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Frage von Jochen S. •

Frage an Rainer Wieland von Jochen S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Wieland,

mit bedauern musste ich feststellen, dass es weiterhin eine ungleichbehandlung von Abgeordneten und dem rest des Volkes gibt. Mit Bezug auf das anti-Korruptionsgesetz hat sich seit 2007 leider nichts mehr großartig getan. Die Regierung schiebt das Thema weiter vor sich her ohne wirklich an diesem Gesetzesvorhaben weiter zu arbeiten.

Warum wird das Gesetz nicht verschärft, damit Politiker, genau wie das restliche Volk, bei Korruption oder gar dem Verdacht einer Korruption gesetzlich nachgegangen wird?

(Vgl. http://www.welt.de/politik/article1271271/Die_Angst_der_Koalition_vor_dem_Staatsanwalt.html )

Durch die Vorratsdatenspeicherung, Sperren im Internet, Identifikationsnummer schafft die CDU (natürlich mit Unterstützung der SPD) den gläsernen Bürger.

Warum wird nicht der gläserne Staat geschaffen statt den gläsernen Bürger?

Wenn der Bürger nichts zu verbergen hat, dann kann er doch alles offenlegen. So geht es auch Arbeiter die in Hartz IV rutschen und über 20 Jahre lang für ihre Rente was beiseite angespart haben, dass müssen sie jetzt erst aufbrauchen, sonst gibt es kein Hartz IV. Schließlich gäbe es ja noch die Riester-Rente. Nur ist das nicht so profitabel wie eine private Altersvorsorge in Fonds.

Wenn der Abgeordnete nichtszu verbergen hat, dann kann dieser doch auch dem Anti-Korruptsgesetz (nach Vorlage der UN) nachkommen.

Warum wird dieses Thema nach hinten geschoben statt es anzupacken? Stattdessen wird lieber die Vorratsdatenspeicherung und die Identifikationsnummer vorrangetrieben. Wie wollen Sie dies dem Bürger plausibel erklären? Schließlich fühlt dieser sich von vorne bis hinten betrogen.

Abgeordnete erhalten einen üppigen Salär, den viele Bürger gerne hätten, dennoch sind viele Abgeornete noch nebenberuflich tätig für Unternehmen, die verwunderlicherweise oft Vorteile von neuen Gesetzen bekommen. Warum wird dagegen nicht vorgegangen, das Abgeordnete nebeneinkünfte erhalten oder diese sehr transparent gemacht werden?

Grüße

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Stendel,

besten Dank für Ihre Anfrage zur Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption.

Die Konvention kann nur einen Rahmen der nationalen deutschen Gesetzgebung bilden. Ein großer Teil des in der UNCAC (United Nations Convention Against Corruption) geforderten Maßnahmenkatalogs ist bereits in der deutschen Gesetzgebung verankert. So ist insbesondere die Bestechung von Abgeordneten nach § 108e StGB strafbar. Dabei wird die unlautere Einflussnahme auf den demokratischen Meinungsbildungsprozess sowohl von Seiten des Abgeordneten als auch durch den Stimmkäufer strafrechtlich sanktioniert. Vergleichen Sie dies einmal mit den entsprechenden strafrechtlichen Maßnahmen in anderen Ländern, an die sich die UN-Konvention auch richtet!

Sicherlich muss der Kampf gegen Korruption intensiv weiter vorangetrieben werden und das Strafrecht könnte hier durchaus einer Verschärfung bedürfen, da jeder Fall von Korruption das Vertrauen der Bürger in die Funktionsweise der Institutionen und der Amtsträger schädigt.

Die von Ihnen angesprochene Initiative der UN und auch diejenige des Europarats, die Sie leider übersehen, sind als Beitrag hierzu zu begrüßen und bereits schon lange von Deutschland unterzeichnet.

Entscheidend ist allerdings, ob die Anpassung von bestehenden nationalen Normen und Gesetzen an diese teils sehr breit gefassten Konventionen, sowie die Frage, ob diese im Einklang mit den Vorgaben des Grundgesetzes stehen, insbesondere bei der grundgesetzlich festgeschriebenen Freiheit des Abgeordnetenmandats, die durch eine bloße Übernahme der für Beamte und Richter geltenden Regelungen eine vermutlich verfassungswidrige Einschränkung erfahren würde.

