Frage an Petra Merkel von Andreas J. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
gestatten Sie bitte, daß ich an meine Frage vom 12.07.2010 erinnere. Der Gesetzentwurf sieht eine Verpflichtung des Bürgers vor, einer Ladung der Polizei Folge zu leisten. Bisher ist man nur verpflichtet, vor dem Staatsanwalt oder dem Richter zu erscheinen. Ich wohne in Ihrem Wahlkreis und wüßte schon gerne, ob Sie diese Verpflichtung gutheißen.
Ich bin als Strafverteidiger täglich mit Strafsachen befaßt und halte es für sinnvoll, daß jemand mit Befähigung zum Richteramt entscheidet, ob ich zu einer Vernehmung erscheinen muß oder nicht. Meinen Sie, daß diese Entscheidung künftig wirklich von jedem Polizeibeamten getroffen werden darf?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Jede,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Bitte entschuldigen Sie, dass ich erst heute dazu komme, Ihnen zu antworten.
Der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Verbesserung der Effektivität des Strafverfahrens ist dem Bundestag zwar bereits zugeleitet (Drs. 17/2166), aber noch nicht beraten worden. Ich habe mich daher mit der zuständigen Arbeitsgruppe meiner Fraktion in Verbindung gesetzt und kann Ihnen folgendes mitteilen.
Die Forderung der Länder nach einer Erscheinens- und Aussagepflicht von Zeugen bei der Polizei ist nicht neu. Diese Forderung haben die Länder in der 16. Wahlperiode sogar zweimal in Gesetzgebungsverfahren erhoben: zum Einen in ihrem damaligen Bundesratsentwurf zur Effektivierung des Strafverfahrens (Drs. 16/3659), und zum Anderen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformgesetz; Drs 16/12812).
Meine Fraktion hatte in der vergangenen Wahlperiode die Idee der Länder bezüglich der polizeilichen Erscheinens- und Aussagepflicht abgelehnt. Hauptablehnungsgrund war, dass der Ländervorschlag zu einer Verlagerung von Kompetenzen auf die Polizei führen und damit die wohlbegründete gesetzliche Entscheidung für die Sachherrschaft der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren weiter zurückdrängen würde. Ich persönlich teile diese Ansicht meiner Fraktion. Ich bin mir sicher, dass die damals triftige Ablehnung sicher eine Rolle spielen wird bei den Beratungen der Rechtspolitiker der jetzigen Wahlperiode über den aktuellen Bundesratsentwurf, sobald der Entwurf zu Beratung überwiesen wird.
Im Gesetzentwurf heißt es zu den voraussichtlichen Kosten: „Der Gesetzentwurf soll einen Ausgleich schaffen für zahlreiche Mehrbelastungen, die die Justiz insbesondere zur Gewährleistung eines effektiven Opferschutzes und des Schutzes der Öffentlichkeit vor gefährlichen Straftätern zu bewältigen hat. Eine verlässliche Einschätzung des Umfangs der mit dem Entwurf eventuell einhergehenden Einsparungen ist nicht möglich, weil das für eine Schätzung erforderliche Zahlenmaterial sich gar nicht oder nur durch Untersuchungen gewinnen ließe, die mit einem unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten und Zeit verbunden wären.“ Es ist mir daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich die Höhe der eventuellen Mehrkosten einzuschätzen.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Merkel, MdB