Frage an Rainer Wieland von Michael U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wieland,
Der Ausschuss für konstitutionelle Fragen des Europa-Parlaments berät zur Zeit einen Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen.
www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/com/com_com(2012)0499_/com_com(2012)0499_de.pdf
Der Vorschlag sieht unter anderem Regeln für Parteispenden vor. Demnach können europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen Spenden von natürlichen oder juristischen Personen bis zu einem Wert von 25 000 EUR pro Jahr und Spender annehmen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich die Definition dessen, was als Spende zu verstehen ist. Artikel 2 (7) des Vorschlags gibt folgende Begriffsbestimmung für den Begriff „Spende“: „Bargeldgeschenke und andere Sachspenden (Gegenstände oder Dienstleistungen), die für die betreffende europäische politische Partei oder europäische politische Stiftung einen wirtschaftlichen Vorteil darstellen.“
Angesichts dieser merkwürdig formulierten Definition frage ich mich, wie Geldgeschenke behandelt werden, die nicht in bar übergeben werden, sondern per Banküberweisung erfolgen. Sind diese dann ganz verboten oder in beliebiger Höhe erlaubt?
Weiter frage ich mich, ob es nicht besser wäre, die vom Ministerkomitee des Europarates empfohlene Definition für Parteispenden zu verwenden. In der nur in Englisch und Französisch verfügbaren Empfehlung aus dem Jahr 2003 heißt es:
„Article 2 Definition of donation to a political party - Donation means any deliberate act to bestow advantage, economic or otherwise, on a political party.“
wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?id=2183
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort und
mit freundlichen Grüßen
Michael Urnau
Sehr geehrter Herr Urnau,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 24. Februar 2013, auf die ich hiermit höflich Bezug nehme. Für die verspätete Beantwortung möchte ich Sie um Nachsicht bitten.
Inzwischen hat der Ausschuss für Konstitutionelle Fragen seinen Bericht zum Vorschlag der Europäischen Kommission über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen angenommen.
Es wurden zahlreiche Änderungsanträge zum Entwurf der Berichterstatterin eingereicht und auch innerhalb der EVP-Fraktion fanden intensive Beratungen statt. In diesem Rahmen habe ich die Definition von Spenden, wie sie im Kommissionsentwurf formuliert ist, kritisiert. Auch ich bin wie Sie der Meinung, dass der Wortlaut "Bargeldgeschenke und andere Sachspenden" zu ungenau und restriktiv ist. Wir haben uns im Ausschuss nun auf folgende Definition geeinigt, die leider bisher nur auf Englisch verfügbar ist:
(7) ‘donation’ means a payment or benefit in kind (goods or services) constituting an economic or financial advantage for the European political party or European political foundation concerned, with the exception of contributions to the organisation of joint events.
Diese Definition weitet somit den Bereich dessen, was unter die Definition einer "Spende" fällt, aus und erhöht damit auch die Anforderungen im Bereich der Transparenz an die europäischen politischen Parteien. Eng verknüpft mit dieser Definition von Spenden sind weitere Regelungen zu Obergrenzen, Offenlegung etc., denen ein Grundverständnis von Spenden als geldwertem Vorteil zugrunde liegt. Aus diesem Grund ist eine abstraktere und noch weiter gefasste Definition, wie jene vom Europarat, die Sie vorschlagen, nur schwer auf die aktuelle Richtlinie übertragbar.
Ich denke, dass wir mit der nun gefundenen Formulierung einen guten Kompromiss zwischen hohen Anforderungen in Bezug auf Transparenz und Rechenschaftspflicht, denen europäischen politische Parteien genügen müssen, sowie praktischer Umsetzbarkeit der Regelungen gefunden haben.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Rainer Wieland