Frage an Priska Hinz von Daniela D. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Hinz ,
ich bin mit meinen Söhnen aus beruflichen Gründen von Dresden nach Frankfurt gezogen.
Meinen jüngsten Sohn habe ich völlig vorurteilsfrei in der nahe gelegendsten Realschule, 6.Klasse, angemeldet. Ein schwerer Fehler!
Mein Sohn hat auf Grund des hohen Migrantenanteils ähnliche Probleme, wie deutsche Schüler an Brennpunktschulen in Berlin Neuköln, Kreuzberg oder Wedding. Ich denke, ich muss das nicht näher ausführen. Außerdem findet kein Musikunterricht statt. Im Deutschunterricht wird Star Wars und der Hodscha aus der Türkei behandelt. Im christl. Religionsunterricht ist der Islam Schwerpunkt.
Mein Versuch eine andere Schule zu finden scheiterte, da "bessere"Schulen übervolle Klassen haben und erst im Umkreis wohnende Kinder berücksichtigt werden .
Das Schulamt wollte mir auch nicht helfen, da ich auf den hohen schlecht integrierten Migrantenanteil in der Klasse hinwies .
Mein Sohn hat ein Recht auf Bildung! Warum werde ich als deutsche Mutter nicht ernst genommen? Warum nimmt man die deutsche Minderheit und ihre Probleme nicht ernst? Ich fühle mich diskriminiert. Wie soll mein Sohn an dieser Schule einen ordentlichen Abschluss machen? Wäre es nicht sinnvoll, schwer integrierbare (in der Regel muslimischen ) Kinder separat zu unterrichten, damit der Rest eine Chance hat, ordentlich zu lernen? Ich kann nachts nicht schlafen, solche Sorgen mach ich mir. In Sachsen sind die Lernbedingen so viel besser gewesen. Mein großer Sohn hat ähnliche Probleme an der Gesamtschule (gymnasiale Oberstufe). Wann zieht man endlich Kosequenzen aus der gescheiterten Multi-Kulti-Politik und vertritt auch mal wieder nationale Interessen? Ich spreche für viele deutsche und auch nicht deutsche Mütter mit gut integrierten Kindern, die sich keine Privatschule leisten können. Sind Privatschule die einzige Alternative? Deutschland, das Land der Dichter und Denker...war ein mal.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Doberstein
Sehr geehrte Frau Doberstein,
generell gilt für weiterführende Schulen keine Schulbezirksgrenze, Eltern können also frei wählen, in welche Schule sie ihr Kind schicken. Schon im Vorfeld sollte man sich also das Profil der Schule ansehen, Gespräche mit der Schulleitung führen und das Schulprogramm lesen.
Ihre Meinung zur angeblich gescheiterten „Multi-Kulti-Gesellschaft“ kann ich so nicht teilen. Sicherlich gibt es in einem Land, dessen konservative Regierungen jahrelang verleugnet haben, dass wir eine Einwanderungsgesellschaft sind, Probleme bei der Integration und großen Nachholbedarf. Gerade im Bildungssystem und in der Lehrerausbildung sind die Herausforderungen der Integration nicht rechtzeitig erkannt worden.
Es ist auch bedauerlich, dass Ihre Schule anscheinend eher zu den schlechteren als zu den besseren gehört. Die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund jedoch für die Generalisierung zu nutzen, der Unterricht sei schlecht und die Schülerinnen und Schüler würden nichts lernen, ist erfahrungsgemäß falsch und empirisch nicht belegt. Sehr oft gibt es gerade in diesen Schulen besondere Hilfen und Anstrengungen der Lehrerinnen und Lehrern, ihren Schülerinnen und Schülern gute Startchancen ins Leben zu ermöglichen. Alle Schulen in Ballungsgebieten und darüber hinaus werden sich zudem auf die Situation einstellen müssen, dass die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund ansteigt. Schon jetzt liegt die Quote bei 27%. Vergessen sollte man überdies nicht, dass viele Probleme, die man vordergründig auf den Migrationshintergrund schiebt, häufig eher sozialer Benachteiligung zuzuschreiben sind. Solche Probleme werden Sie auch in schwierigen Stadtteilen mit geringem Migrantenanteil antreffen.
Aus meiner Sicht gehören folgende Dinge dazu, um für alle Kinder gleiche Bildungschancen zu erreichen: mehr und bessere frühkindliche Förderung, Sprachförderung (nicht nur in Kita und Grundschule und nicht nur im Deutschunterricht), Reform der Lehrerausbildung (insbesondere besserer Umgang mit Heterogenität), Förderung der Mehrsprachigkeit, Rollenbilder in Schulmaterialien verändern, Eltern in Bildungseinrichtungen mehr einbeziehen, Lehrerausbildung verbessern. Zusätzlich plädieren wir Grüne für Ganztagsschulen und einen anderen Personalmix an Schulen, also Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer durch Sozialarbeiter, Psychologen und andere Fachkräfte.
Begabtenförderung und Förderung der Benachteiligten schließen sich nicht aus, sondern bedingen einander. Wer Spitzenleistung will, muss alle Schülerinnen und Schüler fördern. Auch das ist ein Ergebnis der internationalen Bildungsforschung. Bildungseinrichtungen sind Orte der Integration von Menschen mit unterschiedlichem sozialen und kulturellen Hintergrund und mit unterschiedlichen Bildungsvoraussetzungen. An einer guten Schule erleben junge Menschen, was diese Gesellschaft zusammenhält und dass es sich lohnt, sich für das faire Zusammenleben einzusetzen.
Es geht hier also nicht um Multikulti-Ideologien, sondern um die individuelle Förderung eines jeden Kindes, das in diesem Lande aufwächst und dessen Potenzial wir in unserer Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt brauchen.
Auch sie als Elternteil haben Einflussmöglichkeiten in der Schule. Fordern sie von Ihrer Schule Veränderungen ein und unterstützen Sie Verbesserungen für den Unterricht.
Mit freundlichen Grüßen
Priska Hinz