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Reiner Priggen
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Frage von Markus M. •

Frage an Reiner Priggen von Markus M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Priggen,

ist es zutreffend, dass man Sie und die GRÜNEN aufgrund Ihres Abstimmungsverhalten am 10.07.2013 zu Nullrunde bei den Beamten als Lügner bezeichnen kann?

Warum sollen die Bürger, Wähler und Beamte nicht angesichts dieses Verhalten glauben, dass Sie und die GRÜNEN Ihre Wahlversprechen brechen, inkonsequent sind und damit als eine unseriöse Partei anzusehen sind?

Warum stehen Sie und die GRÜNEN jetzt ohne Vorankündigung nicht mehr zum öffentlichen Dienst und behandeln ihn unfair?

Wieso glauben Sie, dass jetzt noch "der Laden" in NRW "laufen wird"?

Darf ich Herrn B. zitieren:
"Diese Aufkündigung eines über viele Jahrzehnte währenden gesellschaftlichen Konsenses, bei dem die faire starke Mitbestimmung im öffentlichen Dienst eine Auszeichnung für Nordrhein-Westfalen war, wird durch die rot-grüne Landesregierung zurückgenommen. Und das ist ein wichtiger Beitrag, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Aber auch im finanziellen Bereich –… –war die Vorgängerregierung nicht immer fair zu denjenigen, die dafür sorgen, dass der „Laden“ in diesem Land läuft. Ich denke da an die Streichung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizei- und Feuerwehrzulage, an die nicht übertragenen Abschlüsse aus den Tarifrunden und an die Sonderopfer. Meine Damen und Herren, mit der Übernahme des Tarifabschlusses auf die Beamtinnen und Beamten des Landes zeigt die Landesregierung und zeigen Grüne und SPD als regierungstragende Fraktionen, dass wir zu den Menschen stehen, die hier im Land tagtäglich wichtige Arbeit für Nordrhein-Westfalen erledigen."

Landtag 30.03.2011 Plenarprotokoll 15/29 ab Seite 2727

Sie waren zu dem Zeitpunkt MdL und haben keine Einwände zu diesen Aussagen erhoben. Die GRÜNEN haben danach geschlossen für das Gesetz mit diesen Aussagen gestimmt. Auch vor der Wahl haben weder Sie noch die GRÜNEN sich ausdrücklich von diesen Aussagen disanziert.

MfG
Müller

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Müller,

die Antwort auf die Frage lautet nein. Die Besoldung bleibt amtsangemessen und fair!

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen (Drucksache 16/2880) hat der Landtag als Gesetzgeber darüber zu beschließen, ob und in welcher Form den Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern eine Besoldungsanpassung gewährt werden kann.

Mit der Zuweisung der Gesetzgesetzgebungskompetenz im Rahmen der Föderalismusreform I sollten die Länder in ihrer Organisations- und Personalhoheit gestärkt werden, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Personalausgaben im Durchschnitt mehr als 40 Prozent der Länderhaushalte ausmachen.

Der von den Verfassungsgerichten konstatierte weite Spielraum des Gesetzgebers setzt dabei die Unabhängigkeit von der Gestaltung der anderen Bundesländer voraus. Schon in der Zeit vor 1971, als die Länder schon einmal die Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht besaßen, hat das Bundesverfassungsgericht betont, dass ihnen von Verfassungswegen genügend Spielraum belassen werden muss, um die Beamtenbesoldung ihrer Finanzkraft anzupassen (BVerfGE 4, 115 [136]). Dies muss nach der Rückführung des Besoldungsrechts in die Länderkompetenz erneut gelten.

Der Landtag hat sich mit den materiellen Auswirkungen der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen ebenso befasst, wie mit der Begründung des Gesetzentwurfes. Der Landtag und seine Ausschüsse sind den in der Begründung des Gesetzentwurfes in Drs. 16/2280 durch die Landesregierung vorgebrachten Behauptungen nachgegangen und haben sie in Bezug auf ihre rechtlichen (insbesondere verfassungsrechtlichen) und tatsächlichen Bedingungen, anhand der sich aus Art. 33 Abs. 5 GG abzuleitenden Maßstäbe der amtsangemessenen Alimentation geprüft. Grundlage war hierfür insbesondere die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Besoldung:

BVerfG, 2 BvL 3/00

BVerfG, 2 BvL 17/08

BVerfG, 2 BvR 571/00

BVerfGE 4, 115 [136]

BVerfGE 107, 218 [238, 253])

BVerfGE 110, 353

BVerwGE 117, 305 [309, 330, 355]

BVerfGE 130, 263

Maßstab der Beamtenbesoldung ist das Alimentationsprinzip. Dieses gehört zu den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums.

Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, die Beamtinnen und Beamten und ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und der allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.( BVerfGE 130, 263 (Rn 145)) Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber auch bei einer kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe im Wege der Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und an Hand einer Gegenüberstellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichsgruppen Rechnung tragen, wenn er eine Veränderung gegenüber den tariflichen Vergleichsgruppen vornimmt. (BVerfGE 130, 263)

Es besteht jedoch keine Verpflichtung des Gesetzgebers, die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf die Beamtenbesoldung zu übertragen. (BVerwGE 117, 305 [309]) Aus dem Alimentationsprinzip kann kein exakter, unmittelbar der Verfassung zu entnehmender Besoldungsbetrag abgeleitet werden. Der Gesetzgeber hat in den Grenzen der Angemessenheit einen weiten Spielraum politischen Ermessens, innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf.

