Frage an Ralf Brauksiepe von Egon H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Brauksiepe,
am Beispiel Steinkohlesubventionen wird doch deutlich, daß der deutsche Staat über Jahrzehnte Milliarden verschwendet hat. So wurde eine veraltete und im Sterben liegende Industrie künstlich am Leben gehalten. Diese Subventionen sind doch letztendlich wettbewerbsverzerrend und behindern leistungsfähige mittelständische Unternehmen, etwa bei der Entwicklung innovativer Technologien. Wie beurteilen Sie persönlich die Sinnhaftigkeit solcher Subventionen ?
Der deutsche Staat war ein wesentlicher Mitakteur bei der Entwicklung der Finanzkrise. Untermauert wird dies dadurch, daß Landesbanken, wie z. B. die West LB oder die Bayerische Landesbank als erste nach Finanzhilfen des Staates gerufen haben. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang das Versagen der Politik ?
Mit freundlichen Grüßen
Egon Hammel
Sehr geehrter Herr Hammel,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 6. März, die mir über www.abgeordnetenwatch.de zu-gestellt wurde.
Ich stimme Ihnen zu, dass der Steinkohlebergbau auch mit Hilfe staatlicher Subventionen über Jahrzehnte unterstützt wurde. Zum einen wurde der Einsatz von Steuergeldern mit der Reduktion der Abhängigkeit von ausländischen Energieimporteuren begründet. Der Streit zwischen Russland und der Ukraine um die Durchleitung russischen Gases zeigt, dass die Sorge an dieser Stelle nicht vollständig unbegründet ist. Zudem dienten die Subventionen der Abfederung des Strukturwandels. Als Bürger Ennepetals wissen Sie, dass im Ruhrgebiet über Jahrzehnte eine hohe Zahl von Arbeitsplätzen unmittelbar oder mittelbar am Bergbau hing. Der Strukturwandel hin zu einer verstärkt Dienstleistungen produzierende Volkswirtschaft konnte auf dem Arbeitsmarkt des Ruhrgebietes nicht ohne Auswirkungen bleiben. Von daher war es auch aus diesem Grund richtig, den Steinkohlebergbau zu unterstützen. Mittlerweile wurde ja der Ausstieg aus der Steinkohlesubventionierung beschlossen.
Generell gilt: Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Es bleibt dabei, dass es in einer Sozialen Marktwirtschaft, deren Fundament das Privateigentum und die Vertrags-freiheit ist, der Begründung bedarf, bevor der Staat wirtschaftlich aktiv wird. In vielen Fällen existieren aber genau diese guten Gründe, z.B. bei der Bereitstellung öffentlicher Güter. Ich stimme Ihnen zu, dass das Management von West LB und Bayrische Landesbank wie die Führungen privater Kreditinstitute auch Fehler gemacht hat. Als Eigentümer stehen die entsprechenden Bundesländer ebenfalls in der Verantwortung. Ungeachtet dessen sehe ich den deutschen Staat keinesfalls als einen "wesentlichen Mitakteur bei der Entwicklung der Finanzkrise". Vielmehr ist diese im Wesentlichen ausgelöst worden durch die geplatzte Immobilienblase in den USA, deren Bildung begünstigt wurde durch eine laxe Geldpolitik der dortigen Zentralbank sowie überzogene Renditeerwartungen auf den internationalen Finanzmärkten insgesamt. Eine wirksamere internationale Regulierung des Finanzsektors hätte womöglich die Krise verhindern können. Vor diesem Hintergrund haben sicherlich auch der deutsche Staat und die nationale Politik einen gewissen Anteil am Entstehen der Krise. Den deutschen Staat als wesentlichen Mitakteur zu bezeichnen, halte ich allerdings für vollkommen überzogen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ralf Brauksiepe