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Frage von Hans B. •

Frage an Petra Weis von Hans B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Weis,

wie stehen Sie dazu, dass seit 1991 die Rundfunk- und Fernsehgebühren hemmungslos erhöht worden sind, während dessen die Nettoeinkommen nahezu gleich geblieben sind?
Warum sind mit der Einführung der Computergebühren 2007 die Rundfunk- und Fernsehgebühren nicht gesenkt worden?
Wieso gilt für die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten das Subsidaritätsprinzip nicht?
Wieso gelten für juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht das gleiche wie für natürliche Personen; nämlich
"MEHR LEISTUNGEN FÜR WENIGER GELD"?
Ich wäre Ihnen daher sehr verbunden, wenn Sie sich für eine Halbierung der Rundfunk- und Fernsehgebühren einsetzen würden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hans Brauckhoff

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Brauckhoff,

vielen Dank für ihre Frage zu den Rundfunk- und Fernsehgebühren.

Das Mediensystem in Deutschland ist durch eine duale Struktur gekennzeichnet. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten sind für eine Grundversorgung der Bevölkerung verantwortlich. Sie müssen eine freie Meinungsbildung gewährleisten und den sogenannten öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen: Darunter fällt die Bereitstellung von umfassenden und ausgewogenen Informationen, Hintergründen und Kommentaren, von Kultur, Bildung und Unterhaltung.

Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen die Politik kritisch hinterfragen und somit eine Kontrollinstanz der Machthabenden bilden. Um nicht in Abhängigkeit zu der Regierung oder der Wirtschaft zu geraten (und eine Einflussnahme des Staates auf Programm bzw.Bestand der Anstalten zu verhindern), werden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht durch Steuergelder oder Werbung finanziert, sondern durch die Rundfunkgebühren. Diese werden im Auftrag der Landesrundfunkanstalten von einer staatsfernen und unabhängigen Instanz, der GEZ (Gebühreneinzugszentrale), erhoben. Auch auf die Höhe der Gebühren hat die Politik nur wenig Einfluss: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem 8. Rundfunkurteil, dem sogenannten „Gebührenurteil“, die „Staatsfreiheit der Gebührenfestsetzung“ festgelegt. Danach wird die Höhe der Rundfunkgebühren von der Kommission zu Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF), einem unabhängigen, pluralistisch besetzten Sachverständigengremium, ermittelt. Diese Gebührenempfehlung muss daraufhin zwar noch von den Länderparlamenten abgesegnet werden, allerdings dürfen diese die Empfehlung lediglich auf ihre Sozialverträglichkeit hin überprüfen.

Eine Halbierung der Rundfunkgebühren wäre verfassungswidrig, da damit der vom Bundesverfassungsgericht zugesicherten Bestands-, Entwicklungs- und Finanzierungsgarantie entgegengewirkt würde. Es besteht die Pflicht des Staates zur funktionsgerechten Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Andererseits ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch das Zensurverbot und das verfassungsrechtliche Gebot der Staatsfreiheit geprägt, d.h. die Rundfunkfinanzierung muss in einer Form erfolgen, die Einflussmöglichkeiten des Staates ausschließt.

Mit einer Gebühr von 17,03 Euro liegt Deutschland in Europa im gesunden Mittelfeld, sieben Länder erheben eine höhere Gebühr. Heute beträgt die Rundfunkgebühr nur ungefähr 0,5% des durchschnittlichen Angestelltengehaltes (zum Vergleich: 1957 waren es 1,5%). Für finanzschwache Haushalte ist es möglich, sich von der Gebührenpflicht befreien zu lassen.

Mit der Einführung der Computergebühr trägt das Bundesverfassungsgericht lediglich der Entwicklung der neuen Medien Rechnung. Über einen internetfähigen Computer lassen sich die Rundfunkprogramme ebenso empfangen, wie über einen Fernseher. Auf alle Haushalte, die bereits einen angemeldeten Fernseher und/oder Radio haben (ca. 98% der Haushalte), kommen jedoch aufgrund der Zweitgerätefreiheit keine weiteren Kosten zu.

Ich verstehe ihren Einwand, dass die Nettoeinkommen teilweise nicht in einem gesunden Verhältnis zur Inflation und zur Preissteigerung stehen. Eine Reduzierung der Rundfunkgebühren zur Behebung dieses Missstandes wäre jedoch der falsche Ansatz. Das Angebot der Medien, allen voran des öffentlich-rechtliche Rundfunks, ist eine der tragenden Säulen unserer Demokratie. Zu riskieren, dass die Rundfunk- und Fernsehanstalten ihrem öffentlichen Auftrag nicht mehr nachkommen können, könnte fatale Folgen haben. Weder eine reine Abhängigkeit von der Wirtschaft und den Einschaltquoten (wie bei den privaten Sendern), noch eine staatliche Finanzierung durch Steuergelder wäre für die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie wünschenswert.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Weis