Frage an Petra Heß von Dirk K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Hess,
letzte Woche habe ich erstaunt zur Kenntnis genommen, dass gem. Entscheidung des Bundeskabinettes die Abstimmungen über das ISAF-Mandat und das Tornado-Mandat (ab 13.10.07) gekoppelt werden sollen. Ich sehe hierbei sowohl (a) den ISAF-Einsatz (Wiederaufbau) und (b) den Tornado-Einsatz ("Eigenschutz" der ISAF-Truppen durch Aufklärung) mit diesen Zweckbestimmungen und für sich gesehen sinnvoll und notwendig an - so denn eine völkerrechtlich Abgedeckung permanent gewährleistet ist.
Während ich dies zu "a" annehme,sehe ich dies aufgrund der Verquickung der Kommandostrukturen vor Ort mit OEF und der Einsatzdynaals als nicht "durchhaltefähig" gesichert an.Ich spreche hier von der "Gefahr" der Weitergabe von Aufklärungsbildern an die OEF-Truppen,welche in der Vergangenheit mehr als einmal durch ihre sog. "Kolateralschäden" in die Schlagzeilen gerieten und damit nicht zuletzt das Vertrauen der dortigen Bevölkerung in den ISAF-Einsatz und sein Konzept "winning hearts & minds" gefährdet haben.
Das BVerfG sieht in seinem Tornado-Urteil diese Verquickung als nicht gegeben an, gesteht jedoch ein, dass "soweit eine Aktion der Operation Enduring Freedom - was nicht auszuschließen sei - mit dem Völkerrecht nicht im Einklang stünde und sich auch auf Aufklärungs- ergebnisse der Tornados zurückführen ließe, eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der NATO (hier: der Bundeswehr) ausgelöst werden könnte".
Beraubt man sich - vor diesem Hintergrund - bei einer Gesamtabstimmung nicht der Möglichkeit einer ggf. notwendigen "nachträglichen" parlamentarischen Kontrolle zugunsten abstimmungstaktischer "Spielereien", wenn Einsatz "b" völkerrechtlich aus dem Ruder läuft und böte dies nicht zuletzt wieder Raum für eine Organklage, wegen einer mögl. Verletzung des Parlamentsvorbehaltes und des "freien Mandates" in dem Sinne:
2 Einsätze mit unterschiedl. völkerr. Gefahrenpotential = Recht des Bundestages und des Abgeordneten auf 2 Abstimmungen?
MfG, Dirk Käufer
Sehr geehrter Herr Käufer,
Gerade die Überführung des Mandats deutscher Aufklärungsflugzeuge in Afghanistan in ISAF dokumentiert, dass es sich bei den Aufklärungsflügen um einen Bestandteil von ISAF und nicht von OEF handelt.Um Ihre weiteren Bedenken auszuräumen, möchte ich Ihnen gerne die Einsatzrealität der Recce-Tornados in Afghanistan schildern:
Die Aufklärungsanfragen werden in der zuständigen Abteilung im Hauptquartier ISAF gesammelt, bearbeitet und nach Dringlichkeit sortiert. Die Aufträge an die deutschen Recce-Tornados werden von einem deutschen Stabsoffizier der Luftwaffe in Mazar-e-Sharif weiter bearbeitet. Darüber hinaus nimmt ein deutscher Stabsoffizier im Hauptquartier ISAF die Aufgabe des „German Air Representative“ wahr. Dieser Offizier überwacht die Mandatskonformität und unterbindet einen Aufklärungsauftrag, wenn dieser nicht dem Mandat des Deutschen Bundestages entspricht. So wurden schon mehrere Aufklärungsanfragen abgelehnt.Darüber hinaus können die von den Recce-Tornados erhobenen Daten nicht in Echtzeit übermittelt werden, sie sind daher nicht für die Zieldatenübermittlung geeignet und werden nicht für einen Kampfeinsatz herangezogen. Sie dienen vielmehr der Aufklärung und Lagebildung der Infrastruktur, wie z.B. Straßenzuständen, die für die Errichtung von Lagern u.ä. von Interesse sind.
Sie sehen also, es gibt zahlreiche Mechanismen oder technische Fakten, die verhindern, dass Aufklärungsergebnisse der Recce-Tronados OEF zur Verfügung gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist die Zusammenlegung gerechtfertigt und unterstreicht vielmehr noch einmal formal die Zugehörigkeit zu ISAF.
Mit freundlichen Grüßen,
Petra Heß