Diese laufenden nationalen wie europäischen Adaptionsprozesse mit einer Verweigerung oder gar Duldung von Korruption gleichzusetzen, könnte als Zeugnis einer Geringschätzung unseres politischen Systems sowie unserer Rechtskultur und Rechtstradition verstanden werden.

Was die Nebeneinkünfte angeht:
Die Kritik an Nebentätigkeiten von Abgeordneten in Bürgerzuschriften am einen Tag wird häufig am anderen Tag durch Zuschriften mit der Klage abgelöst, die Abgeordneten seien zu weit abgehoben vom "realen Leben". Dabei lassen sich sowohl Argumente für die Position finden, der Abgeordnete solle sich ausschließlich um das Mandat kümmern, wie auch für die Position, Abgeordnete sollten während ihrer Tätigkeit im Berufsleben verankert bleiben. Daneben steht für etliche Kollegen und Kolleginnen das Interesse, während der Zeit bis zur Beendigung ihres Mandats nicht völlig von der Entwicklung auf ihrem Berufsfeld abgehängt zu werden, um einen Wiedereintritt in das Berufsleben zu ermöglichen.

Diese gegensätzlichen Positionen werden sich nicht auflösen lassen. Ich habe deshalb immer den Standpunkt vertreten, dass es jeder Abgeordnete selbst wissen und es auch selbst mit sich, seinen Wählern und den Mitgliedern seiner Partei ausmachen muss, wie er es in dieser Sache hält und wie er sich entlang seiner Entscheidung organisiert.

Ich werde auch jeden Kollegen in der Freiheit, diese Entscheidung zu treffen, verteidigen und wehre mich - für mich und alle anderen - gegen pauschale Kritik, wohl wissend, dass es Kollegen geben mag, die diese Entscheidung oder den Ton, mit dem sie sie erklären, falsch treffen. Und ebenso wohl wissend, dass manche diese Frage so handhaben, dass es auf alle anderen zurückfällt. Aus den genannten Gründen stehe ich im übrigen pauschalen Forderungen, die Vorschriften für frei gewählte Abgeordnete immer weiter zu regulieren, ausgesprochen zurückhaltend gegenüber. Es ist trotz einzelner Fälle, die auch mich nachdenklich machen, für eine freie Demokratie nicht gleichgültig - und damit übrigens für Gewählte und für Wähler nicht -, ob man Mandatsträger wie frei gewählte Abgeordnete oder wie entsprungene Häftlinge behandelt.

Ich selbst habe für mich ganz persönlich dafür entschieden, die Abgeordnetentätigkeit als Vollzeittätigkeit auszuüben. Ich bin zwar weiterhin noch zugelassener Rechtsanwalt und Mitinhaber einer Kanzlei in Stuttgart, aber im "operativen Geschäft" nicht tätig. Wenn ich im Fall von Abwesenheit eines Kollegen einen Schriftsatz unterschreibe oder im Urlaubsfall eines Kollegen einen Termin wahrnehme, so geschieht dies auch kollegialer Verbundenheit, nicht gegen Rechnung und ist im übrigen so selten, dass ich mich an den letzten konreten Fall nur noch schwerlich erinnern kann.

Die einzigen Ausnahme - ich bin für die überparteiliche Europa-Union ( http://www.europa-union.de ) Vertreter im ZDF-Fernsehrat und gehöre als in Volkswahl gewähltes Mitglied der Regionalversammlung des Verbandes Region Stuttgart ( http://www.region-stuttgart.de ) an - können sicherlich nicht als die klassische Nebentätigkeiten angesehen werden. Sie sind im übrigen allerwärts nachzulesen und genügen allen Transparenzerfordernissen. Das Europäische Parlament hat, wie auch der Deutsche Bundestag, die notwendige Transparenz in dieser Angelegenheit geschaffen. Nebeneinkünfte können über die Homepage des EP ( http://www.europarl.europa.eu/ep-dif/2323_03-12-2008.pdf ) bzw. des Bundestages von jedermann eingesehen werden. Meine sonstigen Mitgliedschaften und Ehrenämtern in Partei und Vereinen können Sie ergänzend gerne meiner Homepage ( http://www.mdep.de ) entnehmen.

Ich möchte Sie einladen, sich persönlich einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Ich hoffe, Ihnen ein wenig weitergeholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Rainer Wieland