Frage an Petra Heß von Carola S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie kann es sein, daß der Tarifabschluß (Verdi), den die Regierung dazumal als Untergang des Abendlandes dagestellt hat, nun als BEGRÜNDUNG für die erneute Diätenerhöhung herhalten muß?? Das ist dreist, unverschämt und dem Bürger auch mit noch so vielen Ausreden und Lügen nicht mehr beizubringen .
Ich als Politiker würde mich in Grund und Boden schämen !
Z.Zt. erhalten, soweit ich informiert bin, Bundestagsabgeordnete stolze 7339,- Euro im Monat. Hinzu kommen noch steuerfreie 3782,- Euro als "Kostenpauschale", neben sonstigen Sach- und Geldleistungen für die Amtsausstattung, deren Höhe mir nicht bekannt ist und es werden (direkt als Brutto an ebendiese) 13.660,- Euro für Mitarbeiter, die nicht verwandt/verschwägert sind, gezahlt.
Von den Bahnfreifahrten und der Nutzung von Dienstwagen o.ä. reden wir jetzt mal nicht. Und auch nicht, dass es im Gegensatz zu gesetzlich Versicherten nach wie vor ein Sterbegeld gibt oder vom Überbrückungs- und Altersgeld.
Sie werden es sich gefallen lassen müssen, daß man Sie als Plünderer, Raffzähne, die den Hals nicht voll genug kriegen können, bezeichnet.
Ich würde vorschlagen, die Abgeordneten leben mal 6 Monate von dem was sie Hartz4 - Empfängern zumuten - ich würde gar zu gern wissen, ob sie dann immernoch der Meinung sind das sie eine Diätenerhöhung brauchen.
Schämen Sie sich !
Sehr geehrte Frau Springer,
in Ihrer Nachricht fragen Sie mich, ob ich mich schäme. Ich schäme mich nicht, schon alleine deshalb nicht, weil die Vergütung der Abgeordneten kein Geheimnis ist und ich als Abgeordnete dafür auch viel leisten muss. Ich brauche mir nicht den Vorwurf zu machen, mich im Einsatz für Thüringen und meinen Wahlkreis geschont zu haben. Die Vergütung von Politikern des Deutschen Bundestages ist sehr transparent. Darüber hinaus können Sie alle meine Einkünfte unter der Rubrik „Privates“ auf meiner Homepage einsehen. Daneben spende ich regelmäßig einen nicht unerheblichen Betrag an Vereine, soziale Verbände und sonstige Einrichtungen - ohne darum ein großes Aufheben zu machen. Eine Auflistung dieser Spenden können Sie in meinem Wahlkreisbüro in Arnstadt gerne einsehen.
Um eines ebenfalls vorwegzunehmen - ohne mich dabei auf Sie persönlich zu beziehen, da ich Ihre Lebensumstände nicht kenne und Sie hierzu keine weiteren Ausführungen gemacht haben: Gerade die SPD setzt sich auch für die sozial Schwächeren in unserem Land ein. Dies bezieht sich allerdings nicht, wie vielleicht von der Linken oft in einer populistischen Form vorgetragenen, Gleichmacherei für alle. Entscheidender ist die Chancengleichheit, und gerade hier kann noch einiges getan werden.
