Welche Forschungsprojekte sind in Bayern in 2023 und 2024 geplant um die Erkrankung ME/CFS zu erforschen und Medikamente zu entwickeln
Sehr geehrte Frau Loibl, ich bin 31 Jahre alt, komme aus Landau an der Isar, habe Biologie in München studiert und bin mittlerweile 4 Jahre krankgeschrieben aufgrund von moderatem Me/CFS. Da ich diese Erkrankung unentdeckt schon viele Jahre mit mir herumtrage wurde sie leider immer schlimmer bis zum Jahr 2019. Seither bin ich arbeitsunfähig, lebe von Bürgergeld und habe kaum Perspektive, da es für Me/CFS immer noch keine Therapien und Medikamente gibt. Mein Hausarzt ist überfordert mit mir, allerdings gibt es für mich auch keinen Spezialisten in Bayern. Meinen Traum eines Tages wieder in einem Labor forschen zu dürfen möchte ich noch nicht aufgeben und dennoch kämpfe ich jeden Tag mit schlimmen Symptomen. Daher meine Frage zu den Forschungsprojekten für Me/CFS in Bayern.
Sehr geehrte Frau K.,
im Auftrag von Frau Abgeordneten Dr. Petra Loibl danke ich Ihnen für Ihre E-Mail.
Die Versorgung der Betroffenen von ME/CFS und die Erforschung dieses Krankheitsbilds sind ein großes Anliegen der Bayerischen Staatsregierung. Das Bayerische Gesundheitsministerium (StMGP) setzt sich auf vielen Wegen für die Betroffenen von ME/CFS ein.
Das StMGP fördert eine Studie des Universitätsklinikums Erlangen zur Wirkung des Medikaments BC 007 bei der Behandlung von ME/CFS. Der Bayerische Landtag hat dem StMGP die finanziellen Mittel dafür bereitgestellt. Es obliegt der beteiligten Firma, den Wirkstoff rasch zur Verfügung zu stellen.
Um die Behandlung und die Versorgung ME/CFS-Betroffener zu verbessern, hat das StMGP im Jahr 2020 das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mit der Umsetzung des Forschungsprojekts „Interdisziplinäre Herangehensweise an Umweltattribuierte Symptomkomplexe (IndikuS)“ beauftragt, welches inzwischen abgeschlossen werden konnte. Im Rahmen des Projekts wurde unter anderem ein Versorgungskonzept für Menschen, die an ME/CFS leiden, entwickelt. Der Abschlussbericht des Projektes ist unter www.lgl.bayern.de/forschung/forschung_gesundheit/fp_2023_indikus.htm abrufbar.
Darüber hinaus fördert das StMGP aktuell ein Forschungsprojekt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität (TU) München in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern, das sich mit der Versorgung explizit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit postinfektiöser Fatigue oder ME/CFS befasst.
Auch auf Bundesebene wird zu ME/CFS breit geforscht, um die Erkrankung besser zu verstehen und sie bekannter zu machen. An etlichen dieser Forschungen sind bayerische Kliniken und Universitäten beteiligt. Im Rahmen seiner Ressortforschung fördert das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ein Verbundprojekt des Klinikums rechts der Isar der TU München und der Charité Universitätsmedizin Berlin mit dem Ziel, ein multizentrisches, altersübergreifendes klinisches Register mit Biodatenbank zum Krankheitsbild ME/CFS zu etablieren. Zudem sollen epidemiologische und klinische Daten sowie Versorgungsdaten aus dem Register ausgewertet werden. (Aufbau eines multizentrischen, altersübergreifenden, klinischen ME/CFS-Registers (MECFS-R) sowie einer multizentrischen, altersübergreifenden ME/CFS-Biobank (MECFS-Bio) mit Auswertung der epidemiologischen, klinischen Versorgungsdaten aus dem MECFS-R - Bundesgesundheitsministerium).
Mit der Förderung der Nationalen Klinischen Studiengruppe zum Post-COVID Syndrom und ME/CFS unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Therapieforschung mit zugelassenen Arzneimitteln und Medizinprodukten. Die Studiengruppe wird bis Ende 2023 mit insgesamt 10 Mio. Euro gefördert. Die Studiengruppe wird von Frau Prof. Scheibenbogen von der Charité koordiniert. Des Weiteren sind insbesondere die TU München und das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) beteiligt. Es ist vorgesehen, zunächst sechs Studien durchzuführen.
Darüber hinaus fördert das BMBF das Projekt „IMMME – Aufklärung der immunologischen Pathomechanismen des postinfektiösen chronischen Fatigue Syndroms (ME/CFS)“ mit rund 2,2 Mio. Euro. An dem Verbundprojekt sind die Charité Berlin, die TU München, die Universität Lübeck, das DZNE Bonn und die Universität Würzburg beteiligt.
Das BMG hat einen Arbeitsstab geschaffen, in dem unter anderem Fragen der bedarfsgerechten Versorgung bearbeitet werden. Vorrangig geht es um die Schaffung eines deutschlandweiten Netzwerks von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen für unter anderem ME/CFS. Spezialisierte Anlaufstellen in Bayern sind derzeit die umweltmedizinischen Ambulanzen an den Universitäten Augsburg, Erlangen und München. Diese universitären Anlaufstellen sind im Bereich „Umweltmedizin“ auf der Website des LGL veröffentlicht, abrufbar unter Gesundheit: Umweltmedizin (bayern.de). Zudem bieten auch folgende Kliniken Anlaufstellen für ME/CFS-Patientinnen und –Patienten.
Das Klinikum rechts der Isar bietet eine CFS-Sprechstunde für junge Menschen. Details finden Sie im Internetauftritt: https://www.mri.tum.de/chronische-fatigue-centrum-fuer-junge-menschen-mcfc. Der Fokus liegt auf der post-infektiösen Fatigue nach Pfeifferschem Drüsenfieber durch Epstein-Barr-Virus (EBV) sowie nach Coronavirus-Erkrankung 2019 (COVID-19) durch SARS-CoV-2 („Long COVID“).
Das Klinikum der Universität München hat ebenfalls eine Anlaufstelle und eine Expertin für Patienten mit ME/CFS. Betroffene Patienten wenden sich am besten an Frau Prof. Dr. Tania Kümpfel, Institut für Klinische Neuroimmunologie.
Am Universitätsklinikum Würzburg gibt es eine Anlaufstelle für Patienten mit Fatigue-Problematik. Der Schwerpunkt lag und liegt hier aber auf cancer-related Fatigue. Diesbezüglich gibt es auch entsprechende Forschungsaktivitäten, die beispielsweise über die Deutsche Krebshilfe drittmittelfinanziert sind. Verankert ist die Spezialsprechstunde im CCC Mainfranken. Des Weiteren gibt es auch in der Neurologischen Klinik ein Sprechstundenangebot für Patienten mit ME/CFS.
Am Universitätsklinikum Erlangen gibt es aktuell keine zentrale Anlaufstelle für die Betroffenen. Patienten, die nach einer nachgewiesenen COVID-Infektion Symptome (ME/CFS) haben, können sich über ihren Hausarzt an das Post-COVID-Zentrum des UKER wenden.
Wir hoffen, Ihnen mit unserer Antwort weiterhelfen zu können und wünschen Ihnen alles erdenklich Gute!
Mit besten Grüßen
i.A. Kirstin Streuber
- Büroleiterin -
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
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Dr. Petra Loibl MdL
Abgeordnetenbüro
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