Nur wenn die Bezüge evident unzureichend sind, ist ein Verfassungsverstoß anzunehmen.

Zur Feststellung eines solchen offensichtlichen Verstoßes ist eine Vielzahl von Kriterien heranzuziehen. Die Entwicklung der Verbraucherpreise ist dabei für sich genommen kein geeigneter Maßstab. Dass der Gesetzentwurf für höhere Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A sowie für Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppen B, R und W keinen „Inflationsausgleich“ vorsieht, führt daher nicht automatisch zur Verfassungswidrigkeit.

Die allgemeine Einkommensentwicklung bzw. die Entwicklung der Einkommen der Angestellten des öffentlichen Dienstes sind dagegen relevant. Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten ist aber erst dann nicht mehr amtsangemessen, wenn sie greifbar hinter diesen Vergleichsgruppen zurückbleibt. Wann das Kriterium der „Greifbarkeit“ erfüllt ist, hat die Rechtsprechung bislang nicht näher erläutert.

Beim Vergleich der Entwicklung der Beamtenbesoldung mit der Einkommensentwicklung anderer Berufsgruppen kommt es nicht in erster Linie auf die prozentuale Steigerung, sondern auf die absolute Höhe der Nettobezüge unter Berücksichtigung der beamtenspezifischen Besonderheiten an. Dass der Gesetzentwurf der Landesregierung und der Beschluss des Landtages den Tarifabschluss nicht für alle Besoldungsgruppen übernimmt und dass dadurch für bestimmte, höher besoldete Beamtinnen und Beamte zwei Jahre lang keine bzw. nur eine prozentual geringere Anpassung stattfindet, begründet für sich keine evident unzureichende Besoldung.

Und schließlich ist der Gesetzentwurf auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil die Grundgehaltssätze und Amtszulagen für Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppen A 3 bis A 10 um 2,65 % und 2,95 % steigen, während sie für Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppen A 11 bis A 12 nur um jeweils 1 % und für höher besoldete Beamtinnen und Beamte nur die Zulagen angehoben werden.

Art. 33 Abs. 5 GG garantiert keine stets prozentual vollkommen gleiche Besoldungsanpassung für alle Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfänger. Das Bundesverfassungsgericht betont, es sei „nicht sachwidrig, von Empfängerinnen Empfängern höherer Bezüge bei einer allgemeinen Anpassung einen begrenzten Sparbeitrag mit der Erwägung zu fordern, dass sie von einer allgemeinen Teuerung, zu deren Ausgleich die lineare Erhöhung der Besoldung und Versorgung beitragen soll, jedenfalls teilweise weniger stark betroffen sind.“ (BVerfG, 2 BvR 571/00)

Nach Art. 109 Abs. 3 GG sollen die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten ausgeglichen werden. Nach der Übergangsregelung in Art. 143 d Abs. 1 GG sind die Haushalte der Länder bis zum Haushalt 2020 so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe aus Art. 109 GG erfüllt wird.

Der Landtag ist der Ansicht, dass seit dem Haushalt 2011 aus der in Artikel Art. 109 Abs. 3 i.V.m. Art. 143 d Abs.1 GG festgeschriebenen Schuldenbremse Wirkungen und konkrete verfassungsrechtliche Verpflichtungen abzuleiten sind, die nicht nur bei Haushaltsberatungen, sondern auch in laufenden Haushaltsjahren bei Gesetzesvorhaben mit außerordentlich großer finanzieller Auswirkung auf den Landeshaushalt zu berücksichtigen sind.

Das Bundesverfassungsgericht erkennt auch ausdrücklich an, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Dienstherrn ein Faktor ist, „der bei der Festsetzung der Besoldung berücksichtigungsfähig ist“ (BVerfG, 2 BvL 3/00). Der Umstand, dass das Ziel der Haushaltskonsolidierung seither durch die in Art.109 Abs. 3 GG eingeführte „Schuldenbremse“ Verfassungsrang erhalten hat, verstärkt das Gewicht dieses Faktors eher noch.

Dem Unterausschuss Personal wie auch dem Haushalts- und Finanzausschuss kam es bei den Beratungen und Abwägungen dieser verfassungsrechtlichen Ziele vorrangig darauf an, seine Entscheidung auf einer ausreichend sicheren und fundierten Tatsachenlage treffen zu können. Dem Unterausschuss Personal sowie dem Haushalts- und Finanzausschuss war es dabei wichtig, bei der durch die Landesregierung im Gesetzentwurf vorgesehenen sozial gestaffelten Übernahme des Tarifergebnisses auf den Beamtenbereich in Kenntnis der Grenzen des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei den Regelungen besoldungsrechtlicher Fragen, seine Entscheidungen zu treffen.

Neben der ausführlichen Anhörung und den damit verbundenen Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf, hat dem Unterschuss Personal und dem Haushalts- und Finanzausschuss auf schriftliche Anforderung der Fraktionen SPD und Grüne im Landtag ein ausführlicher Bericht des Finanzministeriums mit der Vorlage 16/1014 vorgelegen.

