Frage an Rainer Wieland von Maria Theresia B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Europa-Abgeordneter Wieland!
Laut der Medienberichterstattung der letzten Monate schafft es der griechische
Staat nicht einmal, die ihm bisher zustehenden Steuern von allen seinen Bürgern tatsächlich einzuziehen(siehe beispielsweise auch heutige FAZ, Fr.,25.5.2012, S.11).
Sollte die EU und die Einzelstaaten einem solchen Staat nicht sämtliche weiteren Finanzmittel und Kredite sowie Bürgschaften verweigern, solange nicht wenige Griechen ihrem Staat nicht einmal selbst das geben, was diesem, laut den eigenen Gesetzen, zusteht? Es kann ja wohl nicht die Aufgabe der EU sein, einen Staat zu finanzieren, wenn dessen eigene Bürger zu nicht unerheblichen Teilen sich weigern, dem eigenen Staat die gesetzlich von einem demokratischen Parlament beschlossenen Steuern zu bezahlen?
Mit bestem Dank im voraus für Ihre Antwort und freundlichen Grüssen
Maria Theresia Bauer
Sehr geehrte Frau Bauer,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de, auf die ich hiermit höflich Bezug nehme. Für die verspätete Antwort bitte ich um Nachsicht und hoffe, dass diese noch von Interesse für Sie ist.
Selbstverständlich kann ich Ihre Sorgen nachvollziehen. In der Tat ist es leider nicht zu bestreiten, dass der griechische Staat in der Vergangenheit große Schwierigkeiten hatte, Steuern ordnungsgemäß von seinen Bürgern einzuziehen. Dies war einer der Gründe, wenn auch nicht der einzige, die Griechenland in die Nähe eines Staatsbankrotts gebracht haben. Dass diese Schwierigkeiten, die zum Großteil seit Jahren bestehen, nicht auf allen Feldern von heute auf morgen behoben werden können, liegt in der Natur der Sache. Die vorangetriebene Neustrukturierung der griechischen Steuerbehörden ist wie bei den vielen politischen Umstellungen in Griechenland noch nicht vollständig abgeschlossen, weswegen es auch an einer lückenlosen Durchsetzung mangelt. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist außerdem, dass die Hilfen für Griechenland nicht nur in monetärer Form erfolgen, sondern, dass Europa diese an Verpflichtungen knüpft und – wo nötig – bei der Umsetzung mit Rat und Tat bereitsteht. Dies gilt übrigens nicht nur für Griechenland, sondern trifft auch für andere Staaten wie Spanien oder Irland zu, die ja mittlerweile die Rettungsschirme wieder verlassen konnten.
Grundsätzlich bitte ich Sie auch zu berücksichtigen, dass das in Deutschland vermittelte Griechenlandbild in vielen Fällen einseitig ist und die positiven Entwicklungen oftmals wenig bis gar keine Aufmerksamkeit finden. Tatsächlich hat es in dem von Ihnen angesprochenen Bereich in den letzten Jahren spürbare Fortschritte gegeben, die auch dank der Hilfe deutscher Steuerbeamter möglich waren. Aus diesem Grund wäre es falsch, die Finanzhilfen für Griechenland einzustellen. Dies würde sämtliche bisher vorgenommenen Verbesserungen und Fortschritte zunichtemachen und ein fatales Zeichen an jene Griechen senden, die sich mit extremen Anstrengungen bemüht haben, die vorhandenen Probleme zu beheben. Wichtig ist vielmehr, die griechische Regierung in ihren Reformvorhaben weiter zu unterstützen.
Zudem möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir uns in der Eurokrise mittlerweile auf einem sehr guten Weg befinden. So sind seit 2010 die ausländischen Direktinvestitionen in Griechenland konstant angestiegen. Dies zeigt klar auf, dass die vorgenommen Strukturreformen sich positiv auswirken. Ebenso geht das Haushaltsdefizit seit Januar 2012 zurück, wobei Griechenland im 1. Halbjahr 2013 im Haushalt sogar einen primären Überschuss (d.h. Haushalt ohne Zinsen) von 2,6 Mrd. € erzielen und damit die Erwartungen der Troika weit übertreffen konnte. Dies honorieren mittlerweile auch die Finanzmärkte, auf denen die Zinsen für Staatsanleihen von übrigens nicht nur Griechenland, sondern auch von anderen von der Krise betroffenen Staaten, gesunken sind. Im Falle Griechenlands so von fast 40% im Jahr 2012 auf mittlerweile unter 10% bei zehnjährigen Staatsanleihen.
Alles in allem teile ich mit vielen Bürgern, Deutschen und Griechen, das sichere Gefühl, dass wir uns Dank des entschlossenen Handelns auf viel festerem Grund bewegen, als noch vor einem Jahr. Dies darf sowohl im eigenen, als auch im Interesse aller Europäer nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort dienlich gewesen zu sein und stehe für weitere Fragen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Wieland