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Petra Ernstberger
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Frage von Annette R. •

Frage an Petra Ernstberger von Annette R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Ernstberger,

Ich (seit vielen Jahren in muslimisch-christlicher Ehe mit Kindern) habe davon erfahren, dass über 60 Ihrer Kolleginnen und Kollegen einen Alternativentwurf zur rechtlichen Regelung der Beschneidung von Minderjährigen vorgelegt haben, der die Legalisierung dieses mit Risiken behafteten, schmerzhaften und irreversiblen Eingriffs von der Einwilligung ab dem Alter von 14 Jahren und nur durch zugelassene Fachärzte und nach ausführlicher Aufklärung vorsieht.

Können Sie diesem Alternativentwurf zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen, Annette Ryll

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Ryll,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 19.11.2012.

Die im Sommer diesen Jahres entbrannte gesellschaftliche Diskussion über die Beschneidung von Jungen ist vielschichtig und macht die Kompliziertheit dieses Themas deutlich. Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens fürchten um die Möglichkeit, ihren Glauben in Deutschland leben zu können. Auch fürchtet man, dass Beschneidungen zukünftig vermehrt in „Hinterzimmern“ stattfinden und von Menschen ohne jegliche Qualifikation ausgeübt werden könnten.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten muss klar sein, dass jüdisches und muslimisches Leben und deren Kultur fester Bestandteil der Gesellschaft in Deutschland ist. Das Grundgesetz garantiert das Recht auf freie Religionsausübung und macht keinen Unterschied zwischen den Glaubensgemeinschaften. Allerdings muss sich die Ausübung der Religionsfreiheit im Rahmen der geltenden Gesetze bewegen.

Die Bundesregierung hat Anfang November einen Gesetzesentwurf „Über den Umfang der Personensorge einer Beschneidung des männlichen Kindes“ vorgelegt. Zu diesem Entwurf haben Teile der SPD-Fraktion einen Änderungsantrag gestellt, den auch ich unterstütze. Dieser Antrag sieht folgende Ergänzungen vor:

- die Eltern müssen von ärztlicher Seite über den Eingriff aufgeklärt werden, auch wenn die Beschneidung selbst nicht von einem ärztlichen Beschneider durchgeführt wird

- die Anforderungen an die Ausbildungs- und Prüfungsinhalte nicht-ärztlicher Beschneider müssen bundesweit einheitlich geregelt werden

- die Durchführung der Beschneidung muss allgemeinen Standards unterliegen. Eine qualifizierte Schmerzbehandlung und Nachsorge sowie eine angemessene und wirkungsvolle Betäubung sind zu gewährleisten.

- die Beschneidung darf dem Gesundheitszustand des minderjährigen Jungen nicht entgegenstehen

- der Wille des Kindes soll unabhängig vom Alter berücksichtigt werden

- die Wirkung des Gesetztes soll evaluiert werden

Weitere Informationen zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzesentwurf, dem Änderungsantrag und dem Alternativentwurf finden Sie auch unter: http://www.spdfraktion.de/themen/kindeswohl-und-religionsfreiheit-abw%C3%A4gen

Mit freundlichen Grüßen
Petra Ernstberger