Damit lag dem Unterausschuss Personal und dem Haushalts- und Finanzausschuss eine fundierte Tatsachenbeschreibung und Abwägung der rechtlichen Anforderungen vor, um über den Gesetzentwurf zu entscheiden.

Nach Übernahme der gestaffelten Besoldungserhöhungen beträgt der Abstand zwischen A 10 und A 11 zukünftig 261,39 € (7,7 %) und zwischen A 12 und A 13 362,59 € (9 %) monatlich in der Endstufe. Der Abstand zwischen den unterschiedlichen Ämtern ist insbesondere im Hinblick auf die prozentualen Unterschiede weiterhin amtsangemessen.

Ein Vergleich der Tätigkeiten zwischen der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst und deren Nettovergütung ist sehr schwierig, da die Strukturen der öffentlichen Hand sich sehr stark von denen der Privatwirtschaft unterscheiden. Auch erfolgen die Eingruppierungen und die typischen Karriereläufe sehr unterschiedlich. Polizistinnen und Polizisten oder Richterinnen und Richter gibt es in der Privatwirtschaft nicht. Die Tatsache, dass ein immer größer werdender Anteil der Beschäftigten in der Privatwirtschaft leider auch unter- oder außertariflich bzw. im Rahmen eines Haustarifvertrages vergütet werden, macht den Vergleich umso schwerer. Ein reiner Bruttolohnvergleich mit der Privatwirtschaft ist ebenfalls nicht statthaft, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, 2 BvL 17/08) ausführt:. „Ein Vergleich, der auf die Bruttoverdienste abstellt, berücksichtigt nicht hinreichend die Besonderheiten des Beamtenrechts." Als Besonderheit des Beamtenverhältnisses sind die neben der Unkündbarkeit, die fehlenden Arbeitslosenversicherungsbeiträge, die höheren Beihilfen sowie die beitragsfreie Versorgung der Beamtinnen und Beamten trotz eines Ruhegehaltes von bis zu 71,75 % der letzten Bezüge zu nennen, die bei einem realistischen Vergleich der Alimentationen mit einer privatwirtschaftlichen Vergütung mit einzubeziehen wären. Dabei wären allein die Versorgungsleistungen des Landes für eine Beamtin bzw. einen Beamten mit einem Wert von durchschnittlich ca. 10 268 €2 im Jahr zu einzubeziehen.

Diese zusätzliche Bezahlung müsste über das gesamte Arbeitsleben hinweg geleistet werden, wobei gerade im Bereich der Privatwirtschaft häufig keine ungebrochenen Erwerbsbiografien mehr vorgewiesen werden können, sondern auch Brüche mit Zeiten der Arbeitslosigkeit und niedrigeren Einkommen immer zahlreicher werden. Die beamtenrechtliche Unkündbarkeit müsste deshalb ebenfalls als Einkommensbestandteil monetarisiert und beim Vergleich eingerechnet werden. Von den Banken wird dieser Faktor bei der Kreditvergabe jedenfalls positiv mit einkalkuliert, weshalb Beamte früher, bei geringerem Eigenkapital und mitunter auch zinsgünstiger über ein Eigenheim verfügen können. Gegenüber Angestellten in der Privatwirtschaft sind Kreditangebote für Beamtinnen und Beamte mit bis zu 0,5% Zinsdifferenz verfügbar.

Insbesondere bei Richterinnen und Richtern ist ein einfacher Vergleich mit den Vergütungen in der Rechtsanwaltschaft schwierig, da zurecht hohe Anforderungen an die Qualifikation der Richterschaft gelegt werden. Dies hat der Rechtsausschuss in seiner Sitzung am 03.07.2013 auch so erörtert. Zum einen ist die Bandbreite der Einkommen in anderen juristischen Berufen hoch und schwankt bei Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in den ersten fünf Berufsjahren zwischen Jahreseinkommen von 35.000€ bis 45.000 € und zum anderen erwarten wir für die wichtige und verantwortungsvolle Arbeit in der dritten Staatsgewalt, die nicht nur mit einem hohen gesellschaftlichen Ansehen verbunden ist, auch weiterhin die jeweils besten Absolventinnen und Absolventen. Nach zehn Jahren liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen in der Anwaltschaft bei rund 65.000 €. Ein Nettovergleich zeigt, dass die Einkommen der Richterinnen und Richter sowohl zu Berufsbeginn als auch nach zehn Berufsjahren deutlich über den Einkünften der Anwaltschaft insgesamt liegen, auch wenn in den Großkanzleien erheblich höhere Einkommen möglich sind. Hierzu hat der Gesetzgeber zudem mit der Verabschiedung des Dienstrechtsanpassungsgesetzes beigetragen, in dem die Einstufung junger Richterinnen und Richter unmittelbar in der Stufe 2 erfolgt.

Als direkter Vergleich wäre bspw. einer Anwältin bzw. eines Anwalt mit einem Bruttoverdienst an der Beitragsbemessungsgrenze des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in NRW mit 69.600 € und ein Richter oder eine Richterin in der Endstufe R 1 (jeweils verheiratet, 2 Kinder) denkbar. Für die Anwältin bzw. den Anwalt ergibt sich nach Steuern, ohne Beiträge zum Versorgungswerk (18,9 %) und für die Krankenversicherung (ohne AG-Anteil), ein Nettoeinkommen von 56.600 €, während eine Richterin oder ein Richter Netto 58.600 €, bei einer beitragsfreien Versorgung und 70 % Beihilfen im Krankheitsfall, vorweisen kann. Diese Differenz wird dem besonderen Ansehen und der Verantwortung der Richterin oder des Richters im Vergleich noch gerecht.

