Dr. Reinhard Brandl
Reinhard Brandl
CSU
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Frage von Mirko F. •

Wird die Mehrheitsfindung zur Abstimmung "Fünf-Punkte-Plan" von gestern das Modell für die künftige Strategie der Unionsfraktion?

Dr. Reinhard Brandl
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr F., vielen Dank für die Frage. In den letzten Tagen haben mich zu den Debatten im Bundestag zahlreiche Reaktionen erreicht, sowohl zustimmend als auch ablehnend.

Meine Antwort ist immer die gleiche: Ich lehne jede Form der Zusammenarbeit mit der AfD ab! Es gab in der letzten Woche keine Zusammenarbeit und keine Absprachen mit dieser Partei. Es wird sie auch in Zukunft nicht geben. Mein Ziel ist, dass sie wieder von der Bildfläche verschwindet. Die AfD ist schädlich für unsere Demokratie und unser Gemeinwesen.   

In der CDU/CSU hatten und haben wir nicht das Ziel einen Migrationswahlkampf zu führen. Der Schwerpunkt unserer Kampagne lag von Anfang auf den Themen der Wirtschaftspolitik. Dann kamen die Morde in Aschaffenburg und seither ist die Migration in vielen Gesprächen wieder das dominierende Thema. Die Menschen lassen sich durch uns nicht vorschreiben, über was sie bei der Wahl abstimmen. SPD und vor allem Grüne waren aber dennoch nicht bereit mit uns einen Beschluss zu fassen, der ihren klaren Willen zur Begrenzung der Migration zum Ausdruck gebracht hätte. Wir wollten und konnten nicht zulassen, dass die AfD die einzige Partei ist, die in der anstehenden Sitzungswoche des Bundestags darauf eine politische Antwort gibt. 

Wir haben deswegen einen Antrag eingebracht, in dem wir uns auch klar zur AfD positioniert haben. Ich zitiere aus dem Antrag:

"Wer die illegale Migration bekämpft, entzieht auch Populisten ihre politische Arbeitsgrundlage. Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen. Sie will, dass Deutschland aus EU und Euro austritt und sich stattdessen Putins Eurasischer Wirtschaftsunion zuwendet. All das gefährdet Deutschlands Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Deshalb ist diese Partei kein Partner, sondern unser politischer Gegner."

Es ist schon daraus klar erkennbar, dass wir keine Mehrheit mit der AfD wollten. Das es dennoch passiert ist, war kein Triumph und es ist auch kein Präzedenzfall für die Zeit nach der Wahl. Sich in so einer Lage aber nicht klar im Bundestag zu positionieren, wäre ein Fehler gewesen.  

Beim Zustrombegrenzungsgesetz am Freitag verhielt es sich anders. Dieses Gesetz hatten wir nach dem Anschlag in Solingen bereits im September 2024 in den Bundestag eingebracht. Es wurde in den letzten Monaten in den Ausschüssen abschließend beraten. Im Kern geht es um die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem, also eingeschränktem Schutzstatus. Diese Regelung galt bereits in der letzten großen Koalition zwischen 2016 und 2018. Es war eine einstimmige (!) Forderung der Ministerpräsidentenkonferenz Ende Oktober diese wieder in Kraft zu setzen. Die FDP hat dieses Gesetz anfangs abgelehnt und nach dem Ampelbruch nun doch Zustimmung signalisiert. Damit war eine knappe Mehrheit denkbar. Sollten wir deshalb unser eigenes Gesetz ablehnen? Das wäre ein Wahlkampfgeschenk für die AfD gewesen. Sie würde mit dem Abstimmungsergebnis durch das Land und die sozialen Medien ziehen und erklären, sie wären die einzigen, die die Migrationszahlen wirklich senken wollen, wenn es drauf ankommt. 

Wir wollten auch in diesem Fall keine Mehrheit mit der AfD erreichen. Buchstäblich bis zur letzten Minute haben unsere Spitzen deshalb mit SPD und Grünen verhandelt. Die Sitzung wurde mehrmals unterbrochen. Als Union hätten wir dieses Thema sehr gerne mit diesen Parteien geregelt. Das hätte dem Wahlkampf und dem gesellschaftlichen Klima in Deutschland gut getan. Es wäre inhaltlich für alle Seiten leicht vertretbar gewesen. Im Gesetz sind nur Punkte enthalten, die entweder einstimmig von den Ländern gefordert wurden bzw. schon einmal gegolten haben. Der Einwurf der Verfassungswidrigkeit ist an den Haaren herbeigezogen. Insbesondere die Grünen waren aber letzten Freitag nicht bereit, die Migrationsgesetze auch in nur in einem einzigen Punkt zu verschärfen und wollten diese Position auch öffentlich markieren. Es gab trotz aller Bemühungen keinen Raum für Kompromisse. 

Ich habe in den letzten Wochen mit vielen potentiellen AfD-Wählern gesprochen. Die meisten wollen eigentlich keine rechtsextreme Partei wählen, aber sie fühlen sich von den Ampel-Parteien nicht ernst genommen. Sie sind skeptisch, ob sich die CDU/CSU in einer Koalition mit ihrem Programm durchsetzen kann. Diesen Menschen wollen wir als CDU/CSU ein glaubhaftes demokratisches Angebot bei der Wahl machen. Sie müssen wissen, dass wir ihre Probleme und Sorgen sehr ernst nehmen und handeln wollen. 

 Lassen Sie mich am Ende noch einen persönlichen Punkt machen: Die Union ist für mich gerade die einzige politische Kraft in Deutschland, die ernsthaft versucht den braunen Sumpf trocken zu lagen, und zwar mit konkreten Taten und nicht nur mit Worten. Das ausgerechnet uns jetzt ein Hofieren der AfD unterstellt wird, halte ich für unangebracht.

Mir macht es große Sorgen, dass sich die AfD in den Umfragen seit der letzten Bundestagswahl verdoppelt hat. Ich sehe bei SPD und Grüne trotzdem keinen großen Ehrgeiz, die Wähler der AfD wieder ins demokratische Spektrum zurückzuholen. Solange die Politik in Berlin deren Probleme nicht nachhaltig löst, wird der braune Spuk nicht verschwinden. Das fortwährende Schönreden der Lage und floskelhafte Beschwichtigen nach Anschlägen helfen nicht mehr weiter. Die letzten drei Jahre haben gezeigt, dass die AfD dadurch nicht schwächer, sondern stärker wird.

Fazit: Unser Ziel bleibt es, die AfD politisch zu bekämpfen. Eine Zusammenarbeit wird es auch in Zukunft nicht geben. Wir kämpfen dafür, dass sich die Meinungen und Interessen der Bevölkerung ab dem 23. Februar auch wieder im Parlament widerspiegeln. Dann sind die entsprechenden Mehrheiten auch ohne die AfD wieder eindeutig vorhanden.

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