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Frage von Stefanie S. •

Frage an Petra Kammerevert von Stefanie S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Fr. Abgeordnete Kammerevert,

ich spreche Sie als WDR Rundfunkrätin an:

- Unter Ihrer Aufsicht und Kontrolle war es möglich, das eine Regierungsmitarbeiterin als Journalistin des öffentlich-Rechtlichen Rundfunks tätig war.
(11.4. 2914, "Der Westen" http://www.derwesten.de/wp/politik/regierungsmitarbeiterin-wegen-wdr-taetigkeit-in-der-kritik-id9234298.html )

Welche Massnahmen haben Sie getroffen, dass das Beherrschungsverbot der Öffentlich-Rechtlichen Sender zukünftig besser umgesetzt wird?

Die Publikumsvertretung ´Wir sind Funk e.V.´ fordert eine Ent-politisierung und Entlobbyisierung der Öffentlich-Rechtlichen Sender. Wie stehen Sie dazu?

Setzen Sie den Forderungskatalog von "Transparency International" um? Unter anderem Fordert TI für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk zeitgemässe Compliancemanagementsysteme, detaillierte Jahresberichte, und die Vermeidung von Interessenskonflikten.

http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Wissen/ti_policypaper_web.pdf

mit freundlichen Grüßen,

Stefanie Schröder

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schröder,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 22. April 2014.

Der Rundfunkrat als Vertretung der Interessen der Allgemeinheit berät und beschließt über alle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für den WDR. Er berät den Intendanten in allgemeinen Programmangelegenheiten und wirkt auf die Erfüllung des Programmauftrags hin.

Zum Aufgabenbereich des Gremiums gehören die Grundsatzfragen der Personalwirtschaft. Der Rundfunkrat wählt die Intendantin oder den Intendanten sowie die Direktorinnen und Direktoren auf Vorschlag des Intendanten. Direkten Einfluss auf die Tätigkeit von freien Mitarbeitern/innen hat er nicht.

Die von Ihnen angesprochene Compliance-Regelungen sind regelmäßig Thema in den Gremienberatungen. Beispielsweise wurde zuletzt mit Blick auf Kriterien für WDR-Beteiligungen betont, dass die Geschäftsleitungen der Tochterfirmen in der Verantwortung stehen, den dortigen Gremien umfassend über alle relevanten Fragen des Unternehmens, insbesondere auch der Compliance, zu berichten.

Vor dem Hintergrund des eingangs auszugsweise paraphrasierten Paragraphen 16 des WDR‑Gesetzes zu den Aufgaben des Rundfunkrats habe ich den Intendanten des WDR bereits um Stellungnahme gebeten. Darüber hinaus werde ich als Vorsitzende des Programmausschusses Ihre Anfrage in die kommende Sitzung des Ausschusses einbringen und die Vorsitzende des Rundfunkrats in Kenntnis setzen.

Sobald mir alle Informationen vorliegen, werde ich mich wieder bei Ihnen melden. Bis dahin bitte ich Sie um etwas Geduld.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Kammerevert MdEP

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schröder,

wie in meinem Schreiben auf Ihre Anfrage vom 22.4.bereits Ende April 2014 ausgeführt, hatte ich aufgrund Ihrer Fragen den Intendanten des WDR um Stellungnahme gebeten. Zudem habe ich die von Ihnen angesprochenen Punkte als Vorsitzende in den Programmausschuss des WDR-Rundfunkrats in den Ausschuss eingebracht. Bitte entschuldigen Sie, dass sich die Antwort verzögert hat.

Der Programmausschuss sieht die Tätigkeit von Frau Milutin für den WDR äußerst kritisch. Die Unabhängigkeit der Berichterstattung muss sichergestellt sein. Interessenkonflikte sind zu vermeiden. Der Intendant hat sich öffentlich für die Tätigkeit von Frau Milutin entschuldigt.

Sie erkundigen Sie danach, welche Maßnahmen der WDR getroffen hat, um das Beherrschungsverbot der öffentlich-rechtlichen Sender besser durchzusetzen. Damit wird dem WDR implizit vorgeworfen, unmittelbar oder mittelbar durch den Staat beherrscht zu werden. Dieser Vorwurf kann im Zusammenhang mit den drei ‚Tischgesprächen’, die Frau Milutin für den WDR moderiert hat, nicht nachvollziehbar erhoben werden.

