Frage an Reiner Priggen von Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Priggen,
zunaechst einmal bedanke ich mich fuer Ihre Antwort vom 27-09. Dennoch bin ich verwirrt, denn Sie argumentieren, weil Koalitionen in der Verfassung nicht vorgesehen sind bzw. nicht bahandelt werden, kann man innerhalb von Koalitionen Regelungen schaffen, die in ihrer Intention mit Art 30 Abs. 2 der Landesverfassung unvereinbar sind. Das sich fuer den Buerger ergebende Problem in einem Rechtsstaat ist aber, dass der Buerger nicht nur einen Anspruch auf gesetzliche Grundlagen haben sollte, sondern das sich das geschriebene Wort auch mit der Rechtswirklichkeit decken sollte. Warum wird die Verfassung, wenn diese so missraten ist, dass selbst ich, als promovierter Wissenschaftler zu falschen Schluessen komme, nicht so geaendert, als das sie jedermann eindeutig versteht?
Warum schaffen Sie dann nicht konsequenterweise das freie Mandat ab, warum belassen Sie mich und andere in dem falschen Glauben, ein Abgeordneter koenne frei abstimmen?
Leider haben Sie die folgende Frage gaenzlich unbeantwortet gelassen. Wenn Sie und die SPD meinen, dass es zwingend erforderlich ist, dass Koalitionen wie ein Mann abstimmen, dann draengt sich doch aus Kostengruenden die Frage auf, wozu man dann noch Abgeordnete der Regierungskoalitionen neben der Regierung braucht?
Sehr geehrter Herr Stauvermann,
ich wollte Sie nicht verwirren. Aber der Hinweis, dass in den Verfassungen des Bundes und der Länder nirgendwo Koalitionen eine Erwähnung finden, in der Regierungspraxis aber überall wie von mir beschrieben Anwendung finden ist eine Tatsache. Und zwar seit Jahrzehnten, und ich vermute nicht nur in Deutschland. Deswegen gilt trotzdem natürlich die Verfassung.
Ich weiß nicht in welchem Fach Sie promoviert haben und Wissenschaft betreiben. Da ich auch "nur" Ingenieur bin sind wir anscheinend beide keine Juristen und ich habe Zweifel, dass Ihre Interpretation der Verfassung und des Rechtsstaates und Ihre Schlussfolgerungen daraus zutreffend sind.
Ich habe Ihnen die Praxis in einer Koalition geschildert und diese Praxis ist völlig unabhängig von der Farbenlehre der jeweiligen Regierungen. Also scheint es eine sinnvolle Praxis zu sein. Die Unabhängigkeit der Abgeordneten gilt natürlich trotzdem und es gibt regelmäßig bei Gewissensentscheidungen auch Abgeordnete die gegen die Fraktionsdisziplin abstimmen. Das ist eine Entscheidung des einzelnen Abgeordneten und des zur Abstimmung anstehenden Sachverhaltes. Es gibt eine große Reihe von Veröffentlichungen die sich genau mit dem Sachverhalt Fraktionsdisziplin vs freies Mandat befassen. Ich füge unten nur zwei ausgewählte Hinweise ein.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Priggen
Zur Frage Fraktionszwang und Freies Mandat siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Freies_Mandat
Und sehr interessant: http://www.juraforum.de/lexikon/fraktionszwang