Frage an Petra Müller von Klaus S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Griechenlandkrise
es ist zu lesen: Die hohen Zinsen für griechische Staatsanleihen kommen durch ein Doppelpassspiel von US-Ratingagenturen und Banken zustande. Doch die EU stellt lieber Trivialdiagnosen.
Einerseits kann man unter wikipedia ein durchaus vernünftiges und auch einschneidendes Sparprogramm der Griechen nachlesen, dass natürlich auch greifen muss und Überschriften wie " die Griechen sind Weltmeister im Sparen", andererseits werden die Griechen innerhalb kürzester Zeit schlechter bewertet und benötigen innerhalb von 6 Monaten mindestens 3 Kreditpakete.Wenn gebürgt wird, müßten die Beurteilungen besser und nicht schlechter werden. Womit sind Zinsen bis zu 17% zu rechtfertigen? Wie kann die Politik dort sinnvoll eingreifen statt nur Spielball dieser merkwürdigen Finanzgebarens zu sein? Wie will ein durchschnittlicher Abgeordneter egal welcher Couleur diese Dinge richtig beurteilen?
Mit freundlichen Grüssen
Klaus Schleicher
Sehr geehrter Herr Schleicher,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gern beantworte. Das Thema Griechenland hält uns alle in Atem - insbesondere die letzte Woche war durch viele Abwägungsprozesse und Gespräche mit Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Schäuble geprägt.
Es war eine schwerwiegende Entscheidung, aber eine realistische Alternative zu den Unterstützungsmaßnahmen für Griechenland sehe ich nicht. Hätte Europa nicht gehandelt, stünde die gemeinsame Währung zur Disposition, ganz zu schweigen davon, dass ein unkontrollierbarer Dominoeffekt gedroht hätte, der auch große Länder wie Spanien oder Italien hätte erfassen können. Der Präsident der EZB, Herr Trichet, hat darauf hingewiesen. Die Folgen wären verheerend gewesen - auch für Deutschland, das zu den Hauptprofiteuren des Euro zählt.
Bei der Entscheidung über einen Euro-Rettungsschirm geht es nicht zuletzt auch um die Stabilisierung der europäischen Großbanken. Ein Zusammenbruch Griechenlands gefährdete nicht nur den Euro, sondern auch die Kreditwürdigkeit der stark in Staatsanleihen engagierten europäischen Großbanken. Die Griechenland-Krise hätte deshalb beinahe zu einem Zusammenbruch des Interbankenhandels, zu einem Kollaps des Zahlungsverkehrs und im Endeffekt zu einer Kernschmelze des europäischen Bankensystems geführt. Das schlechte Risikomanagement der Banken, das zu dieser Situation geführt hat, können wir natürlich beklagen ( - sollte dabei allerdings die ambivalente Rolle der amerikanischen Rating-Agenturen nicht ganz aus dem Blick verlieren). Aber bei aller berechtigten Kritik an den Banken: Den Zusammenbruch des europäischen Bankensystems und damit eine massive Wirtschaftskrise und unabsehbare Einlageverluste gerade bei Kleinanlegern in Kauf zu nehmen - das wäre in meinen Augen keine verantwortbare Entscheidung gewesen.
Die mit der Krise verbundenen finanziellen Belastungen haben dazu beigetragen, dass derzeit die Konsolidierung des Haushalts Priorität hat.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Müller