung der Arbeitswelt, die auch aus ökologischer Sicht dringend ist.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Hertler
Sehr geehrter Herr Hertler,
Ich halte die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für eine geeignete Maßnahme, um der Entsolidarisierung unserer Gesellschaft entgegenzuwirken und neues, unter den aktuellen Bedingungen blockiertes Kreativitätspotenzial freizusetzen.
In der Partei Bündnis 90/ Die Grünen wird das bedingungslose Grundeinkommen seit Jahren intensiv diskutiert. Auf dem baden-württembergischen Landesparteitag im Oktober 2007 gab es eine klare Mehrheit für eine negative Einkommensteuer zur Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens argumentierten u.a. mit der wachsenden Entsolidarisierung der Gesellschaft einerseits und der Freilegung von Kreativität und Engagement, die gesellschaftlich wichtig, aber nicht bezahlt werde, andererseits.
Auf dem Bundesparteitag im November 2008 setzte sich jedoch der Vorschlag einer Grünen Grundsicherung durch. Diese sieht eine Reform des bisherigen Systems bedarfsgeprüfter Transfers mit einer vergleichbaren Erhöhung des ALG II vor. Gleichwohl sind im Beschluss des Bundesparteitags mehrere Grundeinkommenselemente enthalten: die schrittweise Einführung eines Grundeinkommens für Kinder (bedingungslose Kindergrundsicherung), der Öko-Bonus (ein Grundeinkommen finanziert aus Ökosteuern), ein temporäres Grundeinkommen (Brückenexistenzsicherung) und beim Arbeitslosengeld II der Verzicht auf finanzielle Sanktionen, die dazu führen, dass das Einkommen unterhalb des Existenzsicherungsniveaus sinkt.
Persönlich befürworte ich das bedingungslose Grundeinkommen. Ehrenamtliches Engagement, Familienarbeit, flexible und unterbezahlte Arbeit würden damit gewürdigt und in einem Mindestmaße bezahlt. Gleichzeitig ließe sich mit der Einführung eines Grundeinkommens ein riesiger Verwaltungsaufwand sparen.
Von einem Grundeinkommen erhoffe ich Positiveffekte wie die Aktivierung und Freilegung von Potenzialen und Ressourcen der Menschen. Diese können allerdings nur in einer hoch integrierten Gesellschaft wirklich eintreten. Diese Möglichkeiten für die Menschen in unserem Land zu eröffnen, ist eines unserer Zukunftsprojekte.
Trotz statistisch positiven Verlaufs auf dem Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von unter drei Millionen besteht ein hoher Grad verdeckter Arbeitslosigkeit. Laut BfA sind mehr als 1,4 Mio. Menschen derzeit in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen geparkt. Viele haben sich vom Arbeitsmarkt in die `stille Reserve´ zurückgezogen. Die Unterbeschäftigung liegt bei mehr als 4,1 Millionen. Die Bundesregierung kann die magische Drei-Millionen-Grenze also nur knacken, weil sie mit statistischen Tricks arbeitet.
Vollbeschäftigung ist für mich keine hilfreiche Größe. Es kommt darauf an, dass wir ein qualitatives Wachstum gerieren und Menschen von ihrer Arbeit auch tatsächlich leben können. Wir wollen die Chancen nutzen, die im ökologischen und sozialen Umbau unserer Wirtschaft für gute und sichere Arbeitsplätze liegen. In grünen Technologien und Energie- und Ressourceneffizienz sowie in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Bildung liegen mittelfristig die größten Jobpotenziale, und die sind in Baden-Württemberg noch lange nicht ausgeschöpft.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhold PixMdL