Frage an Ralf Brauksiepe von Hans-werner F. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Fedrowitz,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Wahlrecht und zum Plenarablauf im Deutschen Bundestag. Gerne nehme ich zu den von Ihnen angesprochenen Sachverhalten Stellung.

Erlauben Sie mir zunächst den Hinweis, dass der US-Kongress mit 535 Abgeordneten (435 Repräsentanten und 100 Senatoren) nur wenig kleiner ist als der Deutsche Bundestag mit seinen gesetzlich vorgesehenen 598 Abgeordneten (§ 1 Abs. 1 Bun-deswahlgesetz). Derzeit besteht der Bundestag aufgrund von Überhangmandaten aus 612 Abgeordneten.

Setzt man jedoch die Zahl der Abgeordneten ins Verhältnis zur Zahl der Einwohner oder Wähler, steht Deutschland in der EU an letzter Stelle. In Deutschland sind es (bei 82 Mio. Einwohnern bzw. 48 Mio. Wählern bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag) 134.366 Einwohner bzw. 78.248 Wähler pro Abgeordnetem. Durchschnittlich kommen in der Europäischen Union auf einen nationalen Abgeordneten 37.299 Wahlberechtigte, 24.671 Wähler oder 50.818 Einwohner.

Was Ihre Frage bezüglich der Anwesenheit im Plenarsaal anbelangt, so lassen Sie mich darauf hinweisen, dass in der Regel bei Debatten im Bundestag die Fachpolitiker aus den für den jeweiligen Tagesordnungspunkt zuständigen Ausschüssen im Plenum sind. Die Ausschüsse bestehen in dieser Wahlperiode aus 13 bis 41 Mitgliedern. Sie werden daher beobachten können, dass sich die Zusammensetzung des Plenums nach jedem Tagesordnungspunkt ändert. Die nicht im Plenarsaal anwesenden Abgeordneten nehmen in der Zeit, in der ihre Tagesordnungspunkte nicht debatiert werden, andere Gesprächstermine mit Verbänden und Besuchergruppen wahr, bearbeiten ihre Post oder nehmen an Gremiensitzungen teil. Nur so lässt sich ein effizienter Ablauf einer Sitzungswoche organisieren. Dadurch lässt sich aber auch eine Ausweitung der Sitzungswochen vermeiden, so dass die Abgeordneten in möglichst zahlreichen Wochen, die sitzungsfrei sind, Termine in ihren Wahlkreisen wahrnehmen können. Bei wichtigen Debatten innerhalb der Kernzeit des Plenums am Donnerstag und Freitagvormittag wird jedoch auf vollzählige Präsenz Wert gelegt. Auch dies werden Sie im Fernsehen bei bedeutenden Debatten oder Regierungserklärungen beobachten können.

Ich bin Ihnen allerdings sehr dankbar, dass ich auf Ihre Frage hin diesen Sachverhalt, der sicher vielen auffällt und, wenn sie die Hintergründe nicht kennen, viele Menschen irritiert, einmal klarstellen durfte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ralf Brauksiepe