Das WDR 5 ‚Tischgespräch’ist ein personenzentriertes Talkformat, in dem es um die biografischen Stationen des jeweiligen Gesprächsgastes, seine Herkunft, seine Lebensphilosophie und -ziele sowie seine Tätigkeit geht. Politische Zeit- und Streitfragen sind üblicherweise nicht Gegenstand der Sendung. Zum Team der Moderatoren/innen der Tischgespräche gehörte Daniela Milutin schon seit 2009, also lange vor ihrem Amtsantritt im Ministerium 2011. Seitdem hat Frau Milutin drei Sendungen moderiert, mit folgenden Gästen und zu folgenden Themen:

- am 21. März 2012 ein Gespräch mit dem Schriftsteller Feridun Zaimoglu
- am 26. Juni 2013 ein Gespräch mit dem Punk-Rocker Mile Kekin
- am 9. April 2014 ein Gespräch mit der Schriftstellerin Hatice Akyün

Wenngleich eine politische Einflussnahme nicht zu beobachten war, ist die Entscheidung der Redaktion, Frau Milutin die ‚Tischgespräche’ moderieren zu lassen im Nachhinein kritisch zu hinterfragen. Der Intendant hat die Redaktion daher gebeten, die Zusammenarbeit mit Frau Milutin zu beenden. Es ist für den WDR und seine Aufsichtsgremien eine Selbstverständlichkeit alles zu tun, um bereits den Anschein einer Interessenkollision auszuschließen.

Zudem wurde aufgrund der Vorgänge geprüft, ob es im WDR noch andere, ähnlich gelagerte Fälle gibt. Dies wird in der Stellungnahme des Intendanten ausgeschlossen.

Die Forderungen von „Wir sind Funk e.V.“, die im Kern eine Entpolitisierung und Entlobbyisierung der öffentlich-rechtlichen Sender fordern, sind dem WDR und auch mir bekannt. Nach dem geltenden System ist der Rundfunkrat die Vertretung der „Interessen der Allgemeinheit; dabei berücksichtigt er die Vielfalt der Meinungen der Bürgerinnen und Bürger“ (§ 16 Absatz 1 WDR-Gesetz).

Im Normenkontrollverfahren zum ZDF-Staatsvertrag hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt: Die Entsendung von Vertretern aus staatlichen und staatsnahen Bereichen in die Aufsichtsgremien ist zulässig - ihr Anteil ist allerdings konsequent zu begrenzen. Das Bundesverfassungsgericht nennt hier eine Grenze von einem Drittel der Mitglieder. Dabei ist zu beachten, dass sich das angesprochene Normenkontrollverfahren ausschließlich auf das ZDF bezieht. Unabhängig davon genügt dem ausgeführten Maßstab sowohl die Zusammensetzung des Rundfunk- wie auch die des Verwaltungsrates des WDR.

Der von Ihnen angesprochene Katalog von Transparency International enthält hinsichtlich der Medien verschiedene Forderungen. Unter anderem thematisieren sie die Forderungen nach Vermeidung von Interessenskonflikten, Jahresberichten und Compliancemanagementsystemen. Konkret heißt es:

§ „63. Die Integrität von Journalistinnen und Journalisten ist durch Verhaltenskodizes zu schützen, die unter anderem Regelungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten vorsehen.“

Im WDR gibt es zahlreiche Regelwerke, die Regelungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten enthalten. Im Mittelpunkt steht dabei der Verhaltenskodex für Unabhängigkeit, Glaubwürdigkeit und Integrität. Außerdem regeln zwei Dienstanweisungen, in wieweit WDR-Mitarbeiter/innen Zuwendungen und Geschenke annehmen können und welche Dinge zu beachten sind, wenn über Wirtschaftsthemen oder Finanzmärkte berichtet wird. Die „Dienstanweisung nebenberufliche Tätigkeit“ enthält maßgebliche Regelungen mit Blick auf Nebentätigkeiten von WDR-Mitarbeitern/innen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der WDR im komplexen Gefüge der Medienlandschaft arbeitet: Kooperationen, Vereinbarungen mit externen Unternehmen und die Zusammenarbeit mit Akteuren/innen außerhalb des WDR gehören dazu. Weil sich dieses Umfeld laufend verändert, passt der WDR seine Regelungen regelmäßig an.

