Frage an Ralf-Peter Hässelbarth von Matthias J. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Hässelbarth,
wie ich der Presse entnahm, setzen Sie sich intensiv für den Wiederaufbau der Eisenbahnstrecke Ducherow-Swinemünde ein. Sich für die Bahn einzusetzen finde ich löblich, aber warum muss es gerade diese Strecke sein?
Warum können Sie sich nicht dafür einsetzen, die bestehenden Strecken auf Usedom auszubauen um Taktverdichtungen im Sommer zu ermöglichen? Warum können Sie sich nicht dafür einsetzen, die bestehenden Strecken auf Usedom zu elektrifizieren um dann mit "sauberen" Strom möglichst aus erneuerbaren Quellen statt Dieselkraft zu fahren? Warum können Sie sich nicht dafür einsetzen, eine südliche Umfahrung des Bahnhofs Züssow zu bauen, um direkt ohne Halt dort auf die Insel Usedom zu kommen?
Mit dem Wiederaufbau wird sich kein Verkehrsproblem auf Usedom lösen lassen, denn verstopft sind hauptsächlich die Bundesstraße 111 und ihre Verlängerung durch Heringsdorf nach Polen und zwar in der Überlagerung Touristenverkehr und Einheimische. Und seien wir doch mal ehrlich: es wird auch keinen Zug unter zwei Stunden von Berlin nach Heringsdorf geben, weil schon heute die verkehrenden Züge allein bis Ducherow (auf sanierter Schiene) über zwei Stunden benötigen. Die prognostizierten Kosten wären auf anderen Strecken (wie z.B. Darßbahn) sicher besser investiert.
"Sehr geehrter Herr Just,
viele Dank für Ihre Frage. Mein Engagement für den Wiederaufbau der Eisenbahnstrecke Ducherow-?winouj?cie bedeutet natürlich nicht, dass ich mich nicht auch für andere Verbesserungen zu Gunsten eines besseren Schienenverkehrs einsetzen werde.
Entscheidend für meine Unterstützung des Karniner Projekts ist zunächst die erhebliche Fahrzeitverkürzung aus Richtung Berlin und Orten südlich davon zum südlichen Usedom. Dadurch wird die Bahn auf diesen Verbindungen erst eine vollwertige Alternative zum Auto und damit können wir erst den Druck reduzieren, Straßen in ökologisch sensiblen Gebieten neu zu bauen. Um eine Verkehrsverlagerung auf ökologischere Verkehrsträger zu erreichen, halte ich das Karniner Projekt daher für notwendig.
Eine dichtere Zugfolge als der 30-Minuten-Takt im Sommer ist nach meinen Informationen auf der bestehenden Strecke nicht mehr realisierbar, ohne längere Abschnitte zweigleisig auszubauen. Der Aufbau einer zweiten Strecke ist hier die sinnvollere Investition, auch weil so zusätzliche Orte an das Schienennetz angebunden werden können. Gegen eine Elektrifizierung der Strecke habe ich nichts einzuwenden, leider hat man sich beim Bau der Verbindung über die Wolgaster Brücke ab 2000 zunächst anders entschieden.
Was für mich persönlich das Karniner Projekt besonders wertvoll macht, ist sein Beitrag zum europäischen Zusammenwachsen durch die direkte Anbindung der Stadt ?winouj?cie aus Richtung Berlin, insbesondere auch Nordostbrandenburgs und Südvorpommerns mit dem nordwestlichen Zachodniopomorskie. Hier kann schienengebundene Infrastruktur zu einer wirtschaftlichen Entwicklung beiderseits der Oder beitragen. Dieser grenzüberschreitende Aspekt ist im übrigen auch entscheidend dafür, dass es deswegen zu erheblichen Teilen durch die EU gefördert werden würde. Diese Unterstützung sollten wir nicht ausschlagen.
Herzliche Grüße
Ihr Ralf-Peter Hässelbarth