Philipp Wohlfeil
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DIE LINKE
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Frage von Jens L. •

Frage an Philipp Wohlfeil von Jens L. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Wohlfeil!

In Bezug auf die Wahlkampagne der Linken:

1. Warum spielt die Linkspartei angesichts ihrer überwiegend ostdeutschen Herkunft mit dem Plakat "Mieter vor Wild-West schützen" bewusst mit dem Ost-West-Unterschied und verhindert damit weiterhin eine gesamtberliner Partei zu werden, die auch im Westen der Stadt mehr als nur wahrgenommen wird? Zwar bin ich mir der Doppeldeutigkeit des Plakats durchaus bewusst. Mir ist klar, dass die Mieten ein Problem in der Stadt sind, aber geht das Plakat nicht an dem Versuch sich als gesamtdeutsche Partei zu etablieren vorbei?

2. Wie wird in Zukunft mit den Berliner Landesbediensteten (insbes. den Beamten) umgegangen werden? Wie passt die bundespolitische Devise "Reichtum für Alle" mit dem Spardruck des Berliner Senats - der sich mehr als nur ein wenig fast ausschließlich auf Sparbemühungen am Personalkörper beschränkt - zusammen? Wird es ein verlässliches Personalentwicklungskonzept geben? Wann kehren wir zurück zur landesweit einheitlichen Besoldung? Wie verhindern wir einen Brain-Drain von Berlin als Ausbildungs- und Studienort, an dem man nicht arbeiten will, hin zu den reichen Bundesländern?

3. Was gedenken Sie gegen die brennenden Autos zu tun? Warum greift ausgerechnet eine quasi verfassungsfeindliche Partei als einzige dieses Thema im Wahlkampf auf?

4. Wie steht die Linke zum Thema Israel? Wann nimmt man Abstand von Veranstaltungen mit einer rechtskräftig verurteilten Terroristin?

Eine qualifizierte Antwort wäre mehr als erfreulich.

Philipp Wohlfeil
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Lordan!

1. Wilder Westen
Vielleicht kann man Wahlplakate auch etwas überinterpretieren. Der Begriff steht sicher zuerst und ganz klischeehaft für Gesetzlosigkeit, den Kampf um Eigentum und das Recht des Stärkeren in den noch nicht als Bundesstaaten konstituierten Territorien in den USA des 19. Jahrhunderts. Ich halte eine Annahme, DIE LINKE wolle kundtun von hohen Mieten, Verdrängung und Gentrifizierung seien nur Ostberlinerinnen und Ostberliner betroffen, eigentlich auch für abwegig. Aber wenn Sie diesen Schluss ziehen, ist das Plakat vielleicht nicht ganz glücklich. Wenn ich die Gelegenheit habe, sage ich es gern dem Wahlkampfleiter.

2. Öffentlicher Dienst
Ich verstehe den Unmut vieler Beschäftigten im Öffentlichen Dienst und es muss hier auch Änderungen geben. Aber dabei muss schon bedacht werden, das Geld, das wir mehr in den öffentlichen Dienst geben, geht zulasten anderer Bereiche, in denen ebenfalls Menschen beschäftigt sind (zum Beispiel freie Träger, Bauarbeiter). Es geht auch darum, die knappen öffentlichen Ressourcen hinsichtlich der für die Stadt zubringenden Leistungen und der Beschäftigten gerecht und gemeinwohlorientiert zu verteilen.

Darüber hinaus zitiere das Wahlprogramm:
„Nur die Reichen können sich einen schwachen Staat leisten. Eine gut funktionierende Verwaltung, die auch unter den Bedingungen einer schwierigen Haushaltslage unkompliziert und effizient Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürgern erbringt, sie berät und unterstützt, ist wesentlicher Bestandteil einer sozialen Stadt [...] Deshalb hat der Senat 2010 mit den Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes vereinbart, dass die Beschäftigten in den nächsten fünf Jahren wieder die gleichen Löhne und Gehälter bekommen, die im Bundesdurchschnitt üblich sind. Berlin wird die Tarifabschlüsse der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) künftig automatisch übernehmen und hat beantragt, wieder in die Tarifgemeinschaft der Länder aufgenommen zu werden. DIE LINKE steht dafür, dass wir 100.000 Stellen im Öffentlichen Dienst des Landes halten, da er sonst nicht mehr leistungsfähig ist. Aber es kommt nicht nur auf die Zahl der Stellen an. Um den Berlinerinnen und Berlinern sehr guten Service und zuverlässige Ansprechpartner zu bieten, muss ein stärkeres Gewicht auf bürgernahe Bereiche gelegt werden. Dabei wollen wir den Anteil der Frauen überall dort steigern, wo sie unterrepräsentiert sind. Das gilt vor allem bei Führungspositionen. DIE LINKE setzt sich zudem dafür ein, künftig mehr junge Menschen einzustellen, um die Leistungsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes zu sichern.“

3. Brennende Autos
Vielleicht thematisiert keine andere Partei die brennenden Autos, weil niemandem ein überzeugendes politisches Konzept einfällt. Weder der frühere schwarz-grüne Senat in Hamburg, noch die jetzige SPD-Regierung, noch der rot-rote Senat in Berlin haben eine wirkliche Lösung gefunden. Was kann man machen? Die totale Videoüberwachung der Innenstadt? Ich will so eine Stadt nicht. Mich ärgert, dass die Brandstifter damit die notwendige Debatte um zu hohe Mieten und Verdrängungsprozesse belasten und die Zielsetzung diskreditieren.

4. Israel
Das Existenzrecht Israels steht für mich nicht mehr zur Debatte als das der Schweiz, Australiens oder irgendeines anderen Staates - nämlich gar nicht. Und diese Haltung schließt selbstverständlich auch das Recht ein, die israelische Souveränität gegen Angreifer mit geeigneten und verhältnismäßigen Mitteln, erforderlichenfalls militärisch zu verteidigen. Wenn ich einzelne Maßnahmen der israelischen Regierung kritisiere, dann allenfalls deshalb, weil ich dadurch eine friedliche Zukunft für Israel und seine Nachbarn gefährdet sehe, keinesfalls aber um Israel zu schaden. Ich gehe davon aus, dass der Beschluss des Parteivorstands, der sich klar zum Existenzrecht Israels bekennt, durch den Parteitag im Herbst bestätigt und im Parteiprogramm verankert wird.

Herzliche Grüße

Philipp Wohlfeil