Frage an Priska Hinz von Tanja V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Hinz,
ist es Ihrer Meinung nach richtig, dass die Bundespolitik immer noch nichts gegen die steigenden Kraftstoffpreise unternimmt? Oder sehen Sie Handlungsbedarf? Wenn ja, wie könnten mögliche Lösungen aussehen?
Danke
Gruß
Tanja Veit
Sehr geehrte Frau Veit,
die steigenden Spritpreise sind vor allem eine Folge des ständig steigenden Rohölpreises. Aktuell beträgt er schon mehr als 140 Dollar pro Fass. Ein Teil dieses Preises ist pure Spekulation und die Mineralölkonzerne verdienen daran prächtig. Von daher halten wir Grünen eine Sondersteuer für Mineralölkonzerne für prüfenswert, um die Extraprofite abzuschöpfen.
Die permanent steigenden Ölpreise zeigen aber auch an, dass die Ölförderung mit der Nachfrage nicht mehr mithalten kann. Bis 2030 wird weltweit eine Verdopplung der Kraftfahrzeuge auf dann zwei Milliarden Fahrzeuge erwartet. China produziert schon heute mehr Autos als Deutschland, Japan ist bald eingeholt. Wenn diese Autos alle auf der Basis von Öl fahren, gehen die Ölreserven schneller zur Neige. Explodierende Ölpreise sind die Folge. Außerdem würde die Verbrennung so viel zusätzliches Kohlendioxid erzeugen, dass die globale Erwärmung um mehr als 2 Grad Celsius nicht mehr aufzuhalten wäre: ein Wert, den UN-Klimarat und Wissenschaft für gerade noch vertretbar halten.
Deshalb müssen wir "Weg vom Öl". Die Autoindustrie tut zu wenig, um spritsparende Fahrzeuge zu entwickeln. Wir haben in einer grünen Automobilstrategie (Green Car Concept) zur IAA 2007 Vorschläge gemacht, wie man die Verbrauchswerte schneller senken kann. Die Zukunft muss Null-Emissions-Autos gehören. Elektrofahrzeuge, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden, sind heute keine Utopie mehr. Volkswagen und Opel haben für 2010 solche Autos angekündigt. Daimler testet 100 Elektro-Smarts in London. Einige neue Hersteller (Think Global, Tesla) haben bereits mit der Produktion von Elektrofahrzeugen in Serie begonnen. Strenge CO2-Grenzwerte für Neufahrzeuge und steigende Ölpreise werden diese Entwicklung beschleunigen.
Steuern machen einen festen Teil der Kraftstoffkosten aus. Mit den steigenden Ölpreisen, die sich in den letzten Jahren verzehnfacht haben, sinkt dieser Anteil prozentual. Der Steuervorteil von Diesel gegenüber Benzin (Ottokraftstoff) beträgt rund 20 Cent. An den Zapfsäulen kostet Diesel derzeit allerdings mehr als Benzin - trotz der Steuerdifferenz! Die Differenz stecken sich die Öl-Multis in die Tasche. Eine Steuersenkung für Benzin und Diesel, wäre daher ein falsches Signal. Die Mineralölkonzerne würden "danke" sagen und das zusätzliche Geld vermutlich nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben.
Die Ökosteuer macht mit rund 15 Cent nur einen Teil der Mineralölsteuer aus. Ein Großteil der Steuern auf Benzin und Diesel ist dagegen schon von früheren Bundesregierungen vor Rot-Grün beschlossen worden, der Löwenanteil übrigens mit den Stimmen der "Steuersenkungspartei" FDP. Mit dem Aufkommen aus der Ökosteuer werden außerdem die Lohnnebenkosten gesenkt. Ohne die Ökosteuer lägen die Rentenbeiträge 1,7 Prozentpunkte höher, das würde zahlreiche Arbeitsplätze kosten. Der Grundsatz, Arbeitskosten zu entlasten und Umweltverbrauch zu belasten, hat sich bewährt. Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2005 hat es nachgewiesen: Durch die Ökosteuer wurden bis 2003 netto 250.000 Arbeitsplätze geschaffen und die CO2-Emissionen um 20 Millionen Tonnen gesenkt. Wir stehen daher zur Ökosteuer.
Darüber hinaus setzen wir Grünen uns seit jeher für den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs ein. Wer keine Alternativen zur Fahrt mit dem Auto hat, kann Mitfahrgelegenheiten anbieten oder sich selbst mitnehmen lassen, um so Spritkosten zu teilen. Es gibt mittlerweile im Internet auch ein gutes Angebot für Pendler unter www.pendlernetz.de
Wir werden uns weiter vehement für faire Energiepreise, gegen Abzocke durch Energiemonopolisten und für zukunftsfähige erneuerbare Energien einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Priska Hinz