In einer Gesamtbetrachtung ist zudem die Altersversorgung heranzuziehen. Hier ergeben sich für Anwältinnen und Anwälte aus den aktuellen Mitteilungen des Versorgungswerks der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte NRW für die Jahre 2012/2013, dass ab 67 Jahren eine Altersrente in Höhe von 4.018,50 € erreicht werden kann. Voraussetzung sind eine Beitragszahlung ab dem 28. Lebensjahr auf Grundlage des Regelbeitrags in Höhe von 1.096,20 € monatlich, der sich an der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 69.600,00 € und einen Beitrag von 18,9 % orientiert. Aufgrund der vorherigen Feststellungen und einem erst nach zehn Jahren zu erwartenden höheren Anstieg der Einkünfte in der Anwartschaft, ist anzunehmen, dass nur in wenigen Fällen oder nur durch weitere erhebliche zusätzliche Einzahlungen in das Versorgungswerk eine Altersrente in dieser Höhe erreicht wird. Im Vergleich dazu liegt das derzeitige Ruhegehalt einer Richterin oder eines Richters in der Besoldungsgruppe R1 ab 65 Jahren bei 4.041,70 € (zzgl. 70% Beihilfe).

Der Vergleich der R-Besoldung unterstützt dabei die Feststellung der Landesregierung, dass auch im Bereich der B-Besoldung weiterhin eine amtsangemessene Alimentation vorliegt, da bspw. B1 in etwa mit R1 in der Endstufe vergleichbar ist und insbesondere im typischen Bereich der B-Besoldung, also dem höheren Verwaltungsdienst, ein hoher Anteil an Volljuristinnen und Volljuristen festzustellen ist.

Bei Angestellten in der Privatwirtschaft sind neben harten Einbrüchen durch Arbeitslosigkeit jedoch auch Zeiten ohne Tarifsteigerungen nicht selten. Von 53 Tarifverträgen im Tarifregister des Landes NRW gab es in den letzten beiden Jahren in 14 keine Tarifsteigerungen. Zusammenfassend ergibt sich dadurch aggregiert eine deutliche Besserstellung von Beamtinnen und Beamten sowie Pensionärinnen und Pensionären gegenüber Angestellten sowie Rentnerinnen und Rentnern bei der Vermögensverteilung und in den Haushaltsnettoeinkommen in Deutschland. Von einer Abkopplung der Beamtinnen und Beamten von der allgemeinen Entwicklung des gesellschaftlichen Lebensstandards kann daher nicht ausgegangen werden.

Beim entscheidenden Vergleich der Vergütungen zwischen den Tarifangestellten des Landes, die dieselben Tätigkeiten wahrnehmen, und beamteten Beschäftigten müssen die systemimmanenten Unterschiede ebenfalls mit berücksichtigt werden. Als Vergleichsmaßstab lassen sich daher am ehesten Jahresnettoeinkommen in der Endstufe vergleichen. Für einen typischen Angestellten und Beamtinnen und Beamten, verheiratet, 2 Kinder- lassen sich daher folgende Nettovergütungen in € (Beamte incl. PKV-Kosten von 6 600 € p.a.) festhalten:

Nettobezüge 2014 Tarifangestellte Beamte Differenz

E10/A10 34 123 34 484 + 361

E11/A11 36 257 36 728 + 469

E12/A12 38 505 39 949 + 1 444

E13/A13 39 208 43 006 + 3 798

E14/A14 40 954 46 328 + 5 374

E15/A15 44 570 51 528 + 6 956

Für Ledige ohne Kinder in der Endstufe, Steuerklasse I, ergeben sich folgende Nettovergütungen in € (Beamte incl. PKV-Kosten von 3 600 € p.a.):

Nettobezüge 2014 Tarifangestellte Beamte Differenz

E10/A10 29 002 29 694 + 692

E11/A11 30 737 31 673 + 936

E12/A12 32 471 34 408 + 1 937

E13/A13 33 011 36 945 + 3 934

E14/A14 34 362 39 642 + 5 280

E15/A15 37 289 43 957 + 6 668

Für diese von der gestaffelten Tarifübertragung betroffenen tarifäquivalenten Besoldungsgruppen lässt sich aufgrund der Differenzen feststellen, dass die Alimentation amtsangemessen bleibt. Durch die Wahrung des Abstandsgebots ist festzuhalten, dass auch für die B, C, R und W-Besoldung noch eine Amtsangemessenheit im Vergleich zu Tarifbeschäftigten zu konstatieren ist. Insbesondere für die W-Besoldung wurde bereits im Rahmen des Dienstrechtsanpassungsgesetzes eine Aufstockung der Grundgehälter mit Mehrausgaben von 25 Mio. € vorgenommen. Dabei geht der Landtag davon aus, dass im Jahr 2012 insbesondere durch die 1:1 Übernahme in 2011 noch eine Amtsangemessenheit vorlag und dementsprechend von dieser mit der vorgesehenen vollen Tarifsteigerung bei den Besoldungsgruppen bis A 10 auch weiterhin unzweifelhaft gegeben ist.

