Frage an Ralph Lenkert von Veronika L. bezüglich Verkehr
Herr Altmeier will den Stromnetzausbau beschleunigen. Es fällt auf, daß Thüringen bei dem Neubau der Trassen mehrfach belastet werden soll. Die CDU-Regierung in Hessen scheint erfolgreich die SüdLink-Trasse von Hessen fernzuhalten. Dabei zeigt die vorgesehene Durchquerung von Thüringen einen größeren Bogen. Normal müßte doch eine gerade Streckenführung gesucht werden. Auch fehlt mir in den Ausführungen von Herrn Altmeier eine Neuregelung zu den Nutzungsentgelten. Es kann nicht sein, daß wir Thüringer die Verschandelung der Landschaft hinnehmen sollen und noch mit höheren Strompreisen bestraft werden, obwohl der Verbrauch des geleiteten Stromes überhaupt nicht in Thüringen, sondern in Bayern stattfindet. Wo bleibt hier das Verursacher -/Nutzerprinzip ? ( Norden - Bayern ) ? . Das Gleiche gilt für Erdkabel .
Sehr geehrte Frau L.,
vielen Dank für Ihr Statement.
Die Planungen für die Stromtrassen erfolgen seitens der Netzbetreiber und werden von der Bundesnetzagentur geprüft und genehmigt. Die Bundesnetzagentur gibt hierfür die Methodik für die strategische Umweltprüfung vor. Die genauen Ergebnisse solcher Planungen sind letztendlich aber intransparent und für die Bevölkerung nicht nachvollziehbar. Dass es politisch motivierte Trassenverlegung bereits gegeben hat, haben wir am SuedOstLink gesehen, als es Seehofer, damals noch in seiner Funktion als Bayrischer Ministerpräsident, während der Konsultationsphase des Netzentwicklungsplans gelungen ist, den südlichen Endpunkt des SuedOstLink von Meitingen nach Isar verlegen zu lassen.
Leider wird das Genehmigungsverfahren für länderübergreifende Leitungen nach Netzausbaubeschleunigungsgesetz durch die Bundesnetzagentur selbst durchgeführt, sodass für die betroffenen Länder und Anwohner an den geplanten Trassen nahezu keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr besteht. Die entsprechende Gesetzgebung wurde 2012 im Bundestag verabschiedet, gegen die Stimmen der LINKSFRAKTION.
DIE LINKE lehnt den Übertragungsnetzausbau in der geplanten Form rigoros ab, da 77 Prozent des geplanten Stromtrassen, darunter alle geplanten Gleichstromtrassen, der europäischen Netzplanung entstammen und dem vorrangigen Zweck dienen, Handelshemmnisse abzubauen – sprich – mit Strom zu spekulieren und ihn hin und her zu schieben. Die Folgen dieser Marktpolitik sind nicht nur die landschaftszerschneidenden und ökologisch fragwürdigen Trassenneubauten, sondern auch Mehrkosten für die Stromverbraucher in Deutschland ( laut Bundesregierung bis zu 2,8 Mrd. Euro für Betrieb, Wartung und 7% garantierte Rendite jährlich, die auf die Netzentgelte umgelegt werden). Darüber hinaus dient der massive Netzausbau im europäischen Strommarkt nicht nur Händlern, Großerzeugern und Großkunden, die alle maximal 10 Prozent der Netzentgelte bezahlen müssen, sondern verlängert künstlich die lukrative Verbrennung von Kohle und die Erzeugung von Atomstrom in Europa.
DIE LINKE will, dass bei den Netzkosten die Stromhändler, Produzenten ebenso wie Verkäufer und Verbraucher, einbezogen werden. Wenn dadurch quer über den Kontinent transportierter Strom teurer wird als regional erzeugter Strom, wird ein großer Teil des Netzausbaus überflüssig. Wir nehmen an, dass regionale Stromerzeugung volkswirtschaftlich günstiger wird, wie dies auch die gemeinsame Studie „Dezentralität und zellulare Optimierung – Auswirkungen auf den Netzausbaubedarf“ der Universität Nürnberg-Erlangen und der Prognos AG belegt. Bisher haben die volkswirtschaftlichen Betrachtungen von Bundesregierung und Netzbetreibern immer eine einheitliche deutsche Preiszone vorausgesetzt und einen Netzausbau per Definition angenommen, sich nur auf die unmittelbaren, wirtschaftlichen Faktoren beschränkt, Umweltfolgekosten und auch Klimafolgekosten durch die Verlängerung fossiler Verbrennung nicht berücksichtigt. Alle Möglichkeiten die Netzausbaubedarf verringern, wie entfernungsabhängige Strompreise, kleinere Preiszonen, selbst die Wartungs- und Refinanzierungskosten von Neubauleitungen wurden weder von der Bundesregierung noch von der BNetzA volkswirtschaftlich bewertet.
DIE LINKE hat darüber hinaus bereits in der vergangenen Legislaturperiode im Bundestag einen Antrag zu bundesweit einheitlichen Netzentgelten für Endkundinnen gestellt. Zur Zeit gibt es gravierende und noch wachsende Unterschiede zwischen ländlichen Regionen im Osten (teilweise auch im Westen) und größeren Metropolregionen. Genau dort, wo die Bevölkerungsdichte niedrig ist, sind die pro Kopf-Kosten für Infrastruktur höher, auch bei Stromnetzen. Aber gerade in diesen dünnbesiedelten Regionen wurden/werden regionale Stromnetzausbauten notwendig damit wie in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Kapazitäten an Erneuerbaren-Energien-Anlagen ans Netz angeschlossen wurden/werden.
Nach einer Studie der TU Dresden werden für das Jahr 2023 Unterschiede von fast 10 Cent bei den Netzentgelten für die Endkunden prognostiziert (Düsseldorf 4,8 ct/kWh; Uckermark 14,3 ct/kWh).
Zum Ende der vorigen Legislaturperiode gelang es, die Bundesregierung zu einem ersten Schritt zu treiben. Bis 2021 werden die Übertragungsnetzentgelte bundesweit vereinheitlicht werden. Das mindert die Differenz zwischen Düsseldorf und der Uckermark etwa um 1,5 Cent. Für uns reicht dies nicht aus, schließlich müssen auch die Netzentgelte für die Mittel- und Verteilnetz angeglichen werden, es ist ein Stromsystem.
DIE LINKE wird weiterhin für bundesweit einheitliche Netzentgelte streiten und darauf drängen, dass sinnlose Stromtransporte quer über den Kontinent weder die Umwelt, noch die Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher belasten.
Wir lehnen diesen geplanten Übertragungsnetzausbau ab.
Mit freundlichen Grüßen
Ralph L.