Frage an Reiner Priggen von Holger S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Priggen,
als einer der Beamten des Landes, dem über die Einstufung zum "Besserverdiener" für zwei Jahre der Inflationsausgleich komplett gestrichen wurde, verfolge ich das Thema Beamtenbesoldungsgesetz 2013 mit großem Interesse. Sie sind der erste Koalitonspolitiker, bei dem ich feststellen kann, dass er sich die Mühe macht, die Argumente der Kritiker tatsächlich zu lesen und sich um konkrete Antworten bemüht. Dafür möchte ich Ihnen zunächst meinen Respekt aussprechen. Daher habe ich die Hoffnung, dass sie der erste sein werden, der zu den folgenden Punkten ernsthaft Stellung bezieht und nicht in Allgemeinplätze ausweicht.
1.
Wir sind uns einig, dass NRW drastisch sparen muss. Schuld daran sind die Wähler, die über Jahrzehnte immer den gewählt haben, der Ihnen am meisten versprochen hat. Folglich sind auch moralisch - rechtlich ohnehin - die Schulden die Schulden aller Bürger. Meinen Sie nicht, dass dann auch die Bürger über die Erhöhung von Steuern und die Kürzung von Leistungen für die Schulden aufkommen müssten? Ich weiß es erfordert mehr Mut als diejenigen Menschen, die die Leistungen (Sicherheit, Bildung, Recht, etc.) für alle erbringen und die sich als Beamte nicht durch Streiks wehren dürfen, zu zwingen ihre Leistungen für weniger Geld zu erbringen?
2.
Warum behandelt man Beamte schlechter als Angestellte? Das Land hat einen Tarifvertrag geschlossen, bei dem alle Angestellten bis in die Spitzenbesoldung (die deutlich über A13 liegt) pauschal mehr Geld bekommen? Wo bleibt da der Gesichtspunkt Gerechtigkeit und starke Schultern?
3.
Warum soll diese Lösung besser sein als eine Kürzung des Weihnachtsgeldes? Das Weihnachtsgeld beträgt für uns nur 30% eines Monatsgehaltes. Der dauerhafte "Verzicht" auf mehr als 5% (ab 2014) entspricht dem Entzug von mehr als dem Doppelten des Weihnachtsgeldes. Mit dem "Vorteil" für die Koalition, dass man in Zukunft noch immer das Weihnachtsgeld zum Streichen hat.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Schlüter
Sehr geehrter Herr Schlüter,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Es nützt uns beiden nichts über die Wähler zu klagen die immer diejenigen gewählt haben die am meisten versprochen haben. Die Bundeskanzlerin verspricht im Moment 28 Milliarden neue Leistungen darunter Kindergeld und Kinderfreibetrag in einer Höhe von rd. 7 Mrd. € und das allein trifft uns in NRW mit rd. 750 Mio. Euro jährlich. Der Rest der 28 Mrd. käme dann anteilsmäßig noch oben drauf und das sind bei allen Bundesangelegenheiten immer rd. 10 % für NRW. Und wenn im Bund seit mehr als 40 Jahren jedes Jahr neue Schulden aufgenommen wurden und nie getilgt wurde, hilft auch der Verweis auf Wahl Alternativen ja wohl ehrlicherweise wenig.
Die einzige neue Situation in der Debatte ist die im Grundgesetz jetzt verbindlich für alle Bund und Länder festgelegt Schuldenbremse für 2020. Die zwingt nun den Bund und die Länder zum Umsteuern.
Der Einbezug der Bürger über Steuern und Kürzungen von Leistungen ist für das Land wegen der sehr eingeschränkten Steuerkompetenz kaum nutzbar. Wir haben nur die Grunderwerbsteuer als einzige originäre größere Steuerquelle die das Land selber erheben kann. Die anderen Steuern sind Bundesentscheidungen. Wir müssen allerdings noch stärker in alle Förderprogramme und auch in die bisherigen freiwilligen gesetzlichen Leistungen einschneiden um die notwendigen Einsparungen zu erzielen. Ich habe aber keine Illusion, dass auch das auf erbitterte Proteste stoßen wird. Ich könnte Ihnen gerne die teilweise sehr heftigen Reaktionen aus dem Denkmalschutz bei einer Kürzung von 2 Millionen Euro im laufenden Haushalt oder aus anderen Bereichen schicken. Das nützt aber alles nichts. Das Personal hat einen Kostenanteil von rd. 43 % und muss auch einen Einsparbeitrag erbringen, aber nur einen Teil. Das Weihnachtsgeld soll nicht gestrichen werden. Es wäre aus meiner Sicht sinnvoller es in das Gehalt zu integrieren. Dann wäre Ihre Befürchtung in dem Punkt gegenstandslos.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Priggen