Frage an Petra Merkel von Olga K. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Merkel,
auch wenn sie schon einige Monate her ist, bezieht sich meine Frage auf die Abstimmung bezüglich der unterirdischen Speicherung von CO2.
Hierbei interessieren mich die Gründe, die Sie dazu bewogen haben, sich gegen eine unterirdische Speicherung von CO2 auszusprechen.
Über ein kleines Statement ihrerseits würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Olga Katzendorn
Sehr geehrte Frau Katzendorn,
die Abstimmung die Sie ansprechen, bezieht sich auf das sogenannte CCS-Gesetz (englisch für Carbon Capture and Storing) – also das „Gesetz zur Demonstration und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid“ über welches der Bundestag am 7.7.2011 abgestimmt hat. Gern erläutere ich Ihnen, warum ich, wie auch meine Fraktion, mit Nein gestimmt habe.
Die CCS-Technologie ist noch im Entwicklungsstadium. Bis CCS überhaupt als anwendbare Technologie zur Verfügung stehen wird, gilt es zahlreiche Probleme zu lösen, die auch schon heute bei der Diskussion um den Einsatz berücksichtigt werden müssen:
• CCS benötigt einen hohen zusätzlichen Energieeinsatz,
• Pipelines müssen über große Entfernungen gebaut werden,
• im Untergrund bestehen Nutzungskonkurrenzen,
• mögliche Grundwasserbelastungen und weitere Risiken für Mensch und Natur sind nicht ausgeräumt,
• neben insgesamt hohen Kosten fehlt jeder Nachweis einer Langzeitsicherheit,
• somit können durch Austritte von CO2 große Probleme durch Klimaeffekte und Gesundheitsschäden hervorgerufen werden.
Das CCS-Gesetz reflektiert in keiner Weise die große Verantwortung, die eine Entscheidung von solcher Tragweite für künftige Generationen begleiten muss. Mit der Verabschiedung des Gesetzes hat Schwarz-Gelb leider einen Schritt in die falsche Richtung unternommen. Einerseits schafft das Gesetz eine neue Qualität der Rechtsunsicherheit: Mit der aktuellen Ausgestaltung der Länderklausel werden sich Behörden, Anwohner und potenzielle Betreiber von Lagerstätten regelmäßig vor Gericht wiederfinden. Eine gerade für derart sensible Bereiche notwendige, verlässliche Regelung für Abwägungsentscheidungen vor Ort nimmt das Gesetz nicht vor.
Andererseits greifen aber auch die Ausführungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor den Folgen der CCS-Technik viel zu kurz: Weder enthält das Gesetz eine zufriedenstellende Haftungsregelung, noch wird die von den Betreibern zu erbringende Deckungsvorsorge nach sinnvollen Kriterien berechnet. In der Folge wird der Steuerzahler im Katastrophenfall auf den Kosten sitzen bleiben. Meine Fraktion und ich haben dem Gesetz aus diesen Gründen und den beschriebenen Problemen ,die die CCS-Technologie birgt, die Zustimmung verweigert.
Aus Sicht meiner Fraktion müsste es ein Gesetz geben, das folgende Aspekte sicherstellt:
• die Gewährung höchstmöglicher Sicherheits- und Umweltstandards im Rahmen des „Standes von Wissenschaft und Technik“ insbesondere für Transport und Speicherung von CO2,
• eine faire Berücksichtigung der Interessen der Oberflächeneigentümer,
• ein hohes Maß an Transparenz und eine umfassende Beteiligung der Bevölkerung vor Ort,
• eine Schonung der öffentlichen Hand, indem z.B. die Haftung dauerhaft und ab der ersten Tonne CO2 beim Betreiber bzw. gegebenenfalls mittelbar bei dem Akteur liegt, dem die CO2–„Erzeugung“ zuzurechnen ist und ggf. eine insolvenzfeste Rückstellungssumme,
• die Gewährleistung angemessener Nachsorgebeiträge im Sinne des Verursacherprinzips sowie
• eine größtmögliche geographische Nähe zwischen Abscheidung und Speicherorten.
Die CCS-Problematik ist mit dem neuen Gesetz der Koalition nicht abgeräumt, im Gegenteil, sie beginnt gerade erst. Nachdem das Gesetz im Bundesrat durchgefallen ist, befasst sich nun der Vermittlungsausschuss damit. Die Positionen der Länder sind aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen geradezu gegensätzlich. Nach zwei erfolglosen Verhandlungsrunden hat es keine sinnvollen Änderungsvorschläge gegeben. Zwischenzeitlich ist auch die Vattenfall AG abgesprungen und hat sich von der Demonstration der Technologie in Deutschland verabschiedet. Damit ist die Situation völlig verfahren und es gibt keine Ansätze, wie Deutschland seiner Verpflichtung, die zugehörige EU-Richtlinie umzusetzen nachkommen will.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Merkel, MdB