Wie beurteilen Sie die heutigen Raketeneinschläge in Lwiw? Wie operationalisieren Sie Ihre "Kriegsgegner"-Positionierung? Haben Sie außerhalb Russlands in dem Krieg "Kriegsfreu(n)de" erlebt?

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Bitte entschuldigen Sie, dass Sie noch keine Antwort erhalten haben. Es erreichen mich täglich eine sehr große Anzahl von Zuschriften und es ist mir ein persönliches Anliegen auf die Zuschriften in angemessenem Umfang zu reagieren.

Zunächst möchte ich gerne betonen, dass mein Besuch der Ukraine im kleinsten Kreis und ohne Ankündigungen oder begleitende Social-Media-Arbeit stattfand. Dies entsprach meinem Wunsch, um meinem Ziel nachzukommen, mich aus erster Hand zu informieren und mich auf die Menschen, Institutionen und Orte intensiv einzulassen. Hier finden Sie außerdem zwei weitere kurze Berichte von mir über meine Erlebnisse aus der Ukraine: https://www.facebook.com/ralf.stegner/posts/pfbid031H3JHhBesfp7uco5QpERVfWd8vSq9KrtHJNsrCaVXE2CG64Mxd6APBdCyAE3GvoSl

https://www.facebook.com/ralf.stegner/posts/pfbid02KVRwdKdnRhAuYz2HgRysSx51BAatbssgyTb849MgP5TWY886ZFAKoET3AKox8vhXl

Lwiw war, wie Sie wissen, einer der Orte, den ich auf meiner Ukraine-Reise besucht habe. Ich habe die Kulturmetropole und die dort lebenden Menschen daher wenige Tage vor diesem massiven Raketenangriff selbst kennengelernt und bin deshalb nur umso betroffener von diesem weiteren schrecklichen Angriff. Entsetzlich finde ich vor allem, dass die russische Grausamkeit sich aktuell so konzentriert gegen Zivilisten richtet - es wurden Wohnhäuser, Kliniken und Schulen beim Angriff zerstört und beschädigt.

Kriegsgegner zu sein bedeutet für mich vorrangig Kriege schnellstmöglich beenden zu wollen, selbstverständlich nicht zu den Bedingungen des Aggressors, sondern zu befriedigenden Bedingungen für die betroffenen Länder. Hierbei plädiere ich deshalb stets für den Vorrang der Diplomatie und gegen eine starre Militarisierungslogik, die meines Erachtens nur zu einer Verlängerung des Krieges und damit zu einer Erhöhung der Eskalationsgefahr führen kann. Denn jeder Tag Krieg kostet Leben. Das Leben von Menschen, die keine Stimme haben, wenn über den Beginn und das Ende eines Krieges entschieden wird.

Insofern muss es auch im Fall der Ukraine vorrangig sein, den Krieg so schnell wie möglich einer für die Ukraine befriedigenden diplomatischen Lösung zuzuführen.

Nochmals vielen Dank für Ihre Frage an mich.

Mit besten Grüßen

Ralf Stegner