Portrait von Reem Alabali-Radovan
Reem Alabali-Radovan
SPD
76 %
65 / 86 Fragen beantwortet
Frage von Daniela B. •

Werden Sie dem Antrag 20/4886 der CDU/CSU Fraktion zum Thema ME/CFS zustimmen?

Sehr geehrte Frau Alabali-Radovan,
ich bin 43 Jahre alt, Mutter von vier Kindern und gehöre zu den mindestens 500.000 an ME/CFS erkrankten Menschen in Deutschland. Seit Januar 2022 bin ich schwer am Post-covid Syndrom mit ME/CFS erkrankt. Leider gibt es derzeit keinerlei Behandlung und Versorgung, so ist die Erkrankung weiter fortgeschritten. Ich habe seit Oktober 22 einen Pflegegrad 2 und einen GdB von 50 mit den Merkzeichen G und B. Jetzt bin ich jeden Tag auf Hilfe durch meine Familie angewiesen.
Der zum Thema ME/CFS gestellte Antrag 20/4886 wurde, wie Sie sicher wissen, am 19.01.2023 im Bundestag diskutiert. Alle Fraktionen waren sich einig, dass dringend etwas passieren muss, um den Erkrankten zu helfen.
Ich würde gern wissen, ob Sie persönlich dem Antrag zustimmen werden? Über eine kurze Rückmeldung würde ich mich freuen. Vielen Dank und freundliche Grüße
Daniela B.

Portrait von Reem Alabali-Radovan
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau B.,

vielen Dank für Ihre Frage! Ich wünsche Ihnen persönlich eine baldige Besserung Ihrer gesundheitlichen Situation. 

Die Bundesregierung ist in enger Abstimmung mit dem Parlament, um zahlreiche Maßnahmen auf den Weg zu bringen. In der Ampelkoalition haben wir uns bereits im Koalitionsvertrag auf die Schaffung eines deutschlandweiten Netzwerks von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen für Long-COVID- und ME/CFS-Betroffene verständigt. Nun wird es darauf ankommen, diese Vereinbarung auch zügig umzusetzen. Hierzu laufen zwischen den Beteiligten bereits intensive Gespräche. Selbsthilfevereinigungen und die Akteure des Gesundheitswesens sind aber ihrerseits bereits aktiv geworden und haben Anlaufstellen für die betroffene Menschen und ihre Angehörigen identifiziert und veröffentlicht. Beispiele sind das Fatigue Centrum der Charité — Universitätsmedizin Berlin oder auch das Netz von Long-Covid-Ambulanzen im ganzen Land. Um die Versorgungssituation zügig weiter zu verbessern, haben wir im Parlament mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, im Dezember gesetzlich damit beauftragt, bis zum 31. Dezember 2023 eine Richtlinie für eine berufsgruppenübergreifende koordinierte und strukturierte Versorgung für Personen mit Long-/Post-COVID zu beschließen. Der G-BA kann dabei den Anwendungsbereich der Richtlinie auch auf die Versorgung von ähnlichen oder hiermit in Verbindung stehenden Krankheitsbildern erstrecken. Hierfür käme auch ME/CFS in Betracht.  

In der bevorstehenden Abstimmung im Bundestag bezüglich des Antrags 20/4886 beabsichtige ich, der Empfehlung meiner sachkundigen Kolleg:innen aus dem Gesundheitsausschuss zu folgen. Sie haben aufgrund umfassender Ausschussberatungen und einer öffentlichen Anhörung, die mit einer Vielzahl von Fachleuten durchgeführt wurde, die Ablehnung dieses Antrags nahegelegt.

Klar ist, dass der Antrag ein wichtiges und lange vernachlässigtes Thema anspricht. Sowohl die Plenardebatte in der ersten Lesung als auch die öffentliche Anhörung haben unterstrichen, dass es einen erheblichen Handlungsbedarf gibt und dass es zwingend notwendig ist, sich diesem Thema mit Ernsthaftigkeit und Würde zu nähern.

Leider scheint der vorliegende Antrag von CDU/CSU an vielen Stellen fehlerhaft zu sein. Viele der formulierten Forderungen überschreiten den Kompetenzbereich der Bundesregierung und des Bundestages. Beispielsweise hat die Bundesregierung weder Einfluss auf die Aufnahme von ME/CFS in die ambulante spezialfachärztliche Versorgung noch auf die Berücksichtigung in den Lehrplänen der medizinischen Fakultäten. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen scheinen daher leider nicht umsetzbar zu sein.

Uns ist bewusst, dass die Forschungs- und Versorgungslage für betroffene Menschen und Ihre Angehörigen derzeit nicht zufriedenstellend ist. Darum werden wir nicht nachlassen, Fortschritte in diesem Bereich zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Reem Alabali-Radovan

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Reem Alabali-Radovan
Reem Alabali-Radovan
SPD