Frage an Petra Merkel von Anne-Katrin F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Fau Merkel,
als Anwohnerin ihres Wahlkreises in Berlin interssiert mich ihr Abstimmungsverhalten im Bundestag besonders. Dies mag ungerechtfertigt sein, doch ich hoffe, dass sich aus dieser Tatsache möglicherweise eine gewisse Ansprechbarkeit für mein Anliegen ergibt.
Ich sah, dass Sie in der letzten Legislaturperiode für das nun als verfassungswirdrig verurteilte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung stimmten. Nun haben sich die Koalitionen im Parlament geändert, doch interessiert mich, ob und inwiefern sich Ihre Meinung zum Thema Vorratsdatenspeicherung allgemein durch das Gerichtsurteil geändert hat und ob Sie wieder so abstimmen würden?
Gleich nach dem Urteil des Verfassungsgerichts vom 2. März 2010 kündigte die CDU, sehr zu meinem Entsetzen, eine Revision und Wiederauflage des Gesetzes in verfassungskonformem Mäntelchen an. Es ist also zu erwarten, dass es zu einer wiederholten Abstimmung über eine verdachtsunabhängige Speicherung elektronischer Kommunikationsdaten aller 80 Millionen deutschen Bürger kommen wird.
Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich solch einem Gesetz und solch einer Vorgehensweise vehement widerspreche und mit großem Unverständnis gegenüberstehe. Ich bitte Sie daher, einem neuen Gesetz das eine solche Speicherung unser aller Bewegungs- und Kommunikationsprofile, die jene der Provider zu Abrechnungszwecken weit übersteigt, nicht zuzustimmen!
Bitte opfern Sie nicht meine und Ihre Freiheit unüberwacht zu kommunizieren, um eine ineffektive Maßnahme zur Bekämpfung extrem unwahrscheinlicher Vorgänge zu verabschieden.
Mit freundlichen Grüßen,
Anne Fischer
Sehr geehrte Frau Fischer,
bei der Durchsicht der noch unbeantworteten Fragen auf abgeordnetenwatch.de habe ich festgestellt, dass ich Ihnen noch eine Antwort auf Ihre Frage schuldig bin. Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen erst heute antworte.
In der vergangenen Legislaturperiode waren wir vor die Aufgabe gestellt, die EU-Richtlinie 2006/24/EG zur „Vorratsspeicherung“ von Telekommunikationsdaten in deutsches Recht umzusetzen. Die dazu gefundene Lösung hat der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht Stand gehalten. Mit Urteil vom 2. März 2010 (Az. 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08) erklärten die Karlsruher Richter die Ausgestaltung der Vorschriften über die Verwendung der gespeicherten Vorratsdaten für nichtig. Gleichwohl bringt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutlich zum Ausdruck, dass eine „Vorratsdatenspeicherung“ nicht an sich unzulässig ist. In Bezug auf die Ausgestaltung der Regelung macht das Gericht allerdings strenge Vorgaben.
Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vorratsdatenspeicherung vom 15. März 2006 ist im Lichte der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA, von Madrid und London von den Erkenntnis getragen, dass Daten über die Nutzung elektronischer Kommunikation ein wertvolles Mittel bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten sein können.
Gegenwärtig findet auf europäischer Ebene eine Evaluierung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung statt. Die bislang bekannt gewordenen Ergebnisse bestätigen die Auffassung, dass die durch die Speicherung mögliche Rekonstruktion der Telekommunikationsverbindungen einen wichtigen Beitrag für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr leisten kann. Erkenntnissen auf nationaler Ebene zufolge können im Bereich der Terrorbekämpfung Feststellungen über Kontaktpersonen in der Tatplanungsphase häufig nur mit Zugriff auf diese Daten gewonnen werden.
Nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist die Speicherung von Daten unter bestimmten Voraussetzungen bis zu einer Höchstdauer von sechs Monaten zulässig. Die bekannt gewordenen Ergebnisse der Evaluation verdeutlichen, dass eine Speicherfrist von sechs Monaten zur Strafverfolgung nicht erforderlich ist. Meine Fraktion befürwortet daher eine Verkürzung der Speicherfrist auf deutlich unter sechs Monate.
Für mich persönlich ist vor allem die Frage wichtig, dass der Abruf aller Daten unter Richtervorbehalt steht.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen kann, wie ich abstimmen würde. Zunächst muss ein neuer Entwurf vorliegen, den danach meine Fraktion und meine Kolleginnen und Kollegen im Rechtsausschuss beraten.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Merkel