§ „64. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in einem jährlichen Bericht detailliert und öffentlich über die Verwendung der Gebühreneinnahmen Auskunft zu geben.“

Der WDR gibt über die Verwendung der Gebühren-/ bzw. Beitragseinnahmen detailliert im Internet Auskunft. So können die Zusammenfassung der wesentlichen Teile des Geschäftsberichts des Jahres einschließlich der Gesamtübersichten über den Jahresabschluss ebenso wie die vom Landesrechnungshof für nicht erledigt erklärten Teile des Prüfungsberichts zum Jahresabschluss und die dazu vom Rundfunkrat beschlossenen Stellungnahmen online abgerufen werden, siehe z.B.
http://www.wdr-rundfunkrat.de sowie
http://www1.wdr.de/unternehmen/organisation/finanzen/finanzen110.html

* § „66. Die Strukturen und Prozesse der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind unter dem Gesichtspunkt der Korruptionsprävention und der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zu überprüfen und zeitgemäßen Compliancemanagementsystemen anzupassen.“

Für den WDR wurden bereits 2007 umfassende Maßnahmen und Instrumente zur Korruptionsvorsorge beschlossen und als feste Bestandteile in die Organisation integriert. Diese werden im Sinne eines zeitgemäßen Compliancemanagementsystems stetig weiter entwickelt.

Von jeher sind entsprechend der Neutralitäts- und Gleichbehandlungsgebote bei der Berichterstattung und bei allen wirtschaftlichen Entscheidungen des WDR ausschließlich sachliche Maßstäbe anzulegen. Bereits der Anschein, für persönliche Vorteile empfänglich zu sein, ist zu vermeiden. So sieht es auch der Verhaltenskodex für Unabhängigkeit, Glaubwürdigkeit und Integrität vor. Korruptionsversuche und Interessenkollisionen werden nicht geduldet, sondern entschlossen bekämpft.

In verschiedenen Regelwerken sind allgemeine Verhaltensregelungen aufgestellt (wie z.B. das Vier-Augen-Prinzip, das Schriftlichkeitsgebot, die Meldung von Nebentätigkeiten) sowie für bestimmte besonders korruptionsgefährdete Bereiche besondere Regelungen formuliert (wie z.B. für den Bereich der Wirtschafts- und Finanzberichterstattung). Transparenz, organisatorische Standards wie die Funktionstrennung und ein Risikomanagementsystem sind ebenfalls zentrale Bausteine. Im Außenverhältnis, d.h. im Verhältnis mit Geschäftspartnern, sind Antikorruptionsklauseln in den Verträgen enthalten.

Der WDR bietet Schulungen an, um die Mitarbeiter/innen des WDR für Korruptionsanzeichen zu sensibilisieren und zu den Vorschriften zu beraten. Damit entspricht der WDR den hohen Ansprüchen, die an das Handeln der Beschäftigten gestellt werden.

Allen Mitarbeitern/innen steht mit Herrn Christoph Hagen ein Korruptionsbeauftragter im WDR zur Verfügung. Der WDR hat mit Herrn Rechtsanwalt Axel Groeger zudem einen (externen) Ombudsmann berufen. Er ist Ansprechpartner für Hinweisgeber/innen, die aus Gründen des Selbstschutzes zunächst anonym bleiben wollen.

Für die Aufsicht und die Beschäftigten des WDR sowie für die interessierte Öffentlichkeit sind alle Maßnahmen zur Korruptionsprävention mit den o. g. Ansprechpartnern im WDR-Intranet und auf der WDR-Homepage unter
http://www1.wdr.de/unternehmen/wdr184.html ausführlich dokumentiert.

Ich hoffe, dass diese Erläuterungen die von Ihnen aufgeworfenen Fragen klären und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Petra Kammerevert, MdEP