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Frage von Matthias L. •

Frage an Reinhold Hemker von Matthias L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Hemker,

als Landwirte in Greven stehen wir bei zunehmend offenen Agrarmärkten im vollen Wettbewerb vor allem mit meinen (unseren) Kollegen in anderen EU-Ländern. Die Bedingungen, unter denen wir in Deutschland im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn produzieren, sind jedoch sehr unterschiedlich. So müssen wir feststellen, dass wir seit Jahren unverhältnismäßig hohe Steuern auf den Agrardiesel bezahlen müssen. Große Teile der Landwirtschaft sind sogar von einer Begünstigung ausgeschlossen. Das ist eine nationale Benachteiligung, die wir bei stetig steigenden Produktionskosten nicht länger hinnehmen können. Die Agrardieselbesteuerung kostet unsere Betriebe im Münsterland jährlich rund 70 Euro je ha, das sind bei einem 50 ha Betrieb 3500 Euro. Das sind enorme Kosten, die unsere Berufskollegen in anderen EU-Ländern nicht zu zahlen haben. Eine solche Benachteiligung bei den Produktionskosten können wir als landwirtschaftliche Unternehmer nicht auffangen.

Deshalb muss jetzt der deutsche Agrardieselsteuersatz auf das Niveau unserer Kollegen in Frankreich, Dänemark oder in den Niederlanden gesenkt werden. Wir zahlen im Durchschnitt 47,04 Cent je Liter Agrardiesel, französische, dänische und niederländische Landwirte zahlen weniger als einen Cent Steuern, Landwirte in anderen EU-Ländern zahlen Beträge von unter zehn Cent Steuern.

Wir vom landwirtschaftlichen Ortsverein fragen Sie: Warum hat es im Koalitionsausschuss am 4. März keine Entscheidung im Sinne aller deutschen Landwirte gegeben? Warum schafft die Politik die eklatante Wettbewerbsbenachteiligung der deutschen Landwirte, die durch die hohe Agrardieselbesteuerung entstanden ist, nicht ab?

Mit freundlichen Grüßen
.Matthias Langkamp
landwirtschaftlicher Ortsverband Greven

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Lieber Matthias Langkamp,

vielen Dank für Deine Frage, die ich im Folgenden gerne beantworten möchte.

In deiner Frage beklagst Du stellvertretend für die Landwirte in Greven die Schlechterstellung der deutschen Landwirte im internationalen Wettbewerb aufgrund der hohen Abgaben auf Agrardiesel. Du hast Recht, die Belastung auf den Dieselkraftstoff ist im Vergleich in Deutschland hoch.

Für eine faire Beurteilung der Wettbewerbssituation der deutschen Landwirte darfst Du aber die anderen Wettbewerbsfaktoren nicht außer Acht lassen. Zwar gibt es noch keine unfassende Studie, die alle Subventionen und Hilfen für die Landwirtschaft in den EU-Ländern vergleichbar bewertet, aber Studien aus den vergangenen Jahren haben aufgezeigt, dass Deutschland bei der Gesamtbetrachtung aller Steuern auf Produktionsmittel im Mittelfeld liegt.

Zudem muss man jeweils die Konkurrenzsituation in den verschiedenen Agrarbereichen berücksichtigen. Die Frage ist, mit welchem Land/welchen Ländern die deutsche Landwirte im jeweiligen Produktionsbereich tatsächlich konkurrieren? Erst kürzlich kam eine Studie zum Vergleich der Produktionskosten in der Schweineproduktion zum Ergebnis, dass die "Kosten durch politische Maßnahmen" (also z.B. für Umwelt-, Verbraucher- und Tierschutz) bezogen auf die Produktion von Schweinefleisch in Deutschland deutlich geringer sind, als beispielsweise in den Niederlanden, Dänemark oder Spanien, die die wichtigsten Konkurrenten für deutsches Schweinefleisch sind.

Und selbst in dieser Studie wurden wichtige sonstige Faktoren, wie etwas die soziale Absicherung oder die Ertragssteuern, noch gar nicht berücksichtigt, weil ein Vergleich der unterschiedlichen Systeme mit den unterschiedlichen Finanzierungen und Leistungen schwierig ist. Allerdings unterstützt der Bund gerade in der Sozialversicherung die Landwirtschaft kräftig.

Will man also die Wettbewerbssituation vergleichen, dann muss man die Marktanteile betrachten. Der Deutsche Bauernverband schreibt dazu im Situationbericht 2009, dass Deutschland im Zehnjahresvergleich seinen Marktanteil bei den meisten Produkten habe halten oder ausbauen können.

Angesichts dieser Aussagen und der auch national hohen Unterstützung für die Landwirtschaft scheint mir, dass die deutsche Landwirtschaft in Europa durchaus sehr wettbewerbsfähig ist.

Ich halte zudem auch im Interesse des Klimaschutzes nichts davon, ausschließlich über eine Senkung der Steuern in Deutschland zu sprechen. Sicher ist eine Harmonisierung der Energiesteuern in Europa sinnvoll. Allerdings sollte die Zielsetzung eine höhere Besteuerung des fossilen Agrardiesels in anderen EU-Ländern und eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien sein. Diesen Weg wird die EU-Kommission weiter verfolgen. Bisher ist eine EU-weite Harmonisierung allerdings leider nicht ausreichend zustande gekommen, obwohl unsere zuständigen Minster sich intensiv darum bemühen.

Ich bin - gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion - dennoch dafür, den Bundesländern Entlastungsmaßnahmen für die Landwirte zu ermöglichen. Eine Variante könnte sein, ins Energiesteuergesetz eine Öffnungsklausel aufzunehmen, wonach die Ländern den Selbstbehalt von bis zu 350 € aus Landesmitteln vergüten können. Ich befürchte allerdings, dass die EU-Kommission diese Zuschüsse als verbotene selektive Betriebshilfe werten wird und dieser Öffnung aus diesem Grund nich zustimmen könnte. Außerdem scheint mir die Zustimmung der Bundesländer zu dieser Öffnung fraglich.

Trotzdem werde wir diesen Weg weiter gehen und politisch am Ball bleiben.

Ich hoffe, ich konnte Dir meine Position ein wenig näher bringen und
grüße herzlich

Dein
Reinhold Hemker