Frage an Reiner Priggen von Frank S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Priggen,
Sie wurden, auch mit meiner Stimme, aus der Stadt Aachen in der Landesparlament NRW gewählt.
Auf Biegen und Brechen will die große Koalition Roma-Flüchtlinge aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina abwehren, indem sie die Länder zu „sichere Herkunftsstaaten“ erklärt. Das Roma und andere Minderheiten in diesen Staaten nicht sicher sind, sondern massiv diskriminiert werden, ist der Regierungskoalition dabei egal. Um dieses Vorhaben zu verwirklichen braucht die Koalition nur noch eine Mehrheit im Bundesrat. Dort werden die Grünen zum entscheidenden Faktor: CDU/CSU und SPD buhlen um die Stimmen der grün mitregierten Landesregierungen.
Ich frage Sie direkt: Haben Sie vor, sich der Koalition anzuschließen bzw. sich zu enthalten, oder werden Sie die Menschenrechte der Betreffenden schützen?
Mit freundlichen Grüßen
Frank Schilden
Sehr geehrter Herr Schilden,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte. Bündnis 90/ Die Grünen lehnen das Konzept der sicheren Herkunftsländer aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Pauschal alle Flüchtlinge aus einem Herkunftsland als "offensichtlich unbegründet" abzulehnen, wird dem Schutzbedarf des einzelnen Flüchtlings nicht gerecht. Deshalb haben Bündnis 90/Die Grünen in allen von ihnen mitregierten Bundesländern dem Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundesrat im Juni eine klare Absage erteilt.
Nur dadurch, dass alle sieben grün regierten bzw. mitregierten Länder und ein weiteres Bundesland, in diesem Fall war es Brandenburg, hier einheitlich entschieden haben, war für eine solche ablehnende Position die notwendige Mehrheit im Bundesrat zu erreichen. Gleichzeitig liegt eine Reihe von weiteren äußerst problematischen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung im Ausländerrecht vor uns. Es geht dabei um die Einschränkung von EU-Freizügigkeitsrechten, um höchst problematische Änderungen bei der Ausweisung von ausländischen Staatsangehörigen, um verschärfte Inhaftierungsmöglichkeiten von Asylsuchenden, aber auch um ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht, um einen erleichterten Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge oder um Änderungen beim Asylbewerberleistungsgesetz.
Vor diesem Hintergrund haben die grün mitregierten Länder ein Gesprächsangebot der Großen Koalition akzeptiert und sind in Verhandlungen eingetreten. Wir tun dies in großer Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen und mit dem klaren Ziel, alles zu tun, um möglichst viel für die Rechte der Flüchtlinge und zur Verbesserung ihrer Lebenssituation in Deutschland zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Priggen