Frage an Reimer Böge von Norman S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Böge,
Sie vertreten uns deutsche Bürger seit vielen Jahren im europäischen Parlament und habe so Anteil an vielen Entwicklungen, die auch massiv auf unseren deutschen Arbeitsmarkt Einfluss nehmen.
Gestern hat mit der Firma Wellemöbel(Bad Lippspringe/ 100 Mio Jahresumsatz) wieder ein deutsches Unternehmen der Möbelindustrie Insolvenz anmelden müssen, um sich und die damit 930 deutschen Arbeitsplätze zu restrukturieren. Diese Firma schafft es nicht mehr im Wettbewerb mit polnischen Mitanbietern wirtschlaftlich zu arbeiten. Polne hat geringere Lohnkosten, die Steuern sind niedriger und dass ist das eigentliche Problem und eine massive Wettbewerbsverzerrung - Die EU Subventioniert Investitionen in Immobilien und Maschinen in Polen mit 70! Prozent... Bitte beantworten Sie meine Frage ganz konkret: Finden Sie das richtig oder nicht? Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn Sie es tatsächlich schaffen mit Ja oder Nein zu antworten.
Sehr geehrter Herr Schirm,
ich danke Ihnen für Ihr Schreiben vom 29.11.2014.
Vorweg: in der Politik darf es nie eine plakative Antwort geben, die eine umfangreiche Frage lediglich mit einem "ja oder nein" beantwortet! Dafür sind die Problemstellungen und Herausforderungen unserer Zeit zu komplex und wichtig, als dass ihnen ein einfaches "ja oder nein" gerecht werden würde. So einfach darf man es sich nicht machen!
Die EU und der EU-Binnenmarkt sind für Deutschland als Exportnation und die deutsche Wirtschaft von größtem Nutzen. Deutschland hat 2013 Waren im Wert von rund 199 Milliarden Euro mehr exportiert als importiert. Das ist nicht nur der bislang größte Exportüberschuss der deutschen Geschichte, sondern auch der größte weltweit. 2013 entfiel mit 66 Prozent der Hauptteil des deutschen Warenverkehrs auf den Handel mit den EU-Mitgliedstaaten. Im Jahr 2013 betrug der Wert der Exporte aus Deutschland in Länder der Europäischen Union rund 623,5 Milliarden Euro. Der deutsche Exportüberschuss beim Handel innerhalb der EU war ist so groß, dass dies sogar zu kritischen Tönen in der EU-Kommission führte.
Ungleichheiten, Fehlerpotential und Verzerrungen zwischen Mitgliedstaaten und Regionen können ihren Ursprung im Bereich der Strukturfonds haben, die über die Landesministerien der Mitgliedstaaten abgewickelt werden. Ähnliche Erscheinungen gab es schon bei der Zonenrandförderung in der "alten Bundesrepublik".
Im Sinne der Subsidiarität ist es zu begrüßen, dass EU-Gelder vor Ort im Rahmen der unterschiedlichen Programme eingesetzt werden wo sie gebraucht werden. Dies darf jedoch nicht zu Missbrauch oder falscher Verwendung der Gelder vor Ort führen. Der Rechnungshof, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Ausschuss für Haushaltskontrolle des Europäischen Parlaments sind ständig solchen Fällen auf der Spur uns versuchen sie wirkungsvoll abzustellen.
Die aktuelle Strukturfondsverordnung Nr. 1303/2013 legt eindeutig fest, dass Standortverlagerungen und hiermit verknüpfte Inanspruchnahme von Strukturfonds nicht erlaubt sind.
Die Beweisführung für die Verlagerungen von Firmen aufgrund von EU-Hilfen ist nicht einfach. Oft könnten Betriebsverlagerungen nur sehr schwer ausschließlich auf EU-Subventionen zurückgeführt werden. In der Regel gibt es ein Bündel von Motiven für eine Betriebsverlagerung. Grundsätzlich stehen alle europäischen Regionen in einem Standort- und Steuerwettbewerb. Die unzulässige Option auf zusätzliche Strukturfondsmittel sollte aber nie den entscheidenden Anstoß zur Standortverlagerung bieten.
Mit freundlichen Grüßen
Reimer Böge