Frage an Reinhard Brandl von Andreas W. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Hr.Brandl,
als Autofahrer verfolge ich die aktuellen Diskussionen im Zusammenhang mit der Einfuehrung des Kraftstoffs E10. Aufgrund der unerwartet niedrigen Nachfrage von E10 klagt die Oelindustrie ueber hohe Lagerbestaende von winterfestem E10, der in Deutschland nur noch bis Ende April verkauft werden kann. In einem marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem wie dem der Bundesrepublik Deutschland wuerde man als Verbraucher erwarten, dass der Preis zumindest grundsaetzlich durch Angebot und Nachfrage eines Produktes bestimmt wird. Im vorliegenden Fall kann ich nicht erkennen, dass das vorhandene Ueberangebot an E10 und die ausbleibende Nachfrage auch nur ansatzweise zu einer eigentlich zu erwartenden Preissenkung fuehrt. Diese wuerde meiner Meinung nach sofort zu einer hoeheren Akzeptanz fuehren, da hierdurch beispielsweise der Hauptnachteil des Mehrverbrauchs aufgrund des niedrigen Energiegehaltes von E10 kompensiert werden wuerde. Vielmehr entsteht aber Eindruck, dass es auf dem Kraftstoffsektor keinen echten Wettbewerb gibt und die Oelindustrie aufgrund kartellaehnlicher Strukturen ihre Verluste nun durch Preiserhoehungen auszugleichen versucht. Das Argument Lybien kann nicht gelten, da der hohe Eurokurs (1.39USD) den aktuell etwas hoeheren Oelpreis ausgleicht. Hauptgrund fuer die Verweigerung ist nicht Unwissenheit der Autofahrer, sondern ein rein wirtschaftlicher. Dem Mehrverbrauch steht naemlich nur ein Preisvorteil von 2-3% gegenueber. Steigt der Verbrauch von 7,0l/100km durch E10 auf geringfuegig hoehere 7,2l/100km lohnt sich der Wechsel schon nicht mehr - von moeglichen Leistungsverlusten oder etwaiger Langzeitschaeden mal ganz abgesehen.
Dieser bedeutende Aspekt wird lediglich von Automobilverbaenden erwaehnt, von der Industrie und der Politik aber voellig ignoriert. Warum wurde dieser Punkt auch auf dem E10-Gipfel in Berlin nicht thematisiert, obwohl die CSU das Verbraucherministerium leitet?
Mit freundlichen Gruessen,
Andreas Wallschlaeger
Sehr geehrter Herr Wallschlaeger,
vielen Dank für Ihre Frage vom 09. März 2011, in der Sie sich über die Preisfestsetzung des neuen Biokraftstoffs E10 erkundigen.
Mit der Einführung von E10 kommen zusätzliche Kosten, beispielsweise für die Herstellung von Bioethanol und die Sicherung der Kraftstoffqualität, auf die Kraftstoffanbieter zu. Die Mineralölwirtschaft muss allerdings einen gesetzlich festgelegten Mindestanteil E10-Absatz einhalten und deshalb einen Anreiz zur E10-Betankung schaffen. Im Biokraftstoffquotengesetz wird geregelt, dass der § 37a Satz 1 des Bundes-Immisionsschutzgesetzes die Unternehmen, die Mineralöl in den Verkehr bringen, zum Vertrieb eines Mindestanteils an Biokraftstoffen verpflichtet. Dieser Mindestanteil ist in § 37a Satz 3 ab dem Jahr 2010 auf 6 Prozent der in einem Kalenderjahr in den Verkehr gebrachten Kraftstoffmenge festgelegt. Sollten die Unternehmen diesen Mindestanteil nicht erreichen, haben sie gemäß § 37c Satz 2 Abgaben zu leisten.
Es gelten also auf diesem Markt nicht alle Regeln eines „marktwirtschaftlichen Systems“. Diese Eingriffe dienen jedoch dem Umweltschutz und fördern die Unabhängigkeit vom immer knapper werdenden Erdöl und sind demnach Markteingriffe im Sinne unserer nachhaltigen und sozialen Marktwirtschaft. Dennoch liegt die genaue Preisgestaltung bei den Kraftstoffanbietern. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit setzt sich im Interesse der Verbraucher für eine transparentere Preisfestlegung ein.
Ihre letzte Frage bezog sich auf die Themen des E10-Gipfels. Die EU-Richtlinie 2009/30/EG schreibt in Artikel 1 Absatz 3a Satz 2 fest, dass der in Umlauf gebrachte Ottokraftstoff den umweltspezifischen Vorgaben aus Anhang I entsprechen muss. Aus diesem Anhang lässt sich entnehmen, dass die umweltbezogene Spezifikation für handelsübliche Kraftstoffe 10 Volumen-Prozent Ethanol vorschreibt. Durch diesen Mehranteil an Biokraftstoff, der weniger Brennwert hat, kann es zu geringen Leistungsverlusten kommen. Diese sind aber aufgrund der Bestimmungen durch die EU-Richtlinie unvermeidlich. Es war deswegen nicht Gegenstand des E10-Gipfels.
Den Gesetzestext, den Gesetzesentwurf und die EU-Richtlinie finden Sie auf folgenden Internetseiten:
http://www.bgbl.de/ über Bürgerzugang im Bundesgesetzblatt Teil 1 die Ausgabe 2006, Nummer 62 auswählen
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/027/1602709.pdf
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:140:0088:0113:DE:PDF
Weitere Informationen zum neuen Biokraftstoff finden Sie im Internet auf der Seite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
http://www.bmu.de/e10/doc/46717.php
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Brandl