Die steigenden Nettolohndifferenzen zwischen E 10/A 10 und E 15/A 15 bei den höheren Besoldungsgruppen resultieren besonders aus der Befreiung von Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen sowie der regressiven Wirkung der gehaltsunabhängigen Beiträge zur privaten Krankenversicherung.

Die Steuermehrbelastungen der letzten Jahre haben darüber hinaus zu einer unterproportionalen Belastung von höheren gegenüber niedrigeren Besoldungsgruppen durch die Besoldungserhöhungen geführt. Dabei waren die Auswirkungen der Inflation auf die Besoldungsgruppen ebenfalls unterschiedlich. In den höheren Besoldungsgruppen ist eine deutlich höhere Sparquote zu verzeichnen, so dass die Auswirkungen von Preissteigerungen insbesondere im Bereich der Lebenshaltungskosten deutlich geringer ausfallen. Auch in Bezug auf die unterschiedlichen Warenkörbe ist regelmäßig eine dämpfende Wirkung auf die allgemeine Inflationsrate durch höherwertige Freizeit- und Konsumgüter, bspw. elektronische Geräte, festzustellen, deren Konsum bei höheren Besoldungsgruppen tendenziell größer ist.

Eine differenzierte Behandlung durch den Gesetzgeber hat das Bundesverfassungsgericht auch bereits als verfassungsgemäß bestätigt: „Es ist nicht sachwidrig, von Empfängerinnen Empfängern höherer Bezüge bei einer allgemeinen Anpassung einen begrenzten "Sparbeitrag" mit der Erwägung zu fordern, dass sie von einer allgemeinen Teuerung, zu deren Ausgleich die lineare Erhöhung der Besoldung und Versorgung beitragen soll, jedenfalls teilweise weniger stark betroffen sind.“ (BVerfG, 2 BvR 571/00)

Vor diesem Hintergrund sind die durch die Staffelung bei einer vierköpfigen Familie bei der Besoldung aus der Endstufe und einer unterstellten Inflationsrate von 1,6 % pro Jahr folgende Reallohnverluste:

A 11 28,03 € pro Monat

A 12 30,42 € pro Monat

A 13 93,29 €. pro Monat

A 14 101,55 € pro Monat

noch zu vertreten. Dabei ist hinzuzufügen, dass durch die volle Übertragung des Tarifergebnisses auf die Zulagen bei einer vierköpfigen A 13er Familie ebenfalls eine Besoldungserhöhung um 0,6 % erfolgt. Daneben werden die für die Versorgungsrücklage notwendigen Rückstellungen von 0,2 %, abgeführt, ohne diese bei den Bezügen abzuziehen.

Neben den Bezügen der aktiven Beschäftigten müssen jedoch auch die Ruhegehälter der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger amtsangemessen sein. Bei einer Pensionärin oder einem Pensionär in A 14 in der Endstufe, Steuerklasse III, ergibt sich ein Netto von 35.154 €. Bei Eckrenten (ehemals E 14) ergibt sich inklusive der Zusatzversorgung aus der VBL eine Nettorente von 33.715 €. Dies führt zu einer Nettodifferenz von 1.439 €.

Bei der Versorgung sind die Pensionssteigerungen der letzten 6 Jahre incl. 2013 um ca. 3,6 Prozentpunkte zzgl. eines Sockelbetrages höher gewesen, als die Rentensteigerungen der gesetzlichen Rentenversicherung (West), weshalb eine entsprechend reduzierte Übertragung des Tarifergebnisses auf die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger auch im höheren Dienst nicht den Kernbereich der amtsangemessenen Versorgung beschneidet.

Jahr GRV Versorgung

2008 1,10 % 2,9 %

2009 2,41 % 3,0 %

2010 0,00 % 1,2 %

2011 0,99 % 1,5 %

2012 2,18 % 1,9 %

2013 0,25 % 0,0 %

Summe 6,93 % 10,5 %

Das Land verfolgt bei der Konsolidierung einen Dreiklang aus Einnahmensteigerungen, Investitionen in die Zukunft und Ausgabensenkungen durch Aufgaben- und Ausgabenkritik.

Deshalb hat das Land bereits eine Vielzahl von strukturellen Verbesserungen vorgenommen und geplant:

Mehreinnahmen bei den Landessteuern durch die Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes auf 5 %, Gebühren und Beitragssteigerung bspw. beim Wasserentnahmeentgelt.

Einsparungen im Haushalt 2013 in Höhe von 970 Mio. € über alle Bereiche, also auch bei der Denkmalpflege, dem Straßenbau, den PTAs, Kultur usw. . Hebung von Synergiepotenzialen und Einsparmöglichkeiten bei den Landesbetrieben, die weitere Umstellung von Zuschüssen auf Darlehen durch eine Fusion der Oberfinanzdirektion sowie durch die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung.

Die Personalkosten machen rund 43 Prozent des Landeshaushalts aus. Ein Ausgabeblock in dieser Größenordnung kann bei der Konsolidierung des Haushalts nicht außen vor bleiben.

Würde dieser Teil des Haushalts von Einsparungen ausgenommen, müssten die Einsparungen in den anderen Bereichen fast doppelt so hoch ausfallen.

