Frage an Reinhold Hemker von Alexander B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hemker,
ich lese und höre in letzter Zeit von vielen Abgeordneten der SPD, so auch bei Ihnen, folgende Teilbegründung zur Zustimmung zu dem Gesetzesentwurf:
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Schließlich bleibt bei der Abwägung der Zustimmung zu diesem Gesetz auch der Umstand zu berücksichtigen, dass die entsprechende Sperrinfrastruktur aufgrund der abgeschlossenen Verträge zwischen BKA und Internetprovidern bereits aufgebaut wird. Diese Verträge beinhalten keinen hinreichenden Grundrechtsschutz und verfahrensrechtliche Sicherungen und sind deshalb höchst problematisch. Ich sehe es als meine Pflicht als Abgeordnete an, solche weitgehenden, intransparenten und verfassungsrechtlich schlicht unzulässige Verträge zu Lasten Dritter durch eine gesetzliche Grundlage abzuschwächen und ihre negative Wirkung zu reduzieren.
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Ich verstehe das so, dass ein Vertrag zwischen BKA und privatrechtlichen Unternehmen hier die Politik in Zugzwang bringt. Finden Sie nicht, dass politische Entscheidungen nicht durch privatrechtliche Verträge beeinflusst werden sollten? Sollte gegen diese nicht, so sie eben "verfassungsrechtlich schlicht unzulässig" sind, auf anderem Wege (z.B. gerichtlich) vorgegangen werden?
Für Ihre Antwort danke ich Ihnen im Voraus und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Alexander Beutl
Sehr geehrter Herr Beutl,
Vielen Dank für Ihre Einschätzung und Ihre Frage.
Eine (verfassungs-)rechtliche Prüfung der Verträge halte ich für nötig.
Allerdings lassen Sie in Ihrem Statement außer Acht, dass zwischen dem Beginn einer gerichtlichen Überprüfung und einem Urteil viele Monate oder Jahre liegen können.
Genau deswegen kamen wir in ein Dilemma: Die bereits geschlossenen Verträge zwischen einzelnen Internetprovidern und dem Ministerium von Frau von der Leyen sahen vor, Erweiterungen von Internetsperren weitgehend ohne ein öffentliches und transparentes gesetzgeberisches Verfahren zuzulassen. Die Aktivierung von Internetsperren durch verschiedene Internetprovider stand zudem unmittelbar bevor. In dieser Situation war es aus meiner Sicht nicht verantwortbar, eine langwierige Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit abzuwarten, ohne für diese Zeit den geschlossenen Verträgen ein vorsichtiges Gesetz mit klaren Schranken und Grenzen entgegenzusetzen.
Aus meiner Sicht sollte das Bundesverfassungsgericht bei dieser wichtigen Thematik möglichst schnell ein klares Urteil fällen. Nicht nur die Verträge, sondern auch das Gesetz selbst sollten auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin überprüft werden. Sollte es kein Urteil des Bundesverfassungsgerichts geben, so haben wir das Gesetz so angelegt, dass es nach 3 Jahren automatisch ausläuft. Mit einer dann anstehenden Evaluation wäre es möglich, das Gesetz zu überprüfen und eben auch nicht erneut zu aktivieren.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Beweggründe etwas näher bringen und grüße Sie freundlich
Reinhold Hemker