Frage an Reinhard Brandl von Helena B. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Brandl,
Die Klimakrise ist Realität geworden. Mich haben besonders die starken Feuer in Australien und im Amazonas beunruhigt. Europa erhitzt sich sehr schnell und zudem haben wir nun auch in Deutschland bereits zwei Dürren erlebt. Unsere Felder und Wälder sind in schrecklichem Zustand. Wenn es so weiter geht wie bisher, frage ich mich, wie wir und unsere Kinder in Zukunft leben werden? Wird die Landwirtschaft genügend Lebensmittel produzieren? Werden wir auch landesweite Feuer haben? Wenn wir etwas dagegen tun wollen, dann müssen wir schnell handeln, was nur durch die gesamte Gesellschaft getan werden kann und sollte. Manche Organisationen schlagen hierfür BürgerInnenversammlungen vor, um die Frage der Klimawandelvermeidung – ggf. auch polarisierender Fragen – mit allen Kräften gemeinsam zu beantworten. Würden Sie BürgerInnenversammlungen als Instrument befürworten, um solche Entscheidungen mit großer Legitimität zu treffen? Könnte so gegen die Klimakatastrophe vorgegangen werden? Bitte antworten Sie mir. Ich mache mir schreckliche Sorgen und engagiere mich daher ehrenamtlich in diesem Bereich.
Herzliche Grüße,
H. B.
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 30. April 2020 zum Thema der Bürgerbeteiligung, die Sie mit Ihrer dringlichen Sorge um unsere Umwelt verbinden. Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass die von Ihnen geschilderten Klimaereignisse besorgniserregend sind. Auch teile ich Ihre Ansicht, dem Klimawandel schnell und vor allem entschlossen zu begegnen. Daher weiß ich Ihre ehrenamtliche Tätigkeit in diesem Bereich sehr zu schätzen. Generell stellt die Stärkung der Bürgerbeteiligung ein wichtiger Bestandteil auch meiner Arbeit dar. Bürgerschaftliches Engagement ist ein zentraler Bestandteil einer lebendigen Demokratie. Es kann einen qualitativ hochwertigen Beitrag zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen leisten, wenn die Potenziale für bürgerschaftliches Engagement in der Gesellschaft unterstützt und gestärkt werden.
Als Abgeordneter eines bayerischen Wahlkreises möchte ich betonen, dass die Bürgerbeteiligung auf der Kommunalebene gemäß Art. 18 der Gemeindeordnung des Freistaates Bayern bereits einen festen Platz besitzt. Unter anderem muss mindestens einmal jährlich, auf Verlangen des Gemeinderats auch öfter, das von Ihnen genannte Instrument der Bürgerversammlung zur Erörterung gemeindlicher Angelegenheiten durch den ersten Bürgermeister einberufen werden.
Darüber hinaus gibt es auf der bayerischen Landesebene eine starke Tradition von Volksbegehren und Volksentscheiden. Diese beiden Formen der Bürgerbeteiligung haben sich schon erfolgreich als Mittel zur Artikulation und Durchsetzung der Bürgerinteressen bewährt, auch in dem von Ihnen genannten Feld der Umweltpolitik. Als ein prominentes Beispiel dafür möchte ich das Volksbegehren Artenvielfalt aus dem Jahr 2019 hervorheben. Dieses wurde samt Begleitgesetz und umfassenden Maßnahmenpaket im Bayerischen Landtag im Sommer 2019 verabschiedet und hat definitiv zu einem besseren Naturschutzgesetz beigetragen.
Für die Bundesebene plant die unionsgeführte Regierung die Einsetzung einer Expertenkommission, die Vorschläge darüber erarbeiten soll, ob und in welcher Form unsere bewährte parlamentarisch-repräsentative Demokratie durch weitere Elemente der Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie ergänzt werden kann. Die Vorbereitungen zu dieser Expertenkommission dauern derzeit noch an. Zudem führt insbesondere das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) regelmäßig Bürgerbeteiligungsverfahren durch. Dabei handelt es sich jeweils um systematische, strukturierte Beratungsverfahren zu Planungen und Programmatiken des BMU, die mittels dezentralen und zentralen Veranstaltungen sowie Online-Dialogen organisiert werden. Neben einzelnen Themen wie Ressourceneffizienz, Klimaschutz, Insektenschutz wurde auch das umfassende Integrierte Umweltprogramm 2030 durch ein solches Verfahren begleitet sowie Qualitätsleitlinien für Bürgerbeteiligung erarbeitet, die im Januar 2019 in der Geschäftsordnung des BMU als Standard verankert wurden.
Sehr geehrte Frau B., ich bedanke mich noch einmal vielmals für Ihr Schreiben. Ich versichere Ihnen, dass ich den Klimawandel sehr ernst nehme und ihn als sehr wichtigen und dringlichen Auftrag für die Zukunft wahrnehme. In diesem Zusammenhang werde mich weiterhin für eine ausgeprägte Bürgerbeteiligung einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Brandl