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Ralph Brinkhaus
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Frage von Ulrich W. •

Frage an Ralph Brinkhaus von Ulrich W. bezüglich Umwelt

Guten Tag Herr Brinkhaus,

in den Medien liest man immer wieder, dass Unternehmen mit hohem Energiebedarf, wie zum Beispiel Aluminiumhersteller, steuerliche Vorteile genießen (meines Wissens nach bei der Umsatzssteuer). Stimmt das überhaupt?

Ich halte das in Zeiten, in denen an Ecken zum Energiesparen aufgerufen wird für ein falsches Zeichen.

Wäre es nicht sowohl aus Umwelt- als auch aus finanziellen Gründen sinnvoller, den umgekehrten Weg zu gehen und gerade solche Unternehmen durch erhöte Abgaben zum Energiesparen bzw. Umstieg auf die erneurebaren Energien zu ermutigen?

Die so erzielten Mehreinnahmen könnte man doch direkt in den Ausbau der Erneuerbaren Energien stecken.

Vielen Dank, wenn Sie sich für die Beantwortung dieser Frage Zeit nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Webers

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Sehr geehrter Herr Webers,

vielen Dank für Ihre Frage, Sie haben recht, es gibt Ausnahmereglungen für energieintensive Industrieunternehmen bei der Zahlung von sogenannten Netzentgelten. Gerne erläutere ich Ihnen, was dahinter steckt.

Die deutsche Industrie ist für rund ein Viertel der jährlichen Wirtschaftsleistung und rund 5,1 Millionen Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe verantwortlich. Davon arbeiten allein ca. eine Million Beschäftigte in der energieintensiven Branche. Sie ist insbesondere im Grundstoffbereich (z. B. Aluminium, Kupfer, Stahl) für viele Wertschöpfungsketten unerlässlich, zu denen unter anderem auch die Produktion von Anlagen zur Gewinnung von erneuerbaren Energie gehört. Allein der Bau einer Offshore-Windkraftanlage benötigt bis zu 30 Tonnen Kupfer und im Automobilbau ist Aluminium heutzutage unverzichtbar.

Diese industrielle Basis ist Grundlage unseres Erfolges als Exportnation und begründet unsere Wettbewerbsfähigkeit und die Grundlagen unseres Wohlstands und den wollen wir alle stärken.

Wir sind in Deutschland bei den Industriestrompreisen mit im europäischen Spitzenfeld. Bei einem jährlichen Stromverbrauch zwischen 70 und 150 GWh - dies entspricht der durchschnittlichen Abnahme einer mittelgroßen Papierfabrik oder eines mittleren Chemieunternehmens – ist beispielsweise der deutsche Industriestrompreis im 2. Halbjahr 2011 knapp doppelt so hoch wie im Industrienachbarland Frankreich (Dt: 10 ct/kWh, F: 5,57 ct/kWh). Zudem sind wir im europäischen Vergleich sehr weit vorne bei den Staatslasten für die Industrie. In Deutschland beträgt der Anteil staatlich induzierter Lasten 27,9 Prozent. Zum Vergleich: Italien 23,7 Prozent, Niederlande 18,1 Prozent, Großbritannien 4,4 Prozent.

Vor diesem Hintergrund kann von einem vergleichbaren EU-Marktgeschehen nicht ausgegangen werden. Steigt der Strompreis nur um einen Cent pro Kilowattstunde, muss beispielsweise allein die Chemiebranche Mehrkosten von 500 Millionen Euro pro Jahr tragen.

Laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen von der Zahlung der vollen EEG-Umlage befreit. Dazu zählt der industrielle Eigenverbrauch, der Industrieunternehmen, die Strom zur eigenen Verwendung produzieren, von der EEG-Umlage ausnimmt.

Außerdem können besonders stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes die besondere Ausgleichsregelung (Härtefallregelung) in Anspruch nehmen, die übrigens erstmals unter Rot-Grün eingeführt wurde. Durch eine Absenkung der EEG-Umlage sollen diese Unternehmen von Belastungen ausgenommen werden, von denen europäische und internationale Mitbewerber nicht betroffen sind.

Mit dem EEG 2012 ist auch der industrielle Mittelstand in den Kreis der entlasteten Unternehmen einbezogen. Durch eine Absenkung der „unteren Schwelle“ für den jährlichen Mindeststrombezug von zehn auf eine Gigawattstunde kommt die Härtefallregelung künftig nicht nur großen Unternehmen, sondern auch stromintensiven mittelständischen Unternehmen zugute. Wir stärken damit die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstandes.

Schätzungen zufolge entspricht die Härtefallregelung in 2012 einer Entlastung stromintensiver Unternehmen um rd. 2,5 Mrd. Euro. Ein durchschnittlicher Haushalt (3.500 kWh/Jahr) ist in diesem Jahr mit rd. 125 Euro durch die EEG-Umlage belastet. Davon macht der Anteil der Härtefallregelung rd. 22 Euro pro Jahr aus. Die Härtefallregelung macht ca. 0,64 Ct/kwh der EEG-Umlage (3,59 ct/kwh) in diesem Jahr aus.

Diese Entlastungsregelungen helfen dem Wirtschaftsstandort Deutschland.

Natürlich gilt es auch künftig, die Belastungen, die sich aus der Umsetzung der Energiewende ergeben, für alle Endverbraucher (Privathaushalte, Mittelstand und Industrie) gering zu halten. Denn nur auf der Basis wettbewerbsfähiger Stromkosten für deutsche Unternehmen ist der Umbau unserer Energieversorgung machbar. Und nicht zuletzt sind die Produkte industrieller Wertschöpfung, z.B. Turbinen für Windkraftanlagen oder Kabel für Stromtrassen, auch Grundlage für die erneuerbare Branche. Wenn wir die Abgaben für diese erhöhten, würden wir das Gegenteil erreichen: Sie wären nicht mehr wettbewerbsfähig und der Ausbau der erneuerbaren Energien würde darunter leiden.

Mit freundlichen Grüßen

Ralph Brinkhaus, MdB

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