Frage an Ralph Brinkhaus von Eva-Maria und Hans D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Brinkhaus,
als die VW-Abgasaffäre bekannt wurde, da herrschte allgemeine Verwunderung darüber, dass sie zuerst in den USA ans Tageslicht kam und hier zuvor niemand etwas gesagt hatte.
Es war Angst, Angst um den Arbeitsplatz.
Ich weiß, wie es ist, wenn man den Mund im Unternehmen aufmacht und danach den Arbeitsplatz verliert. Bereits 2009 hatte ich Sie während des Wahlkampfs in einem ca. 2-stündigen Gespräch sowohl darüber als auch über die widerrechtlichen Behinderungen beim Aufbau der eigenen Selbstständigkeit informiert.
Ein Whistleblower-Schutzgesetz würde so manchem helfen, rechtzeitig auf Missstände aufmerksam zu machen. Denn dass die bisherige Rechtsprechung nicht ausreicht, das haben schon viele erfahren. So auch die, deren Fälle in der Ausstellung des Whistleblower-Netzwerks "Whistleblowing – Licht ins Dunkel bringen" dokumentiert sind (siehe http://www.whistleblower-net.de/whistleblowing/fall-beispiele-fur-whistleblowing/ausstellung/ausstellung-intro/ ).
Der darin gezeigte Fall der Frankfurter Steuerfahnder spricht Bände. Denn sie wurden aufgrund ihrer korrekten Arbeit zwangspsychatrisiert, während der ehemalige NRW-Finanzminister, Herr Walter-Borjans, bei seinem nicht unumstrittenen CD-Ankauf für ein ähnliches Ergebnis Steuergelder aus dem Fenster schleuderte.
Die Ausstellung wurde übrigens 2012/2013 auch schon hier im Gütersloher Kreishaus vom Whistleblower-Netzwerk gemeinsam mit der Attac-Regionalgruppe Gütersloh gezeigt. Eröffnet hatte sie damals der Gütersloher Landrat, Herr Adenauer (siehe: http://www.whistleblower-net.de/blog/2012/12/07/einladung-zur-ausstellungseroffnung-in-gutersloh/ ).
Meine Frage daher: Warum stimmte die CDU bisher gegen alle Bestrebungen, ein Whistleblower-Schutzgesetz einzuführen – zuletzt 2015 (siehe: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/051/1805148.pdf )?
Für Ihre Antwort vielen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen
H. D.
Sehr geehrter Herr D.,
vielen Dank für Ihre Frage zur Einführung eines „Whistleblower-Schutzgesetzes“ auf die ich gerne eingehe. Ich sehe die Problematik, die Sie aufgezeigt haben.
Es gibt aber bereits eine Vielzahl von Vorschriften, die den Arbeitnehmer zur Anzeige der Verletzung von gesetzlichen Pflichten durch den Arbeitgeber ermächtigen (vgl. z. B. § 17 Abs. 2 ArbSchG, §§ 53 ff. BImSchG, §§ 84, 85 BetrVG). Darüber hinaus gewährleistet das Maßregelungsverbot in § 612a BGB hinreichenden Schutz von Hinweisgebern.
§ 612a BGB sieht vor, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Schon heute ist ein Anzeigerecht von der Rechtsprechung anerkannt. Die Rechtsprechung berücksichtigt dabei die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen. Sie schützt Persönlichkeitsrechte und sichert die innerbetriebliche vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Arbeitnehmer können sich danach an öffentliche Stellen wenden, wenn sie sich zuvor ernsthaft um eine innerbetriebliche Klärung bemüht haben und die Anzeige nicht leichtfertig erfolgt. Bei Straftaten mit schweren Folgen für Einzelne oder die Allgemeinheit kann auf eine innerbetriebliche Klärung verzichtet werden. Dabei berücksichtigt die Rechtsprechung stets die subjektive Motivation des Anzeigenden. Keinesfalls darf eine Anzeige mit dem Ziel erstattet werden, in erster Linie dem Arbeitgeber oder den Kollegen zu schaden.
Wir werden weiter genau beobachten, wie sich diese Regelungen in der Praxis auswirken – ggf. muss man auch nachbessern. Wir sehen aber derzeit keinen gesetzlichen Handlungsbedarf.
Gerne können wir uns auch in einem persönlichen Gespräch darüber austauschen, mein Gütersloher Wahlkreisbüro steht Ihnen für eine Terminabsprache jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Brinkhaus, MdB