Frage an Ramona Pop von Christian F. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Pop,
1. In den letzten Jahren starteten in Berlin-Mitte zahlreiche Umbaumaßnahmen in öffentliche Parks. Leider häufig mit dem Ergebnis, dass die diese Anlagen für JAHRE nicht mehr als Parkanlagen genutzt werden konnten und die Umgebung an Erholungsqualität weiter verlor (z.B. Monbijoupark). Im Effekt wurde also eine gegenteilige Wirkung erzielt. Ebenso gestalten sich Stadtentwicklungsmaßnahmen zur Aufwertung von Straßenzügen. Die Baumaßnahmen werden derart in die Länge gestreckt, dass Anwohner wie anliegende Geschäfte in unverhältnismäßiger Weise unter den (Nicht-)Arbeiten leiden. Ergebnis dieser Stadt-"Entwicklungs"-Politik sind ruinierte Existenzen gerade von Kleinst- und Kleinunternehmern und Verdrängung von Alteinwohnern (z.B. Rosa-Luxemburg-Str.).
Ein Grund für diese Entwicklung ist im Auswahlverfahren der zuständigen Bauträger bzw. auszuführenden Baufirmen zu sehen. In der Regel werden entweder nicht kostendeckende Angebote ausgewählt oder die erbrachten Leistungen nicht rechtzeitig gezahlt - in jedem Fall führt eine Auswahl einer Firma für öffentliche Aufträge durch das Bezirksamt Mitte in 70% der Fälle zu dessen Insolvenz. Verstehen die Grünen es als eine "sozialverträgliche" Politik durch öffentliche Aufträge Arbeiter, Angestellte und Kleinunternehmer in die staatliche Abhängigkeit zu schicken?
2. Berlin-Mitte ist Hauptstadtbezirk eines Landes mit 82 Mill. Einwohnern und Teilzentrum einer europäische Metropole. Die Stadtentwicklungspolitik Dubraus verfolgt dagegen kleinstädtische Ideale (Verkehrsberuhigung bis Tempo 10, Gewerbeverbot in Teilen der Spandauer Vorstadt). Z.T. besteht das Gefühl, reine Wohnviertel zu etablieren. Damit wird jedoch die Attraktivität als Hauptstadtteilzentrum erheblich eingeschränkt. Und es gibt nun einmal nicht sehr viele davon in Dtl. Ich verstehe ein Teil der sozialpolitischen Motivation, halte sie jedoch für zu undifferenziert (siehe oben).
Wie wollen Sie das ändern?
Sehr geehrter Herr Förster,
zu Frage 1:
Es scheint ein mehr subjektiver Eindruck zu sein, dass Parks jahrelang umgebaut werden. Der Umbau des eigentlichen Monbijouparks wird bis zum Herbst abgeschlossen sein. Ausschließlich die Sanierung der Uferspundwände, die Sanierung der Monbijoubrücke und die Herstellung der Uferpromenade zieht sich aufgrund der aufwendigen Arbeiten über mehrere Jahre. Ein Grund ist, dass immer nur Teilbereiche des Parks von Bauarbeiten beeinträchtigt werden sollen. Auch ist die Zusammenarbeit mit der sehr autark agierenden Schifffahrtsdirektion wohl nicht immer einfach. Und die Strandbar im Monbijoupark soll trotz der Bauarbeiten ein ausreichend großes Areal zur Verfügung haben.
Bauarbeiten im Straßenraum wie z.B. in der Rosa-Luxemburg-Straße werden durch die fehlende Kooperation der Leitungsbetriebe und die oftmals notwendige Abstimmung mit der BVG wirklich unerträglich in die Länge gezogen. Ein wichtiges Hemmnis für eine schnelle Bauabfolge ist allerdings auch die Auflage des Senates, die Straßen grundsätzlich zumindest eingeschränkt weiter dem motorisierten Straßenverkehr zur Verfügung zu stellen. Insolvenzen sind nach meinen Kenntnissen nur in Ausnahmefällen ein Grund für Verzögerungen, die von Ihnen genannte Zahl von 70 Prozent Insolvenzen bei Aufträgen des Bezirks Mitte kann ich nicht nachvollziehen. Grundsätzlich ist das Bezirksamt nach der Landeshaushaltsordnung verpflichtet, dem wirtschaftlich besten Angebot bei einer Ausschreibung den Zuschlag zu erteilen.
Wirtschaftliche Probleme von Kleingewerbetreibenden durch Baustellen sind mir bekannt. Als Grüne haben wir versucht in entsprechenden Fällen (Hackescher Markt, Brunnenstraße, nördliche Friedrichstraße) zu helfen. So wurden auf unsere Initiative den betroffenen Firmen kostenlos zusätzliche Werbemöglichkeiten eingeräumt. Des Weiteren hat sich das Bezirksamt beim Senat dafür eingesetzt, dass das Verfahren für eine finanzielle Kompensation bei Umsatzausfällen durch Baustellen entbürokratisiert und beschleunigt wird. Meines Wissens mit Erfolg.
Zu Frage 2:
Die Attraktivität der beispielsweise Spandauer Vorstadt liegt sowohl an ihrer vielfältigen Kneipenszene wie auch darin, dass sie ein lebendiges Wohnviertel mit immer mehr Kindern ist. Eine solch lebendige Struktur benötigt den steten Ausgleich zwischen den touristisch/gastronomischen Anforderungen und denen der AnwohnerInnen. Das ist die politische Aufgabe. Dieser schwierige Spagat scheint in den letzten Jahren gelungen zu sein, denn die hohe touristische Attraktivität ist geblieben und zusätzlich hat in der Spandauer Vorstadt ein Bevölkerungszuwachs stattgefunden.
Ein Blick in andere europäische Städte zeigt, dass die lebendigsten Orte oft die der autofreien Plätze sind. Insofern halte ich es für richtig, durch viele verschiedene Maßnahmen - gerade auch hinsichtlich der touristischen Attraktivität - den Autoverkehr aus der Spandauer Vorstadt nur noch für AnwohnerInnen attraktiv zu machen. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass ein gänzlich autofreier Hackescher Markt (Zulieferer ausgenommen) die Attraktivität und das Leben an diesem Ort noch weiter erhöhen würde. Gleichwohl machen wir uns Gedanken über das Spannungsfeld von Kommunalpolitik im Zentrum der Hauptstadt. Unsere diesbezügliche Broschüre zu ausgewählten "Problemfällen" sende ich Ihnen gerne zu.
Mit freundlichen Grüßen
Ramona Pop