Mit den Worten unseres Parteivorsitzenden: Gerechter Lohn für gute Arbeit. Hier setzen wir an. Wir möchten, dass die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in unserem Land ordentlich vergütet werden. Schließlich sind es die Arbeitnehmer, welche durch ihre Sozialabgaben die Zahlung von Transferleistungen an arbeits- und erwerbslose Menschen ermöglichen! Die Frage muss daher auch lauten: Was können wir den Arbeitenehmern in diesem Land zumuten? Der Regelsatz von Hartz 4 ist nicht hoch, hier gibt es nichts zu leugnen. Die Funktion von Hartz 4 ist allerdings auch keine Vergütung für eine getane Arbeit, mit der man sich einen tollen Lebensalltag bestreitet. Es ist eine Hilfe der Gesellschaft für eine vorübergehende Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosigkeit selbst gilt es zu bekämpfen – schließlich, so der Grundmechanismus: steigt die Zahl der Erwerbstätigen, so steigen die Einnahmen der Sozialkassen und dann kann auch ein höherer Satz für Hartz 4 bereitgestellt werden. Dies gilt in ähnlicher Form auch für die Renten. Das Schlimme ist, dass dieser Grundmechanismus heute nicht mehr 100-prozentig funktioniert. Viele Arbeitnehmer sind lediglich geringfügig beschäftigt oder beispielsweise bei einer Zeitarbeitfirma angestellt, die sie nur für 30 Stunden beschäftigt, um den Lohn gering zu halten. Und genau hier muss und wird die SPD, nicht nur mit der Forderung eines allgemeinen Mindestlohnes, ansetzen.
Um nun aber konkret auf Ihre Frage zu kommen. Der Innenminister (Wolfgang Schäuble, CDU) hatte tatsächlich Vorbehalte gegen den jetzigen Tarifabschluss geäußert. Er ist sozusagen der fachliche Dienstherr der öffentlichen Angestellten.
Die Regelung, dass die Abgeordnetenvergütung an die Vergütung von Bürgermeistern, bzw. Bundesrichtern angepasst wird, wurde bereits im November 2007 von Seiten der Abgeordneten in Abstimmung mit dem Ältestenrat des Deutschen Bundestages getroffen. Somit zeitlich vor dem jetzigen Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes. Ich darf Ihnen versichern, dass auch die Abgeordneten zu jenem Zeitpunkt noch nicht wussten, dass es eine Tariferhöhung geben würde.
Die Entschädigung der Abgeordneten sollte sich nun an dem Gehalt von Amtsinhabern mit ähnlicher Verantwortung und Belastung orientieren. Als Richtgröße sollten die Bezüge von Bürgermeistern kleiner Städte und Gemeinden mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern gelten. Diese erhalten als kommunale Wahlbeamte auf Zeit eine Vergütung der Besoldungsgruppe B6. Als vergleichbar wurden auch die einfachen Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht, etc.) angesehen, die bei der Ausübung ihres Amtes ähnlich wie Abgeordnete unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Sie erhalten eine Vergütung nach der Besoldungsgruppe R6. Dies wurde so mit dem 27. Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes im November 2007 beschlossen.
Auch Sie könnten, so denke ich doch, diese Regelung gutheißen. Die Politik hätte sich fortan also nicht mehr die „Gehälter selber machen“ können, sondern wäre an den öffentlichen Tarifvertrag gebunden gewesen.
Entgegen Ihrer Annahme bin ich übrigens gesetzlich krankenversichert. Die angesprochene Kostenpauschale dient zur Ausstattung und Unterhaltung meiner drei Wahlkreisbüros sowie des Berliner Büros. Gerade die Büros im Wahlkreis haben die Funktion, Ansprechpartner für den Bürger vor Ort zu sein. Die Pauschale wird nicht an den Abgeordneten ausbezahlt. Alle Rechnungen müssen bei der Verwaltung hier in Berlin eingereicht werden. Sofern diese Ausgaben als Leistung für die Büros anerkannt werden, kann die Pauschale entsprechend belastet werden.
Ich gehe davon aus, dass auch Sie sich nichts sehnlicher wünschen als eine ordentlich bezahlte Beschäftigung. Die Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen wird noch eine große Aufgabe für die Politik, übrigens nicht nur in Deutschland. In ganz Europa ist die Situation für Arbeitnehmer ähnlich, weshalb wir uns als SPD bereits dafür eingesetzt hatten, eine europäische Regelung für Beschäftigungsverhältnisse von Arbeitnehmern zu finden. Bislang leider ohne Erfolg. Aber, wir gehen es an und versuchen es auch weiterhin mit aller Kraft.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Heß