Als Kompensation der Mehrkosten einer 1:1 Übertragung für den Landeshaushalt wären 14.000 Stellen abzubauen. Gemäß der Anteile der einzelnen Bereiche am Personalhaushalt wären folgende Stellenkürzungen notwendig:

Schule 7 538

Polizei 2 224

Justiz 1 564

Finanzverwaltung 1 187

Sonstige 1 487

Dies hätte sowohl auf die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung negative Folgeeffekte in nicht quantifizierbarer Höhe sowie auf die Arbeitsverdichtung der Beamtinnen und Beamten durch die notwendigen Beförderungsstopps und Arbeitszeitverlängerung die zur Umsetzung und Steuerung des Abbaus notwendig wären. Eine unmittelbare Verschlechterung der individuellen Arbeits- und Lebenssituation jedes Beschäftigten im öffentlichen Dienst wäre die Folge gewesen.

Die Einsparungen durch die gestaffelte Übertragung gegenüber einer 1 : 1 Umsetzung des Tarifergebnisses liegen unterhalb der Anteile des Personalbereichs an den Gesamtausgaben und der notwendigen Konsolidierungsvorgaben. Von einer übergebührlichen Belastung der Beamtinnen und Beamten kann deshalb nicht gesprochen werden.

Wir brauchen einen starken öffentlichen Dienst als wesentliche Voraussetzung für einen handlungsfähigen, bürgerfreundlichen Staat und als wichtige Säule für ein demokratisches und friedliches Zusammenleben. Hierfür brauchen wir motivierte und qualifizierte Beschäftigte – Angestellte wie Beamte und Richter. Die Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter in NRW tragen durch ihre Amtsführung wesentlich dazu bei, das hohe Niveau der öffentlichen Dienstleistungen in unserem Bundesland auch in Zeiten enger Haushalte aufrecht zu erhalten. Die mit dem Dienstrechtsanpassungsgesetz begonnene nachhaltige Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts werden wir noch in dieser Legislaturperiode in einer Großen Dienstrechtreform münden lassen, deren Eckpunkte der Landtag bereits mit der Entschließung „Wir reformieren das Dienstrecht“ (Drs 16/2961) beschlossen hat.

Die Besoldung der Landes- und Kommunalbeamten in Nordrhein-Westfalen zum 1.1.2013 wird als amtsangemessen im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG bewertet. Mit der in dem Gesetzentwurf der Landesregierung (Drs. 16/2880) vorgesehenen gestaffelten Besoldungsanpassung ist die Amtsangemessenheit aller Besoldungsgruppen sowie in den R- und W-Besoldungen gewahrt.

Dem Landesgesetzgeber steht mit der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Landes- und Kommunalbeamten (früherer Artikel 74 a GG) – geändert durch die Föderalismusreform I – seit 2006 die Entscheidung über die Übertragung von Tarifabschlüssen auf die Beamtinnen und Beamten des Landes NRW zu.

Der Landesgesetzgeber hat hierbei, wie bei allen anderen beamtenrechtlichen Fragestellungen, einen gesetzgeberischen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum. Diesen nutzen die Bundesländer in der Frage, ob und in welcher Weise der Tarifabschluss für die Tarifangestellen übernommen wird, in eigener Verantwortung in unterschiedlicher Weise. Begrenzt wird dieser insbesondere durch das Recht des Beamten und der Beamtin auf eine amtsangemessene Alimentierung, Art. 33 Abs. 5 GG.

Die nicht 1:1 – zeit- und wirkungsgleich – erfolgende Übertragung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in den Jahren 2013 und 2014 auf alle Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern des Landes NRW stellt somit so solange keinen Verstoß gegen den grundgesetzlichen Anspruch dar, wie die amtsangemessene Alimentierung im Übrigen gewahrt bleibt.

Der Gesetzgeber hat die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere die allgemeine Lohn- und Gehaltsentwicklung, bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Dabei ist auf die Nettolohnentwicklung sowohl im Vergleich zu den Tarifangestellten im Öffentlichen Dienst der Länder als auch in der Privatwirtschaft abzustellen. Dies führt hier zu dem Ergebnis, dass die Amtsangemessenheit der Alimentation gegeben ist.

a. Festzustellen ist – ausweislich des Tarifregisters –, dass nur ein Teil der Tarifverträge in NRW einen tariflichen Zuwachs der Bruttolöhne enthält.

b. Die allgemeine Bruttolohnentwicklung wird in der jährlichen Rentenanpassungsformel deutlich. Diese lag im Jahr 2013 in Westdeutschland bei 0,25 % (zugrunde liegende Bruttolohnentwicklung West 1,5%) und erlaubt den Schluss, dass die allgemeine Lohnentwicklung weit hinter einzelnen Tarifergebnissen zurückbleibt und diese damit für sich genommen wenig repräsentativ sind. Besonders eine mehrjährige Betrachtung zeigt die im Zeitablauf schwache Entwicklung.

c. Die Nettolohnentwicklung folgt der allgemeinen Bruttolohnentwicklung unter Einbeziehung der Entwicklung der sozialversicherungsrechtlichen Beiträge und von steuerlichen Einflüssen. Hier ist festzustellen, dass der geringfügigen Entlastung bei den sozialversicherungsrechtlichen Beiträgen in den unteren Lohn- und Gehaltsgruppen der angestellten Beschäftigten einer allgemeinen deutlichen steuerlichen Entlastung in den oberen Lohn- und Gehaltsgruppen gegenübersteht.

