Petra Kleine
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Margit S. •

Frage an Petra Kleine von Margit S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

1. Der Bundestag hat am 23. April 1996 und 14. März 2003 eine Resolution zu Tibet verabschiedet. Die erste enthielt konkrete Forderungen an die VR China bezüglich der Verbesserung der Menschenrechte und der Gewährung kultureller Autonomie.
a] Ist Ihre Fraktion bereit - auch in der Regierungsverantwortung - die Forderungen der ersten Resolution gegenüber der chinesischen Führung aufzugreifen, da bislang keine davon erfüllt worden ist? Die zweite Resolution war in den Forderungen unverbindlicher, weil sie unmittelbar an den chinesischen Volkskongress gerichtet war.
b] Können Sie uns Auskunft geben über die Reaktion des chinesischen Volkskongresses auf die zweite Resolution?

2. Deutschland gehört zu denen wenigen Staaten der westlichen Welt, in denen der Dalai Lama noch nie von einem amtierenden Regierungschef empfangen worden ist.
- Wird Ihre Fraktion im Falle einer Regierungsverantwortung darauf drängen, dass dies Versäumnis endlich nachgeholt wird und der Dalai Lama nach der nächsten Wahl vom Regierungschef empfangen wird?

3. Die Interessen Tibets im deutschen Bundestag wurden während der letzten Legislaturperioden vom Tibet Gesprächskreis vertreten.
a] Wird sich Ihre Fraktion in der nächsten Legislaturperiode für die Einrichtung eines neuen Arbeitskreises Tibet stark machen?
b] Sehen Sie darüber hinaus Möglichkeiten, den Status und die Funktion eines solchen Arbeitskreises dadurch zu stärken, dass er zum Beispiel als Unterausschuss einem bestehenden Bundestagsausschuss angegliedert wird?

4. Die Verknüpfung von Menschen- und Völkerrechten mit Wirtschaftsbeziehungen wurde bislang als unerfüllbar abgelehnt.
- Halten Sie an diesem Grundsatz fest, oder können sie sich unter bestimmten Umständen - etwa bei besonders gravierenden Fällen von Menschenrechtsverletzungen -vorstellen, von dem Grundsatz abzuweichen?

5. Einer der besonders gravierenden Fälle von Menschenrechtsverletzungen ist das Schicksal des Panchen Lama, des zweithöchsten tibetischen Würdenträgers. Seit seiner Entführung durch die chinesischen Behörden im Mai 1995 hat ihn kein unabhängiger Augenzeuge mehr gesehen, sodass es keine verlässlichen Informationen über seinen Verbleib gibt.
a] Welche Möglichkeiten der Einflussnahme auf die chinesische Führung sehen Sie, um das Schweigen um den Panchen Lama zu brechen?
b] Sind Sie bereit in diesem Fall auch Wirtschaftssanktionen in Erwägung zu ziehen, um etwas über das Schicksal des Panchen Lama in Erfahrung zu bringen?

6. Bundeskanzler Schröder hat sich mit Nachdruck für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen die VR China eingesetzt.
- Welche Position vertritt Ihre Fraktion in der Frage? Sind Sie bereit, sich für den Fortbestand des Waffenembargos zu engagieren?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schmidhofer,

Ich danke Ihnen für Ihre Frage zur politischen und kulturellen Autonomie Tibets und zu den Menschenrechtsverletzungen durch CHINA.

Auch wenn ich mich sehr lange nicht so im Detail für diese Frage engagieren konnte – hat die Besetzung und Unterdrückung Tibets doch Ihren Platz in meiner politischen Biographie: So habe ich Ende der 80er Jahre als Mitarbeiterin von Petra Kelly geholfen, den ersten TIBET-Kongress in Deutschland zu organisieren. Das war zu einer Zeit, als Petra Kelly dieses Thema mit der ihr eigenen Leidenschaft für die Unteilbarkeit von Menschenrechten auch bei den Grünen erstmals (!) mehrheitsfähig thematisieren konnte. Zudem komme ich politisch aus der Arbeit bei amnesty international.

Es ist für mich bis heute schwer zu akzeptieren, dass Deutschland sich wirtschaftlich einem Land annähert, dass so gravierend die individuellen Menschenrechte verletzt ohne dies zumindest kontinuierlich zu thematisieren. In China gibt es noch immer eklatante Menschenrechtsverletzungen, so werden in der Volksrepublik jährlich mehr Menschen hingerichtet als in allen anderen Staaten der Welt – oftmals ohne faire Gerichtsverfahren. Ebenso bestehen massive und gravierende Defizite, vor allem bei den bürgerlichen und politischen Rechten. Einschränkung der Meinungs- und Religionsfreiheit, einschließlich der Schließung von Internetcafés sind noch immer nicht beseitigt.

Es ist schwer nachzuvollziehen, dass insbesondere Länder die von kommunistischen Parteien geführt werden, die individuellen Menschenrechte als solche nicht anerkennen.

Für mein Gewissen als Grundlage meines politischen Handelns ist es zweifellos ein politisches Mittel, auf gravierende Menschenrechtsverletzungen mit wirtschaftlichen Sanktionen zu reagieren. Übrigens auch mit einem privaten Boykott – ich halte den zivilen Protest und den von NGOs organisierten Boykott für wichtige Mittel. Leider geraten sie zunehmend in Vergessenheit.

Für uns Grüne kommt eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China derzeit nicht infrage. China erfüllt weder in der Innen- noch in der Außenpolitik die Bedingungen hierfür.

Eine Aufhebung des Waffenembargos ist an klare Kriterien gebunden, vor allem an die umfassende Achtung der Menschenrechte. Aus diesen innenpolitischen Gründen wie auch aus außenpolitischen Gründen ist eine Aufhebung des Embargos nicht gerechtfertigt. So stellen auch die wiederholten kriegerischen Drohungen Chinas gegenüber Taiwan ein weiteres Problem dar. Inzwischen treten Millionen aus der Kommunistischen Partei aus. Die kommunistische Ideologie hat längst ihre Überzeugungskraft verloren, es bleibt die pure Machterhaltung. Als Ersatzideologie bietet sich der Nationalismus an. Die aggressiven Drohungen gegen das demokratisierte Taiwan und die anhaltenden Repressionen gegen Minderheiten und die Zerstörung der kulturellen Autonomie Tibets sind Zeichen dafür. Daher muß hier der staatenübergreifende Konsens der Menschensrechtscharta das politische Leitbild deutscher Außenpolitik sein.

Zur Frage Unterausschuss: ich habe leider zu wenige Geschäftsordnungs-Kenntnis, um diesen Status bewarten und ihre Frage beantworten zu können – hier dürfte das Detail entscheidend sein.

Zur Frage nach dem Schicksal des Panchen Lama: Hier bin ich der Meinung dass Regierung und NGOs ihre Mittel nutzen müssten: bei jedem Staatsbesuch sollte eine Liste mit diesen Schicksalen Thema sein. So wie es amnesty macht und so wie es die Grünen Petra Kelly und Ludger Beckmann bei Honecker gemacht haben.

Zuletzt: Ganz gleich welche diplomatischen Gründe es haben mag, dass der Dalai Lama muß offizieller Gast auch der deutschen Regierung werden. Ich finde es enttäuschend, dass dies offensichtlich nicht der Fall war. Dafür werde ich mich innerhalb meiner Partei gerne einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für Ihr Engagement

Petra Kleine