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Regina Kästner
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Frage von Oliver F. •

Als ehemalige Mitarbeiterin eines großen, völlig unrentablen Krankenhauses in Leipzig haben Sie bestimmt eine Idee: Welches "Sofortprogramm zur Erhaltung unserer Krankenhäuser" schlagen Sie vor?

Guten Tag Frau Dr. Kästner. Im April hat die Stadt Leipzig den Kreditrahmen für das Klinikum St. Georg um 100 Mio. Euro auf 200 Mio. Euro & die Laufzeit der Kreditlinie bis 2029 verlängert. Welche weiteren Sofortprogramme zur Erhaltung von Krankenhäusern schlagen Sie und Ihre Partei vor? Noch mehr Geld vom Steuerzahler für unwirtschaftlich handelnde Kliniken? Der Krankenhausbetrieb unwirtschaftlicher Kliniken wird auch mit immer mehr Zuschüssen auf Dauer nicht abgesichert sein. Es ist verbranntes Geld. Das gilt besonders für das Klinikum St. Georg. Es wird sich nicht aus eigener Kraft sanieren können. Das hat die Vergangenheit gezeigt. Das Klinikum St. Georg ist nicht unbedingt die erste Adresse für ernsthaft kranke Menschen in Leipzig. Die Fallzahlen und das Ansehen des St. Georg in Leipzig zeigen das und Sie sollten es auch wissen als ehemalige Mitarbeiterin. Unrentable Kliniken - egal wie groß sie sind - müssen geschlossen werden.

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Antwort von
BSW

Lieber Hr. F., danke für Ihre Frage.

Was das Klinikum St. Georg betrifft, haben Sie in einigen Punkten sicher Recht. Da sind Fehler im Management, in der Kommunikation mit den Mitarbeitern, im Personalmanagement usw. gemacht worden. Das führte zu viel Frust bei den Mitarbeitern, dämpft auch die Motivation und Stimmung im Klinikum.

Trotzdem, und hier spreche ich aus meiner Erfahrung, sind im Klinikum alle sehr motivierte Mitarbeiter, die Ihre ganze Kraft, oft bis zur Erschöpfung und ohne Rücksicht auf die Belange der eigenen Familien alles für das Wohl der Patienten geben. Es tut mit leid, sollten Sie andere Erfahrungen gemacht haben. Aber es gibt auch überwiegend positive Stimmen über das Klinikum St. Georg.

Nun weiter zu den angesprochenen Problemen. Seit den letzten, eigentlich 20 Jahren wurde unser einstmals sehr gutes Gesundheitswesen herunter gewirtschaftet. An allem wurde gespart. Personalabbau, Verzicht auf bauliche Veränderungen und Reduzierung der Investitionen in medizin. Gerät haben zur heutigen Situation geführt. Verschärft hat sich die Problematik noch durch die Corona-Pandemie und besonders mit den steigenden Betriebskosten (Strom, Heizung, Energie) und steigenden Lohnkosten. Unsere Krankenhäuser sind heute alle nicht mehr in der Lage ihre Betriebs- und Personalkosten und gleichzeitig dringend notwendige Investitionen zu stemmen. Hier muß die Politik aktiv werden und ihre verfassungsmäßig garantierte Aufgabe der Daseinsfürsorge wahrnehmen. 

Das Sofortprogramm soll alle, aber besonders den kleinen, von Schließung bedrohten Krankenhäuser in eher ländlich geprägten Regionen Sachsens helfen.

Wir brauchen diese Krankenhäuser für die Akutversorgung der Patienten dringend. Stellen Sie sich vor, ein Forstarbeiter aus dem Erzgebirge verletzt sich. Diesen Patientem  muß schnell und zeitnah geholfen werden, bevor er, wenn nötig, in ein Krankenhaus nach Dresden oder Chemnitz transportiert wird. Dafür sind die Wege zu lang und würden den Patienten nur in noch größere Gefahr bringen. Das Gleiche gilt auch für vermeintlich leichtere Erkrankungen, auch Patienten mit Bewußtlosigkeit, Schlaganfall, Herzinfarkt usw. Hier kann nach einer Erstversorgung der stabilisierte Patient dann gefahrlos in ein Krankenhaus der Maximalversorgung verlegt werden.

Es gäbe noch viel zu sagen. Natürlich kann nicht jedes Krankenhaus das gesamte Spektrum der Medizin anbieten. Aber kleinere Krankenhäuser oder Gesundheitszentren könnten ältere oder nicht mobile Patienten mit chronischen Erkrankungen oder leichten Verletzungen gut versorgen, ohne das längere Wege in große Krankenhäuser und zurück notwendig würden.

Ich hoffe, ich konnte etwas Klarheit schaffen.

Mit freundl. Grüßen!  Dr. Regina Kästner