Frage an Petra Heß von Frank W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Heß,
vielen Dank für die Antworten auf meine Frage zum BGE.
Zu ihren Antworten habe ich noch ein paar Fragen.
Zu1. Wenn man die Steuerlasten gerechter verteilt, wäre da nicht schon jetzt vieles machbar, auch ein BGE?
Natürlich müßten Menschen, die zusätzlich arbeiten gehen, Steuern zahlen.
Denken sie nicht auch, daß wenn die Steuerlast gerecht verteilt würde, die Menschen auch bereit wären Steuern zu zahlen?
Zu2. Sozialtransfers reichen nicht aus, das stimmt!
Wenn soziale Dienste, die jetzt schon in Massen gebraucht werden, denken sie nur an die Tafeln, dann wegfallen, wäre das nicht ein Gewinn für uns alle?
Könnte man zB. ein BGE nicht mit einer Pflicht zur Lehrausbildung verknüpfen, Schulpflicht erweitern, da Betriebe ja dafür überfordert sind alle Jugendlichen auszubilden? Könnte diese Aufgabe nicht der Staat übernehmen, damit jeder Jugendliche eine Ausbildung hat?
Zu3. Eine Inflation ist nur zu befürchten, wenn die Geldmenge keiner Produktivität gegenübersteht.
Das ist bei einem Grundeinkommen von ca.1000 Euro nicht der Fall, da die Geldmenge, die für so ein BGE gebraucht würde, jetzt schon vorhanden ist, nur eben schlecht verteilt. Wird das Geld nicht zZ. dem Wirtschaftskreislauf entzogen, da die große Masse des Geldes auf wenigen Konten geparkt wird, wo es wiederum dem Markt, durch die Zinswirtschaft, das Geld entzieht?
Welches Maß an Geld billigt die SPD denn jedem einzelnen Menschen zu um vernünftig zu leben?
Zu4. Woher wollen sie wissen, wie sich ein BGE auf die Menschen, auf die Gesellschaft auswirkt, welches Menschenbild hat die SPD, vielleicht das der unmündigen Bürger?
Zu den Adressaten gehören auch kleine Selbständige, die im Krankheitsfall kein Krankengeld bekommen, oder auch bei Auftragsmangel in die Armut geraten können.
Denken sie nicht, eine Kombination aus: Mindestlohn,10 Euro-Arbeitszeitverkürzung, 30Std. Woche-Überstundenverbot-Bürgerversicherung-Grundeinkommen, könnte die Gesellschaft nach vorn bringen?
Würden Sie mit einem BGE keiner Tätigkeit mehr nachgehen?
Mit besten Grüßen
Sehr geehrter Herr Wagner,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage.
Eine Arbeit ohne den Anreiz, dass es dem Arbeitnehmer durch sie besser geht, ist nicht denkbar. Die staatlich gelenkte Planwirtschaft der DDR hat gezeigt, dass Arbeit ohne Konkurrenz und ohne Anreiz nicht funktioniert. Es ist ohne Alternative, dass sich das Netto der Menschen, die arbeiten, deutlich vom Netto der BGE (=Bedingungsloses Grundeinkommen)-Bezieher unterschieden müsste.
Die sozialen Dienste würden nicht überflüssig durch ein BGE, da ein BGE nicht automatisch Bildung und Verantwortung für das eigene Leben generiert.
Es entspricht nicht der Wahrheit, dass die Geldmenge für ein BGE bereits vorhanden ist. Die Vorstellung von Bonzen, die Unsummen auf geheimen Konten in der Schweiz oder in Lichtenstein parken, die nur gefunden und verteilt werden müssten, damit alle auf immer und ewig ein BGE erhielten ist absurd. Selbstverständlich käme es zu einer Inflation, wenn die Geldmenge weit über das erwirtschaftete Maß hinaus erhöht würde.
Wie bereits in der vorangegangenen Antwort erwähnt, ist es nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen ein BGE Positives bewirken könnte, in der überwiegenden Zahl der Fälle ist nicht damit zu rechnen. Auch die sinnvolle Verwendung von Geld setzt ein Mindestmaß an Bildung, Ehrgeiz und Eigenverantwortung voraus.
Ein Mindestlohn von 10 Euro ist wünschenswert, aber derzeit nicht leistbar und umsetzbar und damit gesamtgesellschaftlich und finanzpolitisch unverantwortlich. Das Gleiche gilt für eine 30-Stunden-Woche.
Für die Bürgerversicherung hat sich die SPD im Vorfeld zur Gesundheitsreform stark gemacht und sie wird es auch weiterhin tun. Augenblicklich lassen die politischen Rahmenbedingungen eine Umsetzung nicht zu. Die SPD befindet sich in einer Großen Koalition und muss wie jeder Koalitionspartner Kompromisse schließen.
Überstunden pauschal zu verbieten, ist sicherlich nicht praktikabel, aber ihre Vergütung oder ihr Ausgleich in Freizeit können im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geregelt werden. Die Einrichtung von Zeitkonten wäre sicher eine gute Lösung. Dies zu regeln ist Sache der Tarifparteien. Das muss auch künftig die Sache der Tarifparteien bleiben.
Die SPD fordert nicht den unmündigen Bürger – ganz im Gegenteil. Ich wiederhole in diesem Zusammenhang gerne meine Forderungen aus der letzten Antwort: Der Staat kann den Menschen, die in Not geraten sind, zur Seite stehen, er kann aber die Menschen nicht von der Eigenverantwortung für ihr Leben befreien, er kann die Voraussetzungen für frühkindliche Bildung und Schul- und Ausbildung optimieren, er kann aber nicht die elterliche Sorge, Verantwortung und das Bemühen um und für die Bildung der eigenen Kinder ersetzen, er kann die Fort- und Weiterbildungsbedingungen von Arbeitnehmern und die Arbeitsbedingungen insgesamt verbessern, aber er kann die Menschen nicht bevormunden.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Heß