Sollte Finanzminister Lindner nicht schnell die Ministerialzulage das 100-jährige Relikt abschaffen wie es der BdST fordert. Top-Beamte bekommen 610 Euro das ist mehr als der Regelsatz im Bürgergeld.
Sehr geehrter Herr Stegner,
bei Markus Lanz haben Sie sich mit Frau Löhr sehr engagiert über den Bundeshaushalt auseinandergesetzt, sie nannte die SPD eine Sozialhilfepartei. Das sehe ich nicht so, eher teile ich die Auffassung von Herrn Beckmann der meinte die SPD hätte "die Fühlung für draußen nicht mehr". Sie versprechen uns seit Jahrzehnten die Rentenreformen auf die Pensionen zu übertragen, doch sie halten an vielen aus der Zeit gefallenen Privilegien fest. Ich bin neugierig wie der Gesundheitsminister die Pflege reformieren will. In unserem Gesundheitssystem steigen und steigen die Beihilfezahlungen für die Beamten. Die Bürgerversicherung ist genauso wenig ernst gemeint wie die Zusammenführung der Altersvorsorge. Ich bin mir sicher Ihrer Partei wird im Osten bei den Wahlen die rote Karte gezeigt wenn Sie nicht auch endlich die Beamten ihren Anteil zahlen lassen. Frau Löhr müsste dann auch mehr für ihre Private Krankenvers. bezahlen ohne die 52 % der Beamten als Hauptzahler.
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihre Auseinandersetzung mit Themen wie Ministerialzulagen, Rentenreformen, Beamtenprivilegien und Pflegepolitik. Ihre Punkte zeigen klar, dass diese Fragen viele Bürgerinnen und Bürger bewegen, und ich möchte Ihre Anliegen konkret aufgreifen.
Die von Ihnen angesprochene Ministerialzulage ist ein Relikt aus einer anderen Zeit und gehört zu den Privilegien, die auf ihre zeitgemäße Berechtigung überprüft werden müssen. In einer Demokratie ist es wichtig, dass staatliche Leistungen nicht nur notwendig, sondern auch gerecht sind. Die SPD setzt sich dafür ein, dass solche Regelungen hinterfragt und gegebenenfalls angepasst werden. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn Herr Lindner als Finanzminister in dieser Hinsicht Vorschläge gemacht hätte, anstatt andere Belastungen für Bürgerinnen und Bürger ins Gespräch zu bringen.
Was die Privilegien der Beamten betrifft, teile ich Ihre Auffassung, dass hier Reformbedarf besteht. Die SPD kämpft seit Jahren für die Einführung einer Bürgerversicherung, in die alle Bürgerinnen und Bürger – unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnisses – einzahlen. Leider konnten wir dieses Ziel bislang nicht umsetzen, da sowohl frühere Koalitionspartner wie die CDU/CSU als auch zuletzt die FDP dies blockiert haben. In diesem Sinne halten die Konservativen und Liberalen wenig überraschend an diesen aus der Zeit gefallenen Privilegien fest. Dennoch bleibt die Bürgerversicherung ein Kernanliegen der SPD, und wir arbeiten auch weiterhin daran, hierfür ein politische Mehrheit zu schaffen. Erste Fortschritte gibt es jedoch in SPD-geführten Bundesländern wie Hamburg, Bremen und Brandenburg, wo mit der Einführung der pauschalen Beihilfe Beamtinnen und Beamte ermutigt werden, sich gesetzlich zu versichern. Dieses Modell stellt sicher, dass diese einen finanziellen Zuschuss erhalten, wenn sie sich für die gesetzliche Krankenversicherung entscheiden, anstatt wie bisher faktisch in die private Krankenversicherung gedrängt zu werden. Die pauschale Beihilfe ermöglicht, dass mehr Beamtinnen und Beamte in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln können, ohne finanzielle Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Besonders für Beamtinnen und Beamte in niedrigeren Besoldungsgruppen oder mit Familien ist dieses Modell attraktiv, da es von einkommensabhängigen Beiträgen und der beitragsfreien Familienmitversicherung in der GKV profitiert. Durch diese Regelung wird nicht nur die Wahlfreiheit der Beamten gestärkt, sondern auch die Einzahlung in die gesetzliche Krankenversicherung gefördert. Mit einem höheren Anteil an beitragszahlenden Beamten trägt das Modell langfristig zu einer breiteren und solidarischeren Finanzierung unseres Gesundheitssystems bei, was der gesamten Gesellschaft zugutekommt.
Was die Pflege angeht, hat unser Gesundheitsminister Karl Lauterbach erste Schritte eingeleitet, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern und die Kosten für Pflegebedürftige zu senken. Mit Maßnahmen wie einer höheren Tarifbindung in der Pflege, einem Pflegestärkungsgesetz und einer Reform der Krankenhausfinanzierung wollen wir sicherstellen, dass die Pflege langfristig sowohl für die Beschäftigten als auch für die Betroffenen gerecht gestaltet wird. Bitte berücksichtigen Sie auch hier, dass struktureller Wandel nicht innerhalb kürzester Zeit geschieht und auch trotz der zahlreichen Krisen dieser Legislaturperiode in diesem Zusammenhang ein Fortschritt erzielt wurde, auf dem die SPD gerne aufbauen will.
Ihre Kritik an der Wahrnehmung der SPD, insbesondere in Ostdeutschland, nehme ich ernst. Es stimmt, dass Vertrauen durch konkretes Handeln zurückgewonnen werden muss. Unsere Maßnahmen, wie die vollständige Rentenangleichung zwischen Ost und West und der Kampf für stabile Renten, zeigen, dass wir uns dieser Herausforderung stellen. Dennoch wissen wir, dass dies nur erste Schritte sein können, um das Vertrauen der Menschen in unsere Politik zu stärken.
Ich danke Ihnen nochmals für Ihre klaren und berechtigten Anmerkungen. Der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern wie Ihnen ist entscheidend, um Politik zu gestalten, die nah an den Menschen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Stegner