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Ralf Stegner
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Frage von Heike R. •

Gilt der uneingeschränkte Beistand dem Staat Israel gegenüber auch dann noch wenn sich dieser zur rechten Autokratie wandeln sollte?

Sehr geehrter Herr Stegner,
Herr Patrik B. hat hier am 12.05. 23 Herrn Nouripor, eine sehr interessante Frage gestellt, zu der mich auch Ihre Position und die der SPD interesiert.
Zitat: "es gibt leider viele Befürchtungen, daß die neue israelische Regierung den Staat Israel zu einer fundamentalistischen rechten Autokratie umbauen könnte.
(https://programm.ard.de/TV/brfernsehen/nachtlinie/eid_281074000914725)
Gilt die von Frau Merkel zur Staatsräson erklärte Sicherheit Israels ( https://www.zeit.de/2021/35/angela-merkel-israel-politik-besuch-sicherheit-staatsraeson?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.ecosia.org%2F ) auch dann noch, wenn sich die Befürchtungen bestätigen sollten, und wie steht die SPD zu der Entwicklung in Israel?"
Quelle des Zitat: Frage von Patrik B.auf Abgeordnetenwatch • 12.05.2023 an das MdB Omid Nouripour

Mit freundlichem Gruß
Heike R.

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Sehr geehrte Frau R.,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch.de.

Nach den Grauen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde Israel für viele Menschen zur Hoffnung, zum Zufluchtsort und schließlich zur Heimat. Die Staatsgründung war die Antwort auf eine jahrhundertelange Geschichte des Antisemitismus, die ihren grauenvollen Höhepunkt im Holocaust fand.

Umso kostbarer sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Die Versöhnung zwischen unseren Ländern erfüllt uns mit Demut und Dankbarkeit. Die Freundschaft, die in den vergangenen Jahrzehnten zwischen Deutschland und Israel gewachsen ist, erscheint uns wie ein Wunder, das wir niemals als selbstverständlich empfinden werden. Diese Freundschaft gilt nicht nur im Verhältnis der Regierungen zueinander, sondern gründet sich auch auf intensive und vielfältige gesellschaftliche Kontakte und zwischenmenschliche Begegnungen sowie dem Jugendaustausch.

Wir werden uns der historischen Verantwortung Deutschlands immer bewusst bleiben. Das Existenzrecht Israels werden wir immer ohne Einschränkung verteidigen. Antisemitische Hetze, egal in welcher Form, werden wir niemals dulden. Wir stehen fest an der Seite der Jüdinnen und Juden in Deutschland und weltweit. Verantwortung kennt keinen Schlussstrich.

Die aktuellen Entwicklungen in Israel betrachten wir mit großer Sorge. Die Angriffe auf Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und die effektive Kontrolle des Regierungshandelns durch den höchsten israelischen Gerichtshof sind nicht von der Hand zu weisen. Auch der Einfluss fundamentalistischer Strömungen auf die Politik, sowie die Rhetorik gegenüber Andersgläubigen und anderen Minderheiten im Land ist aufmerksam zu beobachten.

Bei allem Verständnis für Ihre Sorge ist jedoch festzuhalten, dass gegenwärtig noch nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich Israel zu einer Autokratie wandelt. Allein in den letzten drei Jahren wurde Israel von drei verschiedenen Ministerpräsidenten regiert. Diese gehörten zudem drei verschiedenen Parteien an. In der Knesset sind aktuell 12 verschiedene Fraktionen vertreten, die in einem freien, offenen Konkurrenzkampf miteinander stehen. Zudem wird durch die andauernden und umfassenden Proteste der Zivilgesellschaft gegen die genannten Reformen der Wille der Bürgerinnen und Bürger die freiheitliche Demokratie zu bewahren sehr deutlich. Diese Demonstrationen und Kundgebungen können ohne staatliche Repressionen befürchten zu müssen durchgeführt werden. Israels demokratische Verfasstheit nur auf populistische Äußerungen von Regierungsangehörigen zu begrenzen, greift somit zu kurz. Auch steht Israel mit diesen umfassenden demokratischen Freiheiten in der Region sehr einsam dar.

Trotzdem gebe ich Ihnen recht, dass die aktuellen Dynamiken uns als Freunde von Israel auch zu denken geben müssen. Unsere Verpflichtung dazu, dem jüdischen Volk solidarisch beizustehen gilt uneingeschränkt. Aber Israels Sicherheit wird auch dadurch geschützt, wenn in diesem Staat jeder frei und unter Beachtung seiner demokratischen Grundrechte leben kann. Die Verantwortung für Israel als sicherer Hafen für das jüdische Volk beinhaltet demnach auch, dass wir Missstände ansprechen und Unterstützung anbieten.

Viele Grüße

Ralf Stegner

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