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Ralf Brauksiepe
CDU
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Frage von Rolf W. •

Frage an Ralf Brauksiepe von Rolf W. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Braucksiepe,

Artikel 20 des Grundgesetztes besagt:
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke
in Wahlen und Abstimmungen... ausgeübt.“

Wählen darf das Volk, aber bis heute gibt es keine Möglichkeit der bundesweiten Abstimmung zu Sachfragen. Das heißt, das Grundgesetz ist vom Parlament auch nach mehreren Jahrzehnten nicht umgesetzt worden. Solche Bemühungen scheiterten in der Vergangenheit insbesondere an der CDU.

Mögliche Argumente für oder gegen einen bundesweiten Volksentscheid sind z.B.:

Contra:
- Das Volk ist zu dumm
- Die Bürger sind leicht manipulierbar
- Volksentscheide gefährden Minderheiten
- Direkte Demokratie ist langsam und teuer
- Es kann doch nicht über alles abgestimmt werden

Pro:
- Der „Blankoscheck“ Wahl reicht nicht aus
- Wer gefragt wird, wendet sich nicht ab
- Mehr Demokratie, weniger Selbsbedienung
- Die Akzeptanz politischer Entscheidungen wird erhöht
- Demokratie muss sich weiterentwickeln

Welche Argumente sind für Sie wichtig? Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für die Umsetzung des Artikels 20 des Grundgesetzes einsetzen?

Mit sonnigen Grüßen
Rolf Weber

P.S.:
Vielleicht sollte sich die CDU ein Beispiel an der CSU nehmen. Nach einem Ranking der Bundesländer in bezug auf „bürgerfreundliche Volksabstimmungen“ liegt Bayern mit Abstand an der Spitze.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Weber,

ich danke Ihnen für Ihre E-Mail, in der Sie Ihre Argumente für und gegen einen Volksentscheid auf Bundesebene ausführen.

Vor 56 Jahren haben die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland als repräsentative parlamentarische Demokratie verfasst. Das Grundgesetz hat damit die Grundlage für die erste stabile und erfolgreiche Demokratie in der deutschen Geschichte geschaffen. Die CDU/CSU- Bundestagsfraktion hält daran fest und beabsichtigt daher nicht, das Grundgesetz zur Einführung weiterer plebiszitärer Elemente auf Bundesebene zu ändern.

Vor allem auf Bundesebene haben wir mit der repräsentativen, parlamentarischen Demokratie die besten Erfahrungen gemacht. Auf Landesebene, da gebe ich Ihnen recht, haben sich Volksinitiative, Volksbegehren und Volksabstimmung auf der für den Bürger überschaubaren kommunalen und auf der Landesebene bewährt. Hier sind sie auszubauen. Als Abgeordneter aus Nordrhein-Westfalen kann ich Ihnen in diesem Zusammenhang berichten, dass die CDU NRW in Oppositionszeiten mit großer Mühe und unterstützt von vielen gesellschaftlichen Gruppen der damaligen SPD-Landesregierung solche Instrumente mühsam, aber erfolgreich abgerungen hat. Insofern kann ich aus eigener Erfahrung Ihre Einschätzung, dass entsprechende Bemühungen in der Vergangenheit insbesondere an der CDU gescheitert seien, überhaupt nicht nachvollziehen.

Für die komplexeren Verhältnisse auf der Bundesebene sind sie nach Auffassung von CDU und CSU jedoch nicht geeignet. Dies liegt vor allem daran, dass plebiszitäre Formen der Staatswillensbildung gegenüber dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren nicht generell mehr Demokratie bedeuten. Bei Volksentscheiden auf Bundesebene müssen komplexe Sachfragen notgedrungen auf einfache Aussagen in Ja-Nein-Alternativen reduziert werden. Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren hingegen bietet ein größeres Maß an Verfahrensrationalität, Interessenausgleich und Gelegenheit zum Kompromiss. Außerdem stellt es die nach Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz notwendige Mitwirkung der Bundesländer an der Gesetzgebung sicher, die bei nationalen Plebisziten fehlt.

Hinzu kommt, dass nach aller Erfahrung bei Volksentscheiden die Menschen ihr gutes Recht wahrnehmen, über alles Mögliche zu entscheiden, nicht aber über den eigentlich zur Entscheidung anstehenden Gegenstand. So waren sich auch bei den jüngsten Volksentscheiden über die EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden alle politischen Beobachter einig, dass die Ablehnung der EU-Verfassung durch eine Mehrheit der Bürger in erster Linie ein Protest gegen die nationalen Politiken ihrer jeweiligen Regierungen war und sich weniger gegen die Europäische Verfassung richtete.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ralf Brauksiepe