Frage an Ralph Brinkhaus von Anton B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Brinkhaus,
nachdem die CDU den Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen vom 11.06.2013 zur Beseitigung der illegalen BSG-Krankengeld-Falle ablehnte und stattdessen dazu beitrug, diese mit dem GKV-VSG ab 23.07.2015 leicht entschärft in den Stand der unverhältnismäßigen gesetzlichen Krankengeld-Falle zu erheben, besteht seit dem Referentenentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium vom 23.07.2018 fraktionsübergreifend und auf allen politischen Ebenen Einigkeit darüber, dass auch die gesetzliche Regelung „unangemessen“ ist und für die Versicherten eine „besondere Härte“ darstellt.
Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll die unterschiedliche Sanktionierung nicht lückenloser Arbeitsunfähigkeits-Folge-Bescheinigungen beendet und künftig „Gleichbehandlung gewährleistet“ werden.
Darüberhinaus drängen sich Überlegungen zur Entschädigung der vielen tausend Opfer der illegalen BSG-Krankengeld-Falle und der Nachfolge-Konstruktion ab 23.07.2015 auf (zumal das Bundesministerium für Arbeit und Soziales derzeit am Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts arbeitet).
Bisher hat sich dazu lediglich die Verbraucherzentrale zu Wort gemeldet. Sie regt an, die vorgesehene Rechtsänderung rückwirkend in Kraft zu setzen.
Deswegen frage ich Sie: Wie wird sich die CDU/CSU-Fraktion zur Frage der Gesetzesrückwirkung / Opfer-Entschädigung positionieren?
Anmerkung: In Baden-Württemberg billigte das grün-schwarze Kabinett am 22.01.2019 eine Vorlage, wonach durch eine Rechtsänderung benachteiligte Beamte und Richter nachträglich entschädigt werden sollen.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Anton Butz
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 25. Januar 2019.
Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) sehen wir aktuell vor, dass der Anspruch auf Krankengeld prinzipiell auch dann bestehen bleiben soll, wenn die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nicht am nächsten Werktag, aber spätestens innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört die Erlangung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu den Obliegenheiten des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung sind deshalb grundsätzlich vom Versicherten zu tragen. Das gilt aktuell selbst dann, wenn der Versicherte seinen Arzt zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit nicht angetroffen hat und diese deshalb verspätet festgestellt wird.
Mit dem TSVG wollen wir das ändern: Denn das vollständige und dauerhafte Entfallen des Krankengeldes bei verspäteter Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit stellt insoweit für Versicherte, deren den Anspruch auf Krankengeld gewährleistende Mitgliedschaft nach § 192 Absatz 1 Nummer 2 SGB V vom lückenlosen Bestand des Anspruchs auf Krankengeld abhängig ist, eine besondere Härte dar. Dies gilt insbesondere, wenn bei schwerwiegenden Erkrankungen der Versicherte zum Zeitpunkt der für den weiteren Krankengeldanspruch notwendigen Folge-Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung krankheitsbedingt nicht in der Lage war, die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt aufzusuchen. Deshalb begrüßen wir die vorgesehene Regelung sehr.
Die Rechtsänderung kann allerdings nicht rückwirkend in Kraft gesetzt, sondern nur für die Zukunft geregelt werden. Grund hierfür ist unter anderem, dass es sich in vielen Fällen um bereits abgeschlossene Einzelfälle handelt, bei denen ein bestandskräftiger Verwaltungsakt zugrunde liegt. Darüber hinaus könnte eine Rückabwicklung einen erheblichen Aufwand bei weiteren Sozialleistungsträgern zur Folge haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Brinkhaus