Die Nettolohnentwicklung der vergangenen Jahre beruht somit auf einer insgesamt weiter verhaltenen allgemeinen Bruttolohnentwicklung und wird durch die ungleichmäßige Entwicklung der sozialversicherungsrechtlichen Beiträge und der steuerlichen Belastung maßgeblich in ihrem Nettoeffekt für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft bestimmt. Sie ist ursachengerecht bei der Besoldungsanpassung zu berücksichtigen.

Der Gesetzgeber hat sich vor diesem Hintergrund der allgemeinen differenzierten Nettolohnentwicklung anhand der Besoldungstabellen mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine allgemeine lineare Alternative über alle Besoldungsstufen hinweg der Amtsangemessenheit der Besoldung in den einzelnen Besoldungsgruppen entsprechen würde.

Für die Besoldungsgruppen bis einschließlich A 10 wird aufgrund des Besoldungsniveaus, der Kaufkraftbindung sowie der Entwicklung der allgemeinen Preise der Lebenshaltung die Notwendigkeit der Übertragung des Tarifergebnisses anerkannt. Insbesondere war hier zu berücksichtigen, dass die Erhöhung der Nettolöhne durch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, die der Bundesgesetzgeber mit einer notwendigen Steigerung der Netto-Löhne und Gehälter in den unteren und mittleren Lohn- und Gehaltsgruppen sozialversicherungspflichtig Beschäftigter begründet hat, sonst nicht angemessen zum Tragen gekommen wäre. Für die Besoldungsgruppen A 11, A 12 gilt dies nur in abgeschwächter Weise, insbesondere sind hier steuerliche Belastungsauswirkungen in Rechnung zu stellen, die die unteren Besoldungsgruppen überproportional belasten. Die erfolgte Anlehnung der prozentualen Erhöhung an die angenommene durchschnittliche Bruttolohnentwicklung wird hier auch in ihrem Nettoeffekt nicht wesentlich verzerrt. Für die Besoldungsgruppen ab A 13 war zusätzlich zu berücksichtigen, dass die steuerlichen Entscheidungen der letzten Jahre in den höheren Besoldungsgruppen ihre Entlastungswirkung voll entfaltet und somit zu einem relativen Nettolohnzuwachs gegenüber den unteren Besoldungsgruppen jenseits der Übernahme der Tarifergebnisse geführt haben.

Die Staffelung der Besoldungsanpassung erfolgt so gerade um der Amtsangemessenheit der Besoldung weiter individuell gerecht zu werden, den aufgrund des Abstandsgebots notwendigen gleitenden Übergang sicherzustellen und Schlechterstellungen der unteren Besoldungsgruppen aufgrund der nicht vorhandenen Entlastung durch die Rückführung der Sozialversicherungsbeiträge zu vermeiden.

Die vorgenommenen Staffelungen sind so aufgrund der ab A 10 steigenden Differenzen zu den Tarifangestellten, der Begünstigung von höheren Besoldungsgruppen bei Steuerrechtsänderungen sowie der unterschiedlichen Auswirkungen der Inflation nachvollziehbar, gerecht und angemessen. Sie führt zu dem Ergebnis, dass die Amtsangemessenheit der Alimentation gegeben ist.

Der Landesgesetzgeber hat die Auswirkungen der gestaffelten Tarifanpassung auf das Nettolohnniveau bei vergleichbaren Tätigkeiten sowohl im Bereich der Tarifangestellten im Öffentlichen Dienst als auch im Bereich der Angestellten in der Privatwirtschaft zu überprüfen. Diese Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die Amtsangemessenheit der Alimentation gegeben ist.

a) Die Nettovergütung der Beamtinnen und Beamten liegt auch nach der gestaffelten Übernahme des Tarifabschlusses in allen Besoldungsgruppen über dem Niveau der Tarifbeschäftigten bei gleicher Tätigkeit. Auch die Steigerungen der Ruhegehälter sind im Zeitablauf höher als die der Rentnerinnen und Rentner. Besonders drastisch zeigt sich dies im Vergleich zwischen den verbeamteten Lehrerinnen und Lehrern zu ihren angestellten Kolleginnen und Kollegen.

b) Ungleich schwieriger fällt der Vergleich der Nettobezüge eines Beamten bzw. einer Beamtin zu denen von Beschäftigten in der Privatwirtschaft und von Selbstständigen aus. Die einzelnen Komponenten der Entlohnung, der sozialversicherungsrechtlichen Beitragspflicht sowie der Altersruhebezüge weisen zum Teil rechtlich und faktisch strukturelle Ungleichheiten auf, die einen 1:1 Vergleich der Bruttoverdienste unmöglich und der Nettobezüge schwer möglich machen. Auf die Betrachtungen zur allgemeinen Nettolohnentwicklung (Pt. 5) wird verwiesen.

