Frage an Reinhard Brandl von Andreas A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
"Droht eine gewaltige Kündigungswelle? Es gibt Spekulationen über ein Stillhalteabkommen zwischen Bund und Industrie - das aber nur bis zur Wahl gelten soll.
Eine Art Stillhalteabkommen zwischen Regierung und Industrie verhindert angeblich bis zur Bundestagswahl einen größeren Arbeitsplatzabbau in Deutschland.
Wie die Financial Times Deutschland am Montag unter Berufung auf mehrere Spitzenmanager berichtete, gilt der Pakt gegen Entlassungen bis zur Wahl am 27. September."
Ist dies auch Ihre Ansicht, was Financial Times und Süddeutsche Zeitung verbreiten?
mfg
Andreas Autharis
Sehr geehrter Herr Autharis,
tut mir leid für die etwas späte Antwort auf Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch. Sie hatten mir die gleiche Frage ja auch im Forum des Donaukuriers gestellt. Dort hatte ich Sie am 02.09.2009 auch beantwortet.
Auszug aus meiner damaligen Antwort:
[...]
Vorweg: Ich bin überzeugt davon, dass die Wirtschaftskrise sich auch in Deutschland noch stärker als bisher auf dem Arbeitsmarkt niederschlagen wird.
Die Frage ist nur wie stark? Wir haben mit der Kurzarbeit ein gutes Instrument, das Unternehmen hilft über Auftragsflauten hinweg zu kommen. Das haben Ende Juni etwas 50.000 überwiegend kleinere und mittlere Unternehmen genützt. Gut 1,4 Mio. Menschen arbeiten im Moment etwa kurz. Das geht aber auch nur über einen gewissen Zeitraum. Wenn im dritten und vierten Quartal die Aufträge nicht wieder kommen, wird es in diesen Unternehmen auch zu Entlassungen kommen.
Es sieht nach aktuellen Zahlen bei den Auftragseingängen aber nicht mehr ganz so düster wie befürchtet aus. Ich glaube deswegen auch nicht, dass es im Herbst zu einer großen Entlassungswelle kommt. Was im Jahr 2010 oder 2011 sein wird, bleibt abzuwarten. Was Prognosen diesbezüglich betrifft, bin ich sehr vorsichtig geworden.
Ich glaube auch nicht an eine Verschwörung oder ein Stillhalteabkommen. Ich bin viel in Unternehmen unterwegs und die Arbeitnehmer (und die Betriebsräte) wissen meistens sehr genau, wie es um ihren Arbeitsplatz bestellt ist. Sind Aufträge da oder nicht? Sind wir seit Anfang des Jahres in Kurzarbeit ohne Aussicht auf reguläre Beschäftigung oder fahren wir Sonderschichten? Entlassungen sind so ein gravierender Schritt für ein Unternehmen, dass da auf Frau Merkel sicher keine Rücksicht genommen wird. Ich weiß auch gar nicht genau, welchen Parteien solche Nachrichten mehr schaden oder nützen würden.
[...]
An meiner prinzipiellen Einschätzung der Lage von damals hat sich nichts geändert. Der Arbeitsmarkt zeigt sich erfreulicherweise immer noch recht robust. Die Arbeitslosigkeit hat von Oktober auf November sogar leicht um 13.000 auf 3.215.000 abgenommen. Wir haben aber immer noch gut 1 Mio. Kurzarbeiter. Der Rückgang zu den o.g. 1,4 Mio. hat laut BA wesentlich mit den Sommerferien zu tun (für Urlaubszeiten zahlt die BA kein Kurzarbeitergeld). Ich gehe im Moment davon aus, dass die Arbeitslosigkeit vor allem in der ersten Hälfte des Jahres 2010 weiter ansteigen wird. Ich würde mir aber nicht annmaßen, eine konkrete Prognose abzugeben.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Brandl