Frage an Rainer Hamann von Sebastian K. bezüglich Medien
Sehr geehrter Herr Hamann,
da sie Sprecher für Medienpolitik und Datenschutz der SPD-Fraktion sind, habe ich folgende Fragen an sie:
1) Wie beurteilen sie die Pläne von Teilen der Bundesregierung und verschiedenen Landesregierungen die Vorratsdatenspeicherung direkt oder indirekt einzuführen?
2) Welche Möglichkeiten sehen sie als Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft entsprechende Pläne auf Bundesebene von Bremen und weiteren Bundesländern verhindern zu lassen?
3) Was für ein Verständnis vom das Thema "Vorratsdatenspeicherung" herrscht, ihrer Meinung nach, unter den Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft?
Sehr geehrter Herr Kruse,
1) Wie beurteilen sie die Pläne von Teilen der Bundesregierung und verschiedenen Landesregierungen die Vorratsdatenspeicherung direkt oder indirekt einzuführen?
Als erstes ist der Begriff Vorratsdatenspeicherung (VDS) falsch. Es geht um die anlasslose Überwachung des elektronischen Kommunikationsverhaltens der gesamten Bevölkerung in der EU.
Innerhalb der Bundesregierung ist das Thema umstritten. Es ist aber zu erwarten, dass es zu einer Umsetzung der EU Richtlinie kommt. Ich hätte mir im März 2010 ein klareres Urteil des Bundesverfassungsgerichts gewünscht. Die FDP wird ihren Widerstand aufgeben.
Diese anlasslose Überwachung wird von mir abgelehnt, sie stellt einen tiefen Eingriff in die Lebensführung der Betroffenen dar. Die entsprechenden Pläne der Bundesregierung lehne ich natürlich ab.
Die Haltung anderer Landesregierungen ist ähnlich. VDS wird als wirksame Massnahme begrüßt.
Verschiedene Untersuchungen zeigen: VDS bringt nichts - wenn man das ursprüngliche Ziel die Abwehr von Angriffen durch Terrorristen - verfolgt. VDS ist leicht zu umgehen. Als potentieller Straftäter würde ich mir ein Mobiltelefon klauen oder unter falschem Namen kaufen. Oder: die gute alte Briefpost nutzen.
Wer VDS als wirksame Maßnahme begrüßt wird weitere Forderungen stellen (müssen):
a) Registrierung aller Besucher von Internetcafes - China zB. macht so etwas erfolgreich
b) Überwachung von Telefonzellen.
c) konsequente Verfolgung von W-Lan Betreibern die ihr Netz nicht absichern.
In der "analogen Welt" würden die Bürgerinnen und Bürger sich Maßnahmen wie VDS nicht gefallen Lassen.
Gedankenexperiment: Schreiben Sie eine Woche jeden persönlichen Kontakt mit anderen Menschen auf. Name, Uhrzeit, Dauer des Gesprächs, GPS Position.
Wer ernsthaft glaubt mit VDS Terrorangriffe oder sonstige Straftaten abwehren zu können der stellt auch Schilder mit der Beschriftung "Hier ist kein Haus" auf um Einbrüche zu verhindern.
2) Welche Möglichkeiten sehen sie als Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft entsprechende Pläne auf Bundesebene von Bremen und weiteren Bundesländern verhindern zu lassen?
Ich habe - zusammen mit dem Koalitionspartner - einen entsprechenden Antrag "Keine Vorratsdatenspeicherung über den Umweg Europa" für die SPD-Bürgerschaftsfaktion eingebracht. Die Fraktionen der FDP und Die Linke unseren Antrag unterstützt.
Aus dem Antrag:
"Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen,
1. dass die Bundesregierung, unter Hinweis auf die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung, Vorhaben zur Vorratsdatenspeicherung auch auf europäischer Ebene entschieden ablehnt und
2. dass die Bundesregierung auf europäischer Ebene auf eine vollständige Aufhebung der Richtlinie 2006/24/EG (betreffend Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsbereich) hinwirkt."
Die CDU war in der Debatte isoliert. Aber vielleicht ändert sich die Haltung ja noch - in der Kernenergiedebatte ging das ja auch sehr schnell.
Achso: In dem Regierungsprogramm der SPD zur Bürgerschaftswahl steht die Ablehnung der anlassloscen Überwachung auch.
Sie sehen: Ihre 5 Stimmen sind bei mir gut angelegt :-)
3) Was für ein Verständnis vom das Thema "Vorratsdatenspeicherung" herrscht, ihrer Meinung nach, unter den Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft?
Ergibt sich aus der Antwort zu 2).
Entschuldigen Sie die lange Antwort.
Mit nicht-speichernden Grüßen,
Rainer Hamann