Nach der durchgeführten Anhörung sowie den Erörterungen im Rechts-, Innenund Finanzausschuss liegen jedoch keine evidenten Erkenntnisse darüber vor, dass bei einer gestaffelten Anpassung abweichend von der allgemeinen Nettolohnentwicklung ein Beamter bzw. eine Beamtin des gehobenen oder höheren Dienstes bei gleicher Tätigkeit im Ergebnis unangemessen besoldet werden würde. Die in einen Vergleich einzubeziehenden Besonderheiten des Beamtenverhältnisses insbesondere im Hinblick auf die Unkündbarkeit, diverse Zulagen und Zuschläge, die Versorgung bei Krankheit und im Alter bei einer weitgehenden Beitragsfreiheit in der Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung bei einem im Vergleich sehr hohen Versorgungsniveau im Vergleich zu vergleichbaren Beschäftigten in der Privatwirtschaft sowie Selbstständigen wurden hier in besonderer Weise als Bestandteil der verfassungsrechtlich gebotenen Alimentation gewertet.

Der exemplarische Vergleich einer Richterin oder eines Richters der Besoldungsstufe R 1 mit einem freiberuflich tätigen Rechtsanwalt zeigt auch hier eine noch angemessene Differenz. Dies unterstützt auch die weiteren, insbesondere von Volljuristinnen und Volljuristen geprägten, Besoldungsordnungen und Ämter.

Im Vergleich zur Privatwirtschaft verfügen die Beamtinnen und Beamten über eine Vielzahl von zu berücksichtigenden Vorteilen, wie bspw. einer besseren Versorgung bei fehlenden Eigenbeiträgen, umfangreichen Beihilfen für Krankheitskosten, sowie ein dauerhaft gesichertes Einkommen, die auch bei geringeren Bruttoeinkommen netto zu einem höheren Lebenseinkommen führen können.

Der Landesgesetzgeber hat sich weiterhin mit dem Abstandsgebot auseinanderzusetzen. Hierbei waren die Abstände zwischen A 10 und A 11 sowie zwischen A 12 und A 13 aufgrund der Staffelung besonders zu bewerten. Nach der gestaffelten Übernahme des Tarifergebnisses beträgt der Abstand zwischen A 10 und A 11 zukünftig 261,39 € (7,7 %) und zwischen A 12 und A 13.362,59 € (9 %) monatlich in der Endstufe. Der Abstand zwischen den unterschiedlichen Ämtern ist insbesondere auch im Hinblick auf die prozentualen Unterschiede weiterhin amtsangemessen.

Insgesamt lässt sich ein im Vergleich zu den Tarifangestellten (Entgelttabelle TV -L-) auch weiterhin größerer Abstand zwischen unterschiedlichen Besoldungsstufen feststellen als dies bei den unterschiedlichen Entgeltgruppen der Fall ist.

Anders als teilweise dargestellt, handelt es sich bei der gestaffelten Besoldungsanpassung nicht um ein Sonderopfer.

Im Rahmen der grundgesetzlich gebotenen Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3 GG) sind die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten aufzustellen. Nach der Übergangsregelung gem. Art. 143 d Abs. 1 GG sind die Haushalte der Länder bis zum Haushalt 2020 so aufzustellen, dass bis zum Haushaltjahr 2020 diese Vorgabe einzuhalten ist. Das Bundesverfassungsgericht erkennt hierbei ausdrücklich an, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Dienstherrn ein Faktor ist, „der bei der Festsetzung der Besoldung berücksichtigungsfähig ist“. Der Umstand, dass das Ziel der Haushaltskonsolidierung seither Verfassungsrang erhalten hat, verstärkt das Gewicht dieses Faktors.

Bei der Erfüllung dieses Verfassungszieles verfolgt das Land NRW einen Dreiklang aus Einnahmesteigerungen, Investitionen in die Zukunft und Ausgabensenkungen. Bei den Ausgabensenkungen werden gleichermaßen die Sach-, Personal- und Investitionshaushalte herangezogen, um einseitige Härten zu vermeiden. Der Landtag unterstützt die Landesregierung darin, auch und gerade in Zeiten besserer wirtschaftlicher Rahmendaten als in anderen EU-Mitgliedsstaaten und einer Niedrigzinsphase diesen Kurs fortzusetzen.

Dies wird deutlich im Vergleich zum hier dargestellten Gesamthaushaltsvolumen von rund 60 Mrd. €, in dem der Personalbereich sogar unterdurchschnittlich an den zu erbringenden Konsolidierungsbeiträgen beteiligt wird. Eine höhere Belastung der Beamtinnen und Beamten erfolgt so nicht, wohl aber die Einbeziehung in die allgemeine Konsolidierungsstrategie zur Erreichung der grundgesetzlich vorgegebenen Schuldenbremse, Art. 109 Abs. 1 GG.

Dies wird ebenso deutlich in der Abwägung der gestaffelten Besoldungserhöhung, die aufgrund der unterschiedlich zu gewichtenden Nettolohnentwicklung und deren Auswirkung auf die Amtsangemessenheit in der einzelnen Besoldungsstufe erfolgt. Der Landtag nimmt damit seine vom Bundesverfassungsgericht als zweite Säule des Alimentationsprinzips statuierte prozedurale Pflicht wahr und kommt insbesondere seinen Begründungs-, Beobachtungs- und Überwachungspflichten nach. Die Amtsangemessenheit der Alimentation wird er laufend und im Rahmen der Tarifanpassungen in zwei Jahren erneut überprüfen müssen.

MfG

Priggen