Frage an Priska Hinz von Sven C. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Hinz,
wo waren Sie am Donnerstag, 28.10.2010, als es um die Laufzeitverlängerung der AKW ging?
Wenn es ein Thema gibt, dass für grüne Werte steht, dann dieses, oder?
Sie haben sich leider nicht an der Abstimmung beteiligt!
Sehr geehrter Herr Cornils,
am Donnerstag, 28.10.2010 habe ich bei der Abstimmung um die Laufzeitverlängerung der AKW mit NEIN gestimmt. In meiner persönlichen Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten vom 28.10. erkläre ich, warum:
Ich stimme gegen die 11. Atomgesetznovelle, die eine Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke in Deutschland vorsieht, weil ich persönlich von der Laufzeitverlängerung besonders betroffen bin.
In meinem Bundesland liegt neben Biblis B auch das älteste Atomkraftwerk Biblis A, das besonders viele Mängel aufweist. Der Reaktor Biblis A ging am 16. Juli 1974 ans Netz. Sein Sicherheitszustand entspricht dem Stand der Technik der 1970er Jahre.
Was das bedeutet, zeigen die folgenden Fakten über den Sicherheitszustand des Reaktors:
* Biblis A weist über 400 meldepflichtige Zwischenfälle auf, pro Betriebsjahr sind das 12. Damit führt er die Pannen-Statistik deutscher AKW an.
* Biblis A ist gegen Störfälle schlechter geschützt als neuere AKW, weil z. B. Sicherheitssysteme im Störfall ausfallen können. Insbesondere bei Lecks oder Rissen von Rohrleitungen ist deshalb das Risiko unbeherrschbarer Ereignisse deutlich höher als bei neueren AKW.
* Die Störfallbeherrschung ist nicht sichergestellt, weil u. a. ein unabhängiges Notkühlsystem fehlt.
* Das AKW ist gegen Erdbeben und Druckwellen von außen, z.B. durch Explosionen, weit weniger geschützt als es dem Stand der Technik entspricht.
* Und es verfügt nicht über ein dem Stand der Technik entsprechendes unabhängiges und verbunkertes Notstandssystem.
Die Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes auf das AKW Biblis A hat das Öko-Institut im Jahr 2007 untersucht. Demnach
* ist eine großflächige Zerstörung des Reaktorgebäudes nicht auszuschließen,
* würde es in der Folge zu einer Kernschmelze mit rascher Freisetzung großer Mengen Radioaktivität kommen,
* würde ein Gebiet von 10.000 Quadratkilometern zur Katastrophen-Zone.
Biblis A wäre – wenn sich der Betreiber RWE dem Geist der Ausstiegsverhandlungen verpflichtet gefühlt hätte – längst stillgelegt. Nur durch künstliche Drosselung, fragwürdige Revisionen und die Übertragung von Reststrommengen aus dem stillgelegten AKW Stade wurde die Betriebserlaubnis bis heute gerettet.
Diese Strategie soll jetzt nach Willen der Koalition satte Früchte tragen. Acht Jahre längere Laufzeit würden RWE Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe bringen. Ob es zu Nachrüstungen beim völlig inakzeptablen Sicherheitszustand kommt, steht dagegen in den Sternen. Ein derart unsicherer Reaktor wie Biblis A muss sofort abgeschaltet werden. Jede Verlängerung der Laufzeit ist aus meiner Sicht unverantwortlich.
Freundliche Grüße, Ihre Priska Hinz