Frage an Ralph Brinkhaus von BERND A. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Brinkhaus,
mit dem beschlossenen Investmentsteuerreformgesetz hat u. a. Ihre Partei vor wenigen Monaten einem Systemwechsel bei der Besteuerung von Investmentfonds zugestimmt, der ab 01.01.2018 Anwendung findet. Demnach werden die Investmentfonds künftig nicht mehr nur beim Anteilseigner besteuert, sondern auch bereits auf Fondsebene. Dabei werden nunmehr auch solche Erträge jährlich besteuert, die bisher dem sogenannten Thesaurierungsprivileg unterfielen und erst bei der gegebenenfalls Jahrzehnte späteren Veräußerung der Anteile steuerlich erfasst wurden; zudem wird eine jährliche Mindestbesteuerung von Fondsanlagen auch bei fehlendem Ertrag eingeführt. Neben dieser Steuererhöhung fällt die bisherige Steuerfreiheit von Fonds weg, die vor 2009 erworben worden sind. Zwar gilt dies erst für Wertsteigerungen ab 2018 und ab 100.000 € Gewinn und wird somit nur einige betreffen, die mit entsprechenden Kapitalanlagen ihre Altersvorsorge aufbauen müssen. Doch auch das ist eine Steuererhöhung, die ab 2018 greift.
Nicht desto trotz geht die CDU allen Ernstes in den Wahlkampf mit der Aussage „Wir schließen Steuererhöhungen generell aus“ – und als schlichter Mensch frage ich mich, wie sich in der Sache beide Aspekte zusammenfügen lassen?
Beste Grüße
Bernd Anders
Sehr geehrter Herr Anders,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Investmentsteuerreformgesetz.
Eine Reform des Investmentsteuerrechts war aus mehreren Gründen geboten. Das bisherige Recht war äußerst komplex und verwaltungsaufwändig - für Bürger und Unternehmen genauso wie für die Finanzverwaltung. In der Vergangenheit waren zudem verschiedene Gestaltungsmodelle bekannt geworden, denen wir entgegengetreten mussten. Vor allem ergab sich aber aus neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs eine erhebliche Rechtsunsicherheit, ob das bisherige deutsche Besteuerungssystem aufrechterhalten werden kann.
Vor diesem Hintergrund hat die Koalition sich entschieden, die bisherige „Transparenz“ (= also die steuerliche Neutralität) von Publikums-Investmentfonds aufzugeben und durch ein neues Besteuerungssystem zu ersetzen.
Künftig unterliegen Publikums-Investmentfonds - inländische wie ausländische - einer Besteuerung mit solchen Einkünften, für die Deutschland nach völkerrechtlichen Grundsätzen ein Besteuerungsrecht hat. Auf Ebene der Anleger wird jedoch ein Ausgleich geschaffen: Ein Teil der Erträge, die ein Anleger aus dem Investmentfonds bezieht, ist von der Besteuerung freigestellt. Auf diese Weise soll eine wirtschaftliche Doppelbelastung vermieden werden.
Sie sprechen eine weitere Regelung der Reform an: Der Bestandsschutz für Veräußerungsgewinne von „alten“ Investmentanteilen (= die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden) wurde zeitlich gekappt. Die Rücknahme des unbegrenzten Bestandsschutzes war erforderlich, da er für Steuergestaltungen ausgenutzt wurde. Bei diesen Gestaltungen („Millionärsfonds“) brachten Anleger ganze Wertpapier-Depots in einen Fonds ein, um innerhalb dieses Fonds weiterhin kaufen und verkaufen zu können - ohne dass die erzielten Gewinne dabei der Abgeltungsteuer unterliegen.
Künftig sind daher nur noch solche Veräußerungen steuerfrei, die vor dem 1. Januar 2018 vorgenommen wurden. Bei Veräußerungen ab dem Jahr 2018 ist der Gewinn grundsätzlich steuerpflichtig. Allerdings haben wir einen Freibetrag von 100.000 Euro eingeführt - erst wenn dieser Betrag überschritten ist, findet tatsächlich eine Besteuerung statt. Im Ergebnis bleibt damit der Bestandsschutz für Veräußerungsgewinne bei Alt-Anteilen für die weit überwiegende Zahl aller Steuerpflichtigen erhalten.
Das Vorhaben hatte nie zum Ziel, Steuermehreinnahmen zu schaffen. Zum Abschluss der Gesetzgebungsarbeiten hat das Bundesministerium der Finanzen noch einmal die voraussichtlichen Auswirkungen der Änderungen geprüft. Ausweislich des Aufkommenstableaus ist sogar mit leichten Mindereinnahmen für den Gesamtstaat zu rechnen (-10 Mio. Euro/Jahr).
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Brinkhaus, MdB