Frage an Ralf Brauksiepe von Heiko B. bezüglich Soziale Sicherung
Warum sträuben sich Politiker fast aller Parteien so vehement gegen Mindestlöhne?
Die Schweiz scheint meiner Meinung nach die Verantwortung um das Wohlergehen ihrer Bürger ernster zu nehmen und ergreift Maßnahmen die hierzulande nahezu dämonisiert werden. Man lese:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/970/100870/
Ich möchte gern wissen, wie Sie darüber denken. Sie persönlich als Abgeordneter, der nur seinem Gewissen verantwortlich ist, bitte nicht die offizielle Stellungnahme Ihrer Partei.
Gruß,
Heiko Bauer
Sehr geehrter Herr Bauer,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Mindestlohn. Derzeit beschäftigt sich eine Koalitionsarbeitsgruppe intensiv mit dem Niedriglohnsektor in Deutschland. Ich bin ebenfalls Mitglied dieser Arbeitsgruppe, die natürlich auch das Thema Mindestlöhne in Deutschland behandelt. Wahrscheinlich haben Sie der Presse bereits entnommen, dass diese Frage noch nicht abschließend behandelt worden ist.
Für uns als Union ist klar, dass man für anständige Arbeit einen anständigen Lohn erhalten muss und dass jemand, der einen Beruf in Vollzeit ausübt, im Grundsatz auch davon leben können muss. Angesichts der Löhne, die in einigen Branchen gezahlt werden, müssen wir erkennen, dass das heute in Deutschland nicht überall gewährleistet ist.
Insofern müssen wir uns über geeignete Instrumente unterhalten, die Löhne gewährleisten, von denen man leben kann, die aber nicht gleichzeitig Beschäftigung vernichten. Bei gesetzlichen Mindestlöhnen besteht z.B. die Gefahr, dass diese zu hoch sind, so dass sich die Beschäftigung für Arbeitgeber in einzelnen Branchen nicht mehr rechnet.
Es ist richtig, dass in anderen europäischen Staaten Mindestlöhne gezahlt werden, die etwa in der Größenordnung liegen, wie sie von mehreren Seiten auch für Deutschland vorgeschlagen werden. Ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt lassen sich jedoch kaum von anderen Bedingungen trennen, die auf den jeweiligen Arbeitsmärkten dieser Länder herrschen. Deswegen ist davor zu warnen, einzelne arbeitsrechtliche Bestandteile ausländischer Arbeitsmärkte isoliert auf Deutschland zu übertragen.
Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich nicht vorhersehen, worauf wir uns in der obigen Frage mit der SPD einigen werden. Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, dass das Arbeitnehmerentsendegesetz auf das Gebäudereinigerhandwerk ausgeweitet wird. Zudem wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir unter bestimmten Voraussetzungen prüfen wollen, weitere Branchen aufzunehmen. Auch hier laufen die Gespräche und Prüfungen.
Ich bin zuversichtlich, dass wir uns noch vor Ostern in der Arbeitsgruppe Niedriglohn auf ein beschäftigungsfreundliches Gesamtkonzept zum Niedriglohnbereich verständigen, das zugleich für vernünftige Löhne für die dort Beschäftigten sorgt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ralf Brauksiepe