Frage an Rainer Wieland von Peter B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Wieland
Stellvertretend für ca. 6 Mio. deutsche Hundehalter, frage ich Sie , wie kann es sein daß es in Deutschland immer noch die Hundesteuer als einzigste "Tiersteuer" gibt. Mir ist bewusst, daß es sich hierbei um Komunales Recht handelt, dennoch stehen Bundes bzw. EU Gesetzte über Komunalem Recht ! Wie kann es nun sein, daß einzig Hundebesitzer in Deutschland mit dieser "Luxussteuer" aus dem 18ten Jarhundert belegt werden , meines erachtens vertößt dies gegen GG § 3 und stellt gegenüber anderen Tierhaltern eine deutliche Benachteiligung dar!
Da Sie als "gelernter" Jurist sich mit den Gesetzen ja bestens auskennen, bin ich auf Ihre Antwort gespannt!
Ich bedanke mich schon recht herzlich im vorraus führ Ihre Mühe und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
P. Baum
Sehr geehrter Herr Baum,
auf Ihre Anfrage bei abgeordnetenwatch.de vom 4. Februar 2010 nehme ich höflich Bezug.
Das Problem der Hundesteuer ist mir bereits aus meiner langjährigen Mitgliedschaft im Gemeinderat der Stadt Gerlingen bestens vertraut, wie mir auch bewußt ist, dass die Hundesteuer - damals wie heute - steter Reizpunkt ist. Für die einen, die meisten Hundehalter, gehört sie abgeschafft, während von den "hundelosen" Mitbürgern in der Regel die Erhöhung der Hundesteuer auf den Höchstsatz gefordert wird.
Es war und ist nicht leicht für die Kolleginnen und Kollegen in der Kommunalpolitik, sowohl bei jenen, die die Verschmutzungsproblematik unterschätzen, als auch bei jenen, die die soziale Funktion eines Haustiers, das "bezahlbar" bleiben muss, unterschätzen.
Der Offenheit halber will ich Ihnen sagen, dass ich sowohl in unserer "hundelosen Zeit" im Gemeinderat für eine maßvolle Festsetzung der Hundesteuer gestimmt habe, wie ich es heute - zwischenzeitlich zwar nicht mehr im Gemeinderat, aber "auf den Hund gekommen" - tun würde.
Sie haben Recht mit dem Hinweis, dass die Hundesteuer erstmals im 18. Jahrhundert als eine "Luxussteuer" eingeführt wurde. Seitdem hat sich jedoch vieles geändert. Der Hund ist kein Luxus mehr, vielmehr verfolgt die heutige Hundesteuer das ordnungspolitische Ziel, die Zahl der Hunde einer Gemeinde zu begrenzen. Die Hundesteuer verstößt nicht schon allein deshalb gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 GG), weil das Halten anderer Tiere nicht besteuert wird, da die Eindämmung einer erhöhten Verunreinigung und Gefährlichkeit aufgrund zunehmender Hundehaltung eine steuerliche Ungleichbehandlung gegenüber anderen Tieren (z.B. Katzen), rechtfertigt. (ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, so z.B. BVerwG in KStZ 1978,151)
Die Hundesteuer gehört damit zu den örtlichen Steuern, die an die Haltung von Hunden anknüpft und von den Gemeinden erhoben werden kann.
Rechtsgrundlage sind dabei die Hundesteuergesetze bzw. die Kommunalabgabengesetze der Länder, die die Gemeinden zur Steuererhebung ermächtigen. Ob und wie die Städte und Gemeinden eine Hundesteuer erheben, hängt von den jeweiligen Landesfinanzbehörden ab.
Für Hunde, die zu gewerblichen Zwecke gehalten werden (z. B. zur gewerblichen Hundezucht oder für den Hundehandel), darf keine Hundesteuer erhoben werden, da die Gesetzgebungskompetenz der Länder aus Art. 105 Abs. 2a GG (örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern) nur eine Steuer für das Halten von Hunden durch natürliche Personen zu privaten Zwecken abdeckt. Daneben sehen die Kommunalsatzungen oftmals Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen für Blindenhunde, Hütehunde, Gebrauchshunde, Hunde mit bestandener Begleithundeprüfung, Hunde in oder aus Tierheimen sowie für private Hundezüchter vor.
Wie Sie richtig bemerkt haben, steht die von Ihnen aufgeworfene Frage im kommunalrechtlichen Kontext, der seinen Hintergrund in den landesrechtlichen Vorgaben hat. Dieser Hintergrund ist durch höchstrichterliche Entscheidungen für die Bundesrepublik Deutschland abgesichert und dabei, wie immer man dazu auch stehen mag, insbesondere das Argument der Gleichbehandlung entkräftet oder als jedenfalls nicht ausreichend bewertet worden.
Europarecht steht zwar in der "Normenpyramide" über Bundes-, Landes- und Kommunalrecht, greift jedoch nur ein, wenn die Ziele auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sind in Artikel 5 Absätze 2 und 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) definiert.
Der Grundsatz der Subsidiarität ist maßgebend für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten von denen der EU (wer soll tätig werden?).
Verfügt auf einem Gebiet die EU über die ausschließliche Zuständigkeit, steht zweifelsfrei fest, wer tätig werden darf oder muss, und die Subsidiarität findet keine Anwendung.
Das Problem der Hundesteuer ist damit kein europarechtliches Problem und nach meiner Überzeugung auch keines, das einer ganzheitlichen Regelung bedarf.
Damit geht allerdings Ihr Hinweis auf Art. 3 GG ins Leere, die europäischen Hundehalter müssten gleich behandelt werden. Art. 3 GG bezieht sich auf den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland und der europäische Gesetzgeber ist nur dort zur Gleichbehandlung verpflichtet, wo die Europäische Union als solche handelt. Und das tut sie - aus den oben dargelegten Gründen - eben nicht.
Soweit Sie sich bemühen wollen die - allerdings gefestigte und rechtlich abgesicherte - Praxis der Hundesteuer auf politischem Wege zu verändern, kann ich Sie deshalb aus all dem Dargelegten nur darauf verweisen, sich an Ihre Landtagsabgeordneten, und /oder Ihre Gemeinderäte zu wenden.
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort dienlich gewesen zu sein.
Für weitere Fragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne auch direkt über meine Homepage www.mdep.